Belgiens 2:0 gegen RumänienDiesmal stärker als das Pech

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Erlöste sein belgisches Team: Kevin De Bruyne bejubelt das 2:0.
Erlöste sein belgisches Team: Kevin De Bruyne bejubelt das 2:0. (Foto: Isosport/Imago)

Stürmer Romelu Lukaku vollendet gegen Rumänien einen Turnier-Hattrick an vom VAR zurückgenommenen Toren. Doch die Belgier gewinnen trotzdem, weil die von Trainer Domenico Tedesco umgestellte Mannschaft ihr Potenzial abruft.

Von Sebastian Fischer, Köln

Kevin De Bruyne jubelte, auch Romelu Lukaku hinter ihm riss in der 80. Minute die Arme in die Luft, und diesmal ging nichts mehr schief. Das Tor zum 2:0-Endstand im Spiel gegen Rumänen: Es zählte. Kein Videoassistent hatte etwas auszusetzen, kein Abseitsdetektor schlug Alarm. Und so ist Belgien, eine der namhaften Mannschaften dieses Turniers, zwar mit einigen Beschwerlichkeiten in die EM gestartet, hat aber nach einer 0:1-Niederlage gegen die Slowakei zum Auftakt nun wieder alle Chancen auf die Teilnahme am Achtelfinale.

Der Sieg am Samstagabend bedeutet, dass vor dem letzten Spieltag in der Gruppe E alle Mannschaften drei Punkte haben. Belgien und Rumänien genauso wie die Slowakei und die Ukraine. Doch Belgien bleibt der größte Favorit aufs Weiterkommen, das belegte der Auftritt in Köln recht deutlich. Und sollten die Belgier etwas Glück brauchen, müssten sie im Grunde auch im Vorteil sein. Denn Pech hatten sie nun wirklich genug.

Die Niederlage gegen die Slowakei hatten sie sich zwar natürlich selbst zuzuschreiben, dabei aber nicht nur zahlreiche gute Möglichkeiten ausgelassen, sondern auch zwei Tore nach durchaus knappen und umstrittenen Korrekturen des Videoassistenten wieder aberkannt bekommen. Zweimal hieß der vermeintliche Torschütze Romelu Lukaku.

Nun, gegen Rumänien, passierte es schon wieder: Lukaku jubelte in der 64. Minute bereits über sein vermeintliches 2:0, aber der Videoassistent meldete sich. Auf dem Standbild war später zu sehen, dass der Angreifer bei einem Pass von De Bruyne so knapp im Abseits gestanden hatte, wie es nur geht: mit der Fußspitze, der Kniescheibe und Teilen seiner Schulter. Lukaku sah verzweifelt aus, aber sein Versäumnis sollte diesmal immerhin nicht spielentscheidend sein. Sein Einsatz war es durchaus.

Youri Tielemans erzielt das 1:0 für Belgien

Domenico Tedesco, Belgiens aus der Bundesliga gut bekannter Trainer, hatte im Vergleich zur Auftaktniederlage einiges geändert, eine Dreierkette statt einer Viererkette aufgeboten und vier Wechsel in der Startelf vorgenommen. Unter anderem begannen diesmal Jan Verthongen, 37, in der Innenverteidigung und der frühere Wolfsburger und Berliner Dodi Lukebakio im Angriff. Lukaku, der als Hauptverantwortlicher für den misslungenen Start ins Turnier galt, weil er neben seinen aberkannten Toren auch zahlreiche weitere Chancen ausgelassen hatte, spielte auch von Beginn an.

Die Belgier hatten sich Wiedergutmachung vorgenommen, das war schon nach wenigen Momenten unübersehbar. In der zweiten Minute gewann Youri Tielemans, einer der vier Neuen in der Startelf, den Ball mit einer Grätsche im Mittelfeld, spielte ihn nach vorn zu Lukaku, der den Ball nach einem Dribbling von Jeremy Doku wieder zurückbekam und auf Tielemans ablegte, der von knapp außerhalb des Strafraums traf.

Kevin De Bruyne (rechts) erzielt das 2:0, Romelu Lukaku (links) ist weiter vom Pech verfolgt.
Kevin De Bruyne (rechts) erzielt das 2:0, Romelu Lukaku (links) ist weiter vom Pech verfolgt. (Foto: Frank Augstein/AP)

Damit war am Tor nicht nur in Lukaku der eine unglückliche Hauptdarsteller des Auftaktspiels beteiligt, sondern in Doku auch der andere. Der Flügelspieler hatte mit einem Fehlpass am eigenen Strafraum gegen die Slowakei das Gegentor eingeleitet. Diesmal fiel er fast ausschließlich vorn auf. Seinem Gegenspieler, dem blauhaarigen Rumänen Andrei Ratiu, musste bald schwindlig sein von Dokus Haken und Übersteigern, mit denen der Belgier immer wieder Richtung Tor zog und Lukaku suchte.

Der Stürmer begann die Partie mit ähnlichem Eifer, nach fünf Minuten grätschte er gar einmal in der Nähe des eigenen Strafraums. Allerdings dauerte es nur 13 Minuten, bis auch seine Abschlussschwäche wieder zu besichtigen war: Zunächst schirmte er den Ball mit seinem wuchtigen Körper unnachahmlich ab, aber als er sich dann drehen und aus kurzer Distanz abschließen konnte, brauchte er dabei zu lang und wurde noch von einem Verteidiger am Schuss gehindert.

Rumänien tut sich schwer, mit fußballerischen Mitteln dagegenzuhalten

Die Rumänen hielten mit allem dagegen, was sie hatten. Immer, wenn sich auch nur der Hauch einer Chance zu ergeben schien, wurde der Außenseiter von gut zwei Dritteln der Zuschauer im Stadion nach vorne gebrüllt. Die Euphorie bei den Fans nach dem 3:0-Auftaktsieg gegen die Ukraine war riesig, die Musik bei der Hymne kaum zu hören, so laut sangen sie.

Die Spieler allerdings, bis auf Verteidiger Radu Dragusin von Tottenham Hotspur steht keiner bei einem großen Klub außerhalb Rumäniens unter Vertrag, taten sich schwer, mit fußballerischen Mitteln dagegenzuhalten. Schon in der ersten Halbzeit hatten sie es eher der Chancenverwertung der Belgier zu verdanken, noch nicht höher zurückzuliegen, Lukebakio hätte nach Pass von De Bruyne in der 18. Minute das 2:0 erzielen können.

In der zweiten Halbzeit konterten sie zwar einmal gefährlich, Dennis Man scheiterte allein vor Koen Casteels. Aber mehr Chancen hatten die Belgier: Zweimal verfehlte De Bruyne mit Schüssen aus der Distanz das Tor nur knapp, dann traf Lukaku und wurde zurückgepfiffen. Er vergab noch eine Chance, bevor De Bruyne die Belgier erlöste, als er den Ball nach einem langen Abschlag von Casteels kontrollierte und schließlich im Fallen traf. Und auch danach, kurz vor Schluss rannte Lukaku noch mal an, dribbelte, schoss aus spitzem Winkel – Torwart Florin Nita hielt.

Lukaku stützte sich nach dem Schlusspfiff auf seine Knie, der Angreifer der AS Rom sah erschöpft aus. Ganz zufrieden war er sicher nicht. Auf sein erstes Tor bei dieser EM wartet er ja immer noch.

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