Fußball-Bundesliga:Kicken für zwei gute Zwecke

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Heidenheim feiert, Augsburg trauert: Keven Schlotterbeck (Mitte) war nach dem Spiel in Heidenheim bedient (Foto: Harry Langer/dpa)

Für den FC Augsburg geht es nach dem missglückten Saisonstart darum, sich vor den Heimspielen gegen St. Pauli und Mainz zu stabilisieren. Helfen soll ein Benefiz-Testspiel gegen Ulm. 

Von Maik Rosner

Am Donnerstag widmen sie sich beim FC Augsburg einem guten Zweck, bei genauer Betrachtung sind es sogar zwei gute Zwecke. Der Anlass für das Testspiel gegen den Zweitligisten SSV Ulm 1846 ist das Hochwasser, das Anfang Juni im schwäbischen Teil Bayerns massive Schäden verursacht hatte. Besonders betroffen war Dinkelscherben. In der Gemeinde im Landkreis Augsburg wird nun auch das Benefizspiel um 17.30 Uhr angepfiffen. Die Einnahmen sollen den vom Hochwasser geschädigten Menschen zugutekommen.

Das Testspiel könnte als Nebeneffekt auch einen zweiten guten Zweck erfüllen, und in diesem Fall wäre das eine Art Selbsthilfe für die Augsburger. Ein sportliches Erfolgserlebnis gegen Ulm könnte die getrübte Stimmung heben und die Mannschaft bestärken, ehe es nach der Länderspielpause mit den Bundesliga-Heimspielen gegen den Aufsteiger FC St. Pauli und gegen den 1. FSV Mainz 05 weitergeht.

Sich der eigenen Fähigkeiten zu versichern, scheint nach dem missglückten Saisonstart nötig zu sein. Die zweite Runde des DFB-Pokals hatten die Augsburger zwar einigermaßen souverän durch ein 4:1 beim Regionalligisten FC Viktoria 1889 Berlin erreicht. Doch die beiden Bundesligapartien brachten vorwiegend Ärger. Das galt nicht nur wegen einiger umstrittener Hand- und VAR-Entscheidungen, die bei Innenverteidiger Keven Schlotterbeck im Interview nach eigenem Bekunden sogar den Drang weckten, in ein Mikrofon zu beißen. Als der Zugang über die uneinheitliche Linie der Schiedsrichter klagte, klang dies, als würde er mit einem schlimmeren Schicksal hadern als einer Flutkatastrophe. „Es ist fürchterlich und traurig“, sagte Schlotterbeck, „ich könnte komplett am Rad drehen.“

Keine Panik: Schon in den vergangenen Spielzeiten begannen die Augsburger mit schwachen Leistungen

Noch unschöner waren aus Sicht des FCA die Ergebnisse. Auf das 2:2 gegen Bremen zum Ligaauftakt in der eigenen Arena folgte vergangenen Sonntag eine 0:4-Niederlage beim 1. FC Heidenheim. Dass der Conference-League-Teilnehmer gerade auf einer perfekten Welle surft und sogar die Tabelle vor den Bayern anführt, ist kein Trost. Vielmehr hatte der FCA zur Fortsetzung des Heidenheimer Laufs beigetragen. Entsprechend bedient klang Trainer Jess Thorup, der Däne stellte „einen Rückschritt“ fest. „Nicht gut verteidigt“, oder „nur nach vorn gelaufen“ und „die Basics vergessen“, waren einige seiner Kritikpunkte. Sportdirektor Marinko Jurendic sprach gar von einer „Lehrstunde“, Heidenheim habe gezeigt, wie man als Einheit erfolgreich sei, zudem habe er „das Kämpferherz“ vermisst. Mittelfeldspieler Arne Maier fasste die Fehlleistung so zusammen: „Es hat an allen Ecken und Enden gefehlt.“

Diese drastischen Befunde erzählten auch etwas über das gereizte Binnenklima in der umgebauten Belegschaft. Kapitän und Topscorer Ermedin Demirovic sowie die Stammkräfte Arne Engels, Felix Uduokhai, Kevin Mbabu und Iago hatten die Augsburger im Sommer teils gezwungenermaßen abgegeben. Hinzu kamen weitere Weggänge wichtiger Spieler wie Niklas Dorsch und Dion Beljo. Ruben Vargas dagegen musste bleiben, obwohl sich der Schweizer einen Ortswechsel gewünscht hatte. Doch fand sich kein passendes Angebot. Aufgefrischt wurde der Kader mit zehn externen Zugängen und zwei weiteren aus der zweiten Mannschaft.

Herausgekommen ist neben einem satten Transferplus von mehr als 22 Millionen Euro bisher vor allem Unzufriedenheit – die durch die hohen Ambitionen verstärkt wird. Als mittelfristiges Ziel wurde der zumindest zeitweilige Sprung unter die besten Zehn ausgegeben, Trainer Thorup brachte vor dem Saisonstart sogar die Hoffnung auf die zweite Europapokalteilnahme der Vereinsgeschichte nach der Saison 2015/16 zum Ausdruck. In Heidenheim nun entschuldigte sich der Däne bei den mitgereisten Fans für den Vortrag seiner Mannschaft. Die neuen Spieler müssten sich noch eingewöhnen, erklärte er.

Zu Alarmismus besteht nach einem Punkt aus zwei Spielen zwar noch kein Anlass, zu denken geben eher die sechs Gegentore. Anderseits gehören Enttäuschungen fast schon traditionell zu Augsburgs Frühphasen einer Saison. In den Spielzeiten 2021/22 sowie 2022/23 setzte es jeweils am ersten Spieltag 0:4-Heimpleiten, erst gegen Hoffenheim und ein Jahr später gegen Freiburg. Die vergangene Saison begann mit dem Aus im DFB-Pokal durch eine 0:2-Niederlage beim Drittligisten Unterhaching.

Die Augsburger wissen, dass es auch diesmal gilt, das Gefüge rasch zu ordnen und zu stabilisieren. Erschwert wird das für Thorup allerdings, weil zwölf Profis vorerst bei ihren Nationalteams weilen. „Das ist momentan das größte Problem für mich“, befand der 54-Jährige. Umso willkommener wäre ein aufmunterndes Erlebnis für alle Beteiligten beim Benefizspiel. Und die gute Nachricht aus Sicht der Augsburger: Sie können Selbstvertrauen und Geld für die Hochwassergeschädigten sammeln.

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