Süddeutsche Zeitung

Sportveranstaltungen:Wenn die Eishockeyhalle ruckzuck zur Basketballarena wird

  • Erstmals finden in Berlin zwei Großereignisse aus verschiedenen Sportarten am selben Tag in einer Halle statt.
  • Das Topspiel in der DEL - gefolgt vom Basketball-Pokalfinale der Männer.

Von Joachim Mölter

Es geht ganz schnell, eine Eishockeyhalle in eine Basketballarena zu verwandeln: Begrenzungsbanden abbauen, Eisfläche abdecken, Parkett drüberlegen, Korbanlagen aufbauen, Tribünen fegen und näher ans Spielfeld fahren, Klappsitze installieren, Werbebanden aufstellen, Kabel verlegen - nach vier Minuten und neun Sekunden ist alles erledigt.

Zumindest dauert exakt so lange ein Videoclip, den der Basketball-Bundesligist Alba Berlin auf seine Homepage gestellt hat, um diejenigen zu beruhigen, die bezweifeln, dass so etwas wirklich geht: zwei Großereignisse in zwei unterschiedlichen Sportarten in der selben Halle zu veranstalten - am selben Tag.

Zu dieser kuriosen und bislang einmaligen Konstellation im deutschen Profisport kommt es an diesem Sonntag in Berlin. In der Mercedes-Benz-Arena am Ostbahnhof erwarten die Eisbären Berlin um 13.15 Uhr die Adler Mannheim - sowie 14 200 Zuschauer - zum Schlagerspiel der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Um 20.30 Uhr treten dann Alba Berlin und EWE Oldenburg an selber Stelle und vor ähnlich großer Kulisse zum deutschen Pokalfinale im Basketball an.

Zwischen dem Ende des einen und dem Anfang des anderen Spiels ist nicht viel Zeit, zumal sich die Basketballer mindestens eine Stunde vor Spielbeginn einwerfen dürfen. Was im Zeitraffer des Videos in rund vier Minuten bewerkstelligt wird, dauert in Wirklichkeit rund vier Stunden.

"Wir wissen, dass das funktioniert"

Den zügigen Umbau der Berliner Arena haben sie Ende Januar vorsichtshalber noch mal geübt, mit einigen hundert Helfern, die insgesamt 350 Tonnen Material hin und her bewegten. "Es war kein Test, sondern ein Training", versichert Mathias Zentner im besagten Video. Zentner ist der Produktionsmanager des Hallenbetreibers, der Anschutz Entertainment Group (AEG). "Wir haben das schon mal gemacht", erzählt er, "wir wissen, dass das funktioniert." Schon bei der Einweihung der Arena im Jahr 2008 erklärte der Betreiber stolz, dass Doppelveranstaltungen an einem Tag kein Problem seien - in den USA, der Heimat des Unternehmens, hätten sie Erfahrung damit. Hierzulande wurde diese Möglichkeit bislang freilich nie überprüft. Dass nun der Ernstfall eintritt, ist den Basketballern geschuldet.

Vor einem Monat, am 12. Januar, gewannen Berlin und Oldenburg jeweils ihre Halbfinals im Pokal, das Heimrecht fürs Finale wurde dann Berlin zugelost. Doch am vorgesehenen Endspieltermin der Bundesliga (BBL), dem 16. Februar, waren die großen Hallen in der Hauptstadt längst belegt. Am Ostbahnhof, Albas gewohnter Heimspielstätte, war das Gipfeltreffen der DEL-Rekordmeister bereits fixiert; und die rund 8500 Zuschauer fassende Max-Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg hatte der Handball-Bundesligist Füchse Berlin für sein Rendezvous mit dem SC Magdeburg reserviert. Alle anderen Hallen wurden als zu klein verworfen.

Weil die Alba-Verantwortlichen ihr Heimrecht unbedingt wahren wollten, einigten sie sich mit den Eisbären, dem Hallenbetreiber sowie dem gemeinsamen TV-Partner von DEL und BBL, Magentasport, auf eine Doppelveranstaltung. "Das ist die beste Lösung für alle", sagte Peter John Lee, der Geschäftsführer der Eisbären, der Morgenpost. Sein Alba-Kollege Marco Baldi war erleichtert, "das Pokalfinale vor unseren Fans bestreiten zu können".

Nach vier verlorenen Finals in den vergangenen beiden Saisons (zwei Playoff-Serien in der Liga, ein Pokalendspiel, eine Finalserie im Eurocup) wollen Berlins Basketballer ihrem Publikum endlich einen handfesten Erfolg präsentieren. Beim Finalgegner Oldenburg waren sie allerdings verstimmt wegen der Anwurfzeit am Sonntagabend. Oldenburgs Fans müssen nun spät nachts die rund 450 Kilometer lange Rückreise nach Niedersachsen antreten, was doch einige von dem Ausflug abhielt. Trotzdem werden noch 1300 Oldenburger erwartet, Sponsoren des Klubs stellen kostenlos Busse für alle Mitreisenden bereit.

Für die Basketball-Liga wird das Finale aber sicher ein Nachspiel haben. Der erst vor zwei Jahren reformierte Pokalmodus wird vermutlich erneut überarbeitet. Nachdem das Final Four - eine lange vorher an einen Klub übertragene Endrunde - abgeschafft wurde, denken sie bei der Liga nun über einen festen Endspielort nach, der rechtzeitig reserviert wird, unabhängig von den Teilnehmern. Kurzfristig, so die aktuelle Erfahrung, ist nicht immer und nicht überall noch was zu kriegen.

In Berlin war die Mercedes-Benz-Arena zum Beispiel auch das ganze restliche Wochenende ausgebucht: Am Freitag fand dort das Istaf Indoor statt, ein Hallenmeeting der Leichtathleten, am Samstag gastiert hier ein Comedian, und nach dem Sport-Doppel am Sonntag geht es am Montag mit einem Rockkonzert weiter. Die Halle wird also eh ständig umgebaut.

Am Sonntag sind nur etwas mehr Leute beschäftigt als sonst, insgesamt 800 sollen es in allen Bereichen sein. Über Geld wird in diesem Zusammenhang nicht geredet, aber die Zusatzkosten seien überschaubar, heißt es aus Alba-Kreisen. Dafür könnten auch die Einnahmen höher werden. Weil die Zeit beim Umbau so knapp ist, lassen sie die Stehtribüne vom Eishockey ausnahmsweise für die Basketballer stehen. So passen fast 15 000 Leute rein, ein paar hundert mehr als üblich.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2020
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