TischtennisÜberrumpelt vom Hass im Netz

Lesezeit: 4 Min.

Benedikt Duda tritt als Deutschlands Nummer eins bei der Team-EM in Kroatien an – die Freude über seinen späten Aufstieg ist allerdings nicht ungetrübt.
Benedikt Duda tritt als Deutschlands Nummer eins bei der Team-EM in Kroatien an – die Freude über seinen späten Aufstieg ist allerdings nicht ungetrübt. (Foto: Johan Nilsson / TT/Imago)
  • Benedikt Duda, Deutschlands Nummer eins im Tischtennis und Weltranglisten-Achter, erhält nach Niederlagen üble Hassbotschaften von Menschen, die Geld auf ihn gewettet haben.
  • Die Beleidigungen auf Social Media belasten den 31-Jährigen psychisch und beeinflussen sogar sein Spiel, da er unbewusst an mögliche Hasskommentare denkt.
  • Der Deutsche Tischtennis-Bund und der Turnierveranstalter World Table Tennis unterstützen betroffene Spieler mit Rückhalt und Gesprächen gegen den Hass im Netz.
Von der Redaktion überprüft

Dieser Text wurde mit der Unterstützung einer generativen künstlichen Intelligenz erstellt. Lesen Sie mehr über unseren Umgang mit KI.

Fanden Sie diese Zusammenfassung hilfreich?
Mehr Feedback geben

Seit es Benedikt Duda in die Top Ten der Tischtennis-Weltrangliste geschafft hat, lernt er eine Schattenseite seines Sports kennen: Nach Niederlagen erhält er üble Hassbotschaften von Menschen, die Geld auf ihn gewettet haben. Und er ist nicht allein damit.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

So gut wie dieses Jahr hat Benedikt Duda noch nie Tischtennis gespielt. Der 31-Jährige aus der Handballstadt Gummersbach ist neuerdings die Nummer acht der Weltrangliste. Der Profi vom Bundesligaklub TTC Schwalbe Bergneustadt reist diesen Freitag als bestplatzierter deutscher Spieler mit der Nationalmannschaft zur Team-Europameisterschaft nach Kroatien. Den ganzen Sommer über war er auf einer ziemlich erfolgreichen Welttournee unterwegs und hat Turniere unter anderem in Südkorea, Tunesien, USA, Brasilien, Japan, Schweden und China gespielt. Das hat geschlaucht, sich aber auch gelohnt. Er konnte massenhaft Punkte für die Weltrangliste sammeln. Jetzt kann er stolz sein auf seine Platzierung. Dachte er jedenfalls.

Duda hat jahrelang im Schatten der deutschen Größen Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov gestanden. Dann hat Boll seine Karriere beendet, und Ovtcharov war länger verletzt. Duda hat sein Training professionalisiert, arbeitet jetzt mit einem Privattrainer, einem Aufschlagtrainer und einem Mentaltrainer zusammen. Das hat ihn entscheidend nach vorn gebracht. 2024 wurde er deutscher Einzelmeister, holte sensationell EM-Silber, besiegte bei einem großen Turnier gleich zwei Chinesen und wurde erstmals zum deutschen Tischtennisspieler des Jahres gewählt. Diesen Sommer gewann er ein Turnier in Skopje, stand in Brasilien im Finale und in Malmö im Halbfinale. Duda spielt das beste Tischtennis seines Lebens, aber so etwas kann zum Problem werden – sobald man mal unerwartet ein Einzel verliert. Denn Duda musste feststellen: „Plötzlich stehst du im Fokus von Menschen, die irgendwo auf der Welt auf Tischtennisspiele wetten.“

Fan Zhendong in der Tischtennis-Bundesliga
:„Der arme Kerl muss ja nachts auch mal schlafen können“

Kartenbestellungen aus aller Welt, volle Hallen, Shuttle-Service für chinesische Fans:  Seit Olympiasieger Fan Zhendong für Saarbrücken spielt, erfährt die Tischtennis-Bundesliga einen ungewohnten Hype.

Von Christian Bernhard

Dass man bei Wettanbietern auch auf Tischtennismatches Geld setzen kann, hat er natürlich schon lange gewusst. Vor vielen Jahren, noch ganz jung und vor einem Match gegen einen sehr starken Gegner, habe ihn mal ein Unbekannter in den sozialen Medien kontaktiert und ihm geschrieben, wenn er in keinem Satz mehr als fünf Punkte mache, gebe er ihm 2000 Dollar von einem dann zu erwartenden Wettgewinn ab. „Darauf habe ich gar nicht reagiert“, sagt Duda, „und es kam danach auch nie wieder was.“ Was ihm aber zunehmend Sorgen bereitet, sind in seinen Social-Media-Accounts Beleidigungen von Menschen, die auf ihn Geld setzen – und verlieren, wenn er das Match nicht gewinnt.

