Belgien:Sie nennen ihn schon "Galactico"

Lesezeit: 3 min

Wertvolle Ballbehandlung: Eden Hazard, hier während Belgiens Sieg gegen Kasachstan, wechselt nach Madrid. (Foto: John Thys/AFP)

Eden Hazard spielt zum 101. Mal für Belgien, doch das 3:0 gegen Kasachstan ist aus einem anderen Grund besonders. Er ist nun offiziell ein Zugang von Real Madrid.

Von Max Ferstl

Die belgischen Fans in Brüssel hatten ihm ein Spruchband gebastelt. "Eden", war darauf zu lesen, "wie die Helden aus unserer Kindheit". Dazu hatten sie einen manga-artigen Kämpfer gemalt, der mit einem Energiestrahl einen Fußball lenkt. Kenner der Manga-Serie Dragon Ball erkannten die Kampftechnik Kamehame-Ha, die nur die besten und edelsten Krieger beherrschten. Aber auch ohne dieses Spezialwissen war die Botschaft eindeutig: Jener Held mit den Superkräften ist Eden Hazard.

Zwar benötigte die belgische Nationalmannschaft am Samstagabend keine heldenhafte Leistung ihres Kapitäns. Sie gewann in der EM-Qualifikation souverän 3:0 gegen Kasachstan. Es war Hazards 101. Spiel für Belgien, er zeigte eine eher menschliche Leistung. Doch seine außergewöhnlichen Fähigkeiten sind in diesen Tagen trotzdem ein großes Thema. Bald soll er sie ja auf einer größten Bühnen im Fußball vorführen. Am Freitagabend wurde offiziell bekannt, was schon seit einiger Zeit als wahrscheinlich galt: dass Hazard nach sieben Jahren beim FC Chelsea zu Real Madrid wechselt, wo er einen Vertrag bis 2024 unterschrieben hat.

112 Millionen Euro? "Zu billig in diesem Markt", findet Mauricio Sarri

Der Transfers wird nicht als größte Überraschung des Sommers in Erinnerung bleiben. Zu eindeutig sah es nach Abschied aus, wie der 28-Jährige Ende Mai nach dem Finale der Europa League, das Chelsea auch dank zweier Hazard-Tore 4:1 gegen Arsenal gewann, über den Rasen schritt. Offen hatte Hazard seine Wechselabsicht thematisiert. Er habe seine Entscheidung getroffen, sagte er, "jetzt warten wir, was beide Klubs machen. Ich denke, es ist ein Goodbye."

Ein Spieler von Real Madrid zu sein, davon habe er schon als kleiner Junge geträumt, schrieb Hazard am Freitag dann in einem sozialen Netzwerk. Rund 100 Millionen Euro soll die Ablöse betragen, durch Bonuszahlungen dürfte sich die Summe nachträglich noch erhöhen. Sie dürfte damit grob in einem Bereich liegen, den Chelseas Trainer Maurizio Sarri noch im April für unangemessen befunden hatte: 100 Millionen Pfund, also rund 112 Millionen Euro, sei "zu billig in diesem Markt". Einem schwer überhitzten Markt, in dem sich Real Madrid in den vergangenen Jahren vergleichsweise zurückgehalten hatten.

Für grundlegende Veränderungen gab es auch keinen richtigen Anlass. Drei Mal nacheinander hatte Madrid die Champions League gewonnen, was vorhandene Schwächen in der spanischen Liga überdeckte. Die vergangene Saison allerdings entwickelte sich zu einem Desaster. Zwei Trainer mussten den Klub verlassen, kein Titel wurde errungen. In der Champions League scheiterte Madrid früh an Ajax Amsterdam, in der Liga landete man 19 Punkte hinter dem großen Rivalen Barcelona. Es musste etwas passieren.

"Endlich Hazard", titelt die Madrider Zeitung Marca

Deshalb wird die Mannschaft gerade generalsaniert. Torhüter Keylor Navas dürfte den Klub verlassen, Mittelfeldspieler Isco und Stürmer Gareth Bale gelten als verzichtbar. Bleiben darf der Deutsche Toni Kroos, der seinen bestehenden Vertrag verlängerte. Und so, wie es im Moment aussieht, wird Kroos zahlreiche neue Mitspieler bekommen. Vor wenigen Tagen hat Real von Frankfurt Luka Jovic verpflichtet, angeblich für 70 Millionen Euro. Hinzu kommen der brasilianische Innenverteidiger Eder Militao (für 50 Millionen vom FC Porto) und der ebenfalls brasilianische Offensivspieler Rodrygo (für 45 Millionen vom FC Santos). Jetzt also Hazard, der bisher wichtigste Baustein.

Hazard, geboren in La Louvière in der Region Wallonien, gilt seit Jahren als einer der besten Offensivspieler der Welt. Seine Karriere hat er beim OSC Lille begonnen, wo sein enormes Talent nicht lange verborgen blieb. 2011 und 2012 wurde Hazard als bester Feldspieler der französischen Ligue ausgezeichnet. Mit 21 Jahren wechselte er zum FC Chelsea. Schnell, technisch begabt und effektiv im Abschluss entwickelte er sich zu einem prägenden Spieler. In 245 Pflichtspielen schoss er 85 Tore. Chelsea zu verlassen, schrieb Hazard weiter, sei die bislang größte und schwerste Entscheidung seiner Karriere. Für keinen anderen Klub wäre er gegangen. Für Real schon.

Die Aufregung in Madrid ist seitdem groß. "Endlich Hazard", titelte die Madrider Zeitung Marca, und: "Florentino Perez verpflichtet einen weiteren Galactico", also einen weiteren Galaktischen. Es war eine Anlehnung an die großen Transfers, die Reals Präsident Perez in der Vergangenheit praktizierte. Hazard soll in Madrid das Trikot mit der Nummer 7 tragen, wie Cristiano Ronaldo oder Raúl. Wie die Helden früherer Tage.

© SZ vom 09.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: