Bundesliga:Auf einen Schlag schwimmt Hertha BSC im Geld

Lesezeit: 3 min

Hertha BSC ist plötzlich ein reicher Klub. (Foto: dpa)
  • Investor Lars Windhorst kauft für 125 Millionen Euro 37,5 Prozent der Anteile von Hertha BSC. Er hat die Möglichkeit, diesen Anteil auf 49,9 Prozent aufzustocken.
  • Der Verein kündigt an, das Geld in Spieler zu investieren und die internationalen Plätze anzugreifen.
  • Allerdings plagen den Klub noch hohe Verbindlichkeiten. Zudem wünscht sich der Verein ein neues Stadion.

Von Martin Schneider, Berlin/München

Hertha BSC schwimmt auf einen Schlag im Geld. Am Donnerstag verkündete der Klub, dass er 37,5 Prozent seiner Anteile für 125 Millionen Euro an den Finanzinvestor Lars Windhorst veräußert habe. Dieser habe zudem die Möglichkeit, seinen Anteil auf bis zu 49,9 Prozent aufzustocken, dann allerdings zu einem höheren Preis. Sollte Windhorst das tun, würde der Berliner Klub vermutlich über 200 Millionen Euro einnehmen.

Mit diesem Deal will Hertha die Champions-League-Plätze angreifen. Manager Michael Preetz sagte dem Spiegel: "Das erhöht unsere Chancen, mittelfristig in Reichweite internationaler Plätze zu kommen" - und bei diesem Finanzrahmen kann mit "internationale Plätze" nicht nur die Europa League gemeint sein. Investor Windhorst geht noch weiter. "Die Hertha kann wie andere Klubs in London oder Madrid zu einem echten "Big City Club" werden", lässt er sich zitieren. Zuletzt belegte Hertha in der Bundesliga die Plätze zehn und elf.

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Das neue Geld soll laut Spiegel, der zuerst über den Deal berichtet hatte, hauptsächlich in Spieler investiert werden. Flügelspieler Valentino Lazaro wird sehr wahrscheinlich trotzdem zu Inter Mailand gehen, Marko Grujic, in der vergangenen Saison vom FC Liverpool ausgeliehen, soll dagegen gehalten werden. Eine Baustelle ist die Offensive: Die wichtigsten Hertha-Stürmer der jüngeren Vergangenheit, Vedad Ibisevic und Salomon Kalou, werden in der nächsten Saison 35 bzw. 34 Jahre alt sein.

Das "Wunderkind" der deutschen Wirtschaft

Bereits im Jahr 2002 gliederte der Klub seine Profifußball-Abteilung in die Hertha BSC GmbH & Co KGaA aus. Aber erst im Jahr 2014 stieg mit der Beteiligungsgesellschaft KKR ein Investor ein und kaufte für 61,2 Millionen Euro Anteile. Der Vereinswert wurde damals auf 220 Millionen Euro taxiert. Im November 2018 kaufte der Verein diese KKR-Anteile für 71,2 Millionen Euro zurück - um sie nun in größerem Maße an Windhorst und seine Beteiligungsgesellschaft Tennor zu veräußern. Bei dieser Investition wurde der Vereinswert mit 330 Millionen Euro angegeben.

Der 42 Jahre alte Windhorst galt in den Neunzigerjahren als "Wunderkind" der deutschen Wirtschaft und flog als Teil der Delegation mit dem damaligen Kanzler Helmut Kohl um die Welt. Nach diversen Firmenpleiten, einer Privatinsolvenz und einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung, ausgesprochen vom Landgericht Berlin im Jahr 2010 wegen Veruntreuung, war sein Ruf angekratzt. Mittlerweile agiert Windhorst wieder als globaler Geschäftsmann. Er bekommt bei Hertha zwei von fünf Plätzen im Aufsichtsrat. "Die stabile Zahlenbasis und die beeindruckende Management-Arbeit bei Hertha BSC haben uns überzeugt, diese Partnerschaft einzugehen", wird Windhorst in der Pressemitteilung zitiert.

Tatsächlich bekam der Klub, der 2010 und 2012 in die zweite Liga abstieg, die Lizenz für die kommende Bundesliga-Saison nur unter Auflagen. Hertha muss der DFL regelmäßig seine Finanzdaten vorlegen. Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres wies der Verein Verbindlichkeiten in Höhe von 47,63 Millionen Euro aus. Zudem plant Hertha, in absehbarer Zeit ein neues Stadion zu bauen.

Die Aktion ist mit der in Deutschland geltenden 50+1-Regel vereinbar, da die Profiabteilung von Hertha BSC eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist und der Verein die sogenannte Komplementärin ist. Dortmund und der FC Augsburg haben als KGaAs zum Beispiel mehr als 50 Prozent ihrer Anteile verkauft, weil die Muttervereine aber als Komplentär die Geschäftsführung bestimmen, entscheidet weiter die Mitgliederversammlung. Bei Klubs wie Bayern, Hamburg oder Frankfurt, die reine Aktiengesellschaften sind, wäre ein Verkauf von mehr als 50 Prozent der Anteile nicht zulässig.

In Deutschland verhindert die "50+1-Regel", dass Investoren die Mehrheit an Fußballvereinen übernehmen. Ausnahmen sind in der Bundesliga Bayer 04 Leverkusen, der VfL Wolfsburg und die TSG Hoffenheim. Sollte die umstrittene Regel irgendwann fallen, würden die Anteile von Windhorst auf einen Schlag im Wert steigen. Erst im März 2018 votierten die deutschen Profi-Klubs allerdings für eine Beibehaltung der Regel.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Lars Windhorst nicht mehr als 49,9 Prozent der Anteile erwerben darf, weil dies nicht mit der 50+1-Regel vereinbar wäre. Das war so nicht korrekt. Wir haben die Passage korrigiert.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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