Bei einem Turnier Anfang August in Yokohama hat Duda in der ersten Runde unerwartet gegen den Dänen Anders Lind verloren. Lind stand in der Weltrangliste deutlich hinter ihm. Duda führte 2:1 nach Sätzen und 7:5 im vierten Durchgang. Der Sieg schien nahe zu sein, doch er verlor noch den vierten und auch den fünften Satz. Das ist im Tischtennis nicht ungewöhnlich. Unter den besten 30, 40 Spielern der Welt kann jeder jeden schlagen. Entscheidend ist oft die Tagesform.

Nach der Niederlage gegen Lind erhielt Duda bei Instagram massive Beleidigungen. Unbekannte, Menschen, die sich hinter Fantasienamen verstecken, attackierten ihn in übelster Form und beklagten, dass sie durch seine Niederlage Geld verloren hätten. „Solche Beleidigungen sind auf Englisch“, sagt Duda, „einer hat mir den Tod gewünscht, ein anderer Krebs, da fallen auch Wörter wie Arschloch und Hurensohn.“ Duda schaut angewidert, wenn er das erzählt. „Krank“ findet er das.

Die Hasskommentare machen etwas mit Duda – auch im Match

Als er noch die Nummer 150 der Welt war, habe sich niemand für ihn interessiert. „Aber in den letzten Monaten ist es extrem geworden mit Beleidigungen.“ Mittlerweile, sagt er, „kümmert sich eine Bekannte um meine Social-Media-Accounts, und bevor ich nach Niederlagen da reingucke, sage ich zu ihr: Bitte lösch alle Beleidigungen, denn die will ich gar nicht lesen.“ Angst machten ihm die Beleidigungen nicht, sagte er. „Aber sie regen mich auf.“

Natürlich hat er darüber nachgedacht, sich aus Social Media zurückzuziehen, „aber heutzutage ist es ohne Social Media schwierig, Sponsoren zu finden“. Deshalb sei das ein wichtiger Bestandteil der Karriere. Erst recht, seit er einer der internationalen Topspieler ist.

Angefangen hat das mit den Beleidigungen im Internet wirklich erst, seit er in der Weltspitze mitspielt, „seit es bei mir steil nach oben gegangen ist“. Er habe immer häufiger besser platzierte Spieler besiegt und sei dadurch offenbar in den Fokus von Zockern gerückt. „Mir war viele Jahre eigentlich nicht bewusst, dass Menschen irgendwo auf der Welt Geld auf mich setzen könnten.“ Diese Menschen erwarteten nun aber offenbar, dass er „andauernd performe und ich für sie das Geld gewinne“. Aber so liefen die Dinge im Spitzensport nun mal nicht.

„Leute setzen Geld auf mich und beleidigen mich, wenn ich verliere, obwohl sie gar keine Ahnung haben, warum ich verloren habe; sie wissen nicht, wie lange ich vorher im Flieger saß, ob ich krank bin oder wie ich geschlafen habe“, sagt Duda. „Die wollen schnelles Geld verdienen und sehen: Da spielt die Nummer acht gegen die Nummer 60, der muss gewinnen.“

Ein zuvor nicht gekanntes Problem für Duda erwächst daraus, dass diese Beleidigungen etwas mit ihm machen – auch im Match. „Ehrlich gesagt, hatte ich zuletzt unbewusst im Hinterkopf: Wenn ich gegen einen deutlich schlechter platzierten Gegner verliere, dann stehen in meinen Social-Media-Accounts lauter Hassnachrichten.“ Das sei schon belastend. Natürlich bekomme er von vielen seiner knapp 23 000 Follower bei Instagram Lob und Komplimente. Das mache ihm Mut. „Aber leider gehen einem Beleidigungen oft näher.“

Nach den Attacken im Anschluss an das verlorene Lind-Match habe er die schlimmen Posts bei Instagram sogar kurz öffentlich gemacht. „Da kamen von anderen Spielern direkt Reaktionen: ‚Mach dir keinen Kopf, das geht uns genauso‘.“ Auch der Turnierveranstalter World Table Tennis habe ihn daraufhin bestärkt, er möge sich melden, wenn er Hilfe benötige. „Da kam sofort eine positive Rückmeldung, und seitdem habe ich dort auch engen Kontakt zu ein paar Social-Media-Leuten.“

Auch beim Deutschen Tischtennis-Bund stehen sie betroffenen Spielern wie Duda zur Seite. „Wir können Hass im Netz nicht verhindern“, sagt der Sportdirektor Richard Prause, „aber wir stehen unseren Spielerinnen und Spielern mit Rückhalt, Gesprächen und Solidarität bei.“ Denn schon bei der Team-EM soll sich nicht nur Benedikt Duda sorgenfrei aufs Tischtennis konzentrieren können.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Karriereende von Timo Boll
:„Ich wollte mich nie zum Kasper machen“

Vor den letzten Wettkämpfen seiner Karriere erzählt Timo Boll, wie er sich immer treu geblieben ist, mit welchen Hollywood-Schauspielern er schon Tischtennis spielte – und was eine Behörde im Odenwald mit alldem zu tun hat.

SZ PlusInterview von Ulrich Hartmann

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: