Becky Hammon als Co-Trainerin in der NBA:"Sie ist ein Naturtalent"

San Antonio Spurs, Becky Hammon, Basketball

"Sie weiß, wann sie reden muss und wann sie den Mund halten sollte" - Spurs-Trainer Gregg Popovich über Becky Hammon (im Bild).

(Foto: AP)

Selbstbewusst und mit hohem Basketball-IQ: Als erster NBA-Klub verpflichten die San Antonio Spurs eine Frau als hauptamtliche Co-Trainerin. Die Sportgemeinde klatscht geschlossen Beifall für Becky Hammon - und für die Spurs.

Von Johannes Knuth

Es war eine nüchterne Mitteilung, die der Basketballklub San Antonio Spurs aus der nordamerikanischen Profiliga (NBA) am Dienstagabend absetzte: "Spurs ernennen Becky Hammon zur Co-Trainerin", so die Überschrift. Die Reaktionen fielen gewaltig aus. Als würde sich die amerikanische Sportgemeinde geschlossen erheben und Beifall klatschen.

Becky Hammon, 37, ist derzeit Profi-Basketballspielerin in der Frauenliga WNBA, sie spielt für die San Antonio Stars. Hammon wird allerdings nach 16 Dienstjahren ihre Karriere beenden, dann wird aus der Basketballspielerin Becky Hammon die Assistenztrainerin Becky Hammon - bei den Männern der San Antonio Spurs, dem aktuellen Titelträger der NBA.

Eine hauptamtliche, weibliche Co-Trainerin gab es noch nie in der Historie der prestigeträchtigsten Basketball-Liga des Planeten. Vor 13 Jahren hatte Lisa Boyer im Trainerstab der Cleveland Cavaliers ausgeholfen, allerdings freiwillig, die Cavaliers hatten es auch nicht für nötig gehalten, Boyer zu bezahlen. Nach Hammons Verpflichtung waberte vor allem ein Wort durch die US-Medien: historisch.

Hammon gab sich in einer eilig anberaumten Fragerunde bescheiden: "Es gibt so viele Frauen, die wirklich großartige Dinge getan haben, und ich versuche einfach, den gleichen Weg zu gehen." Die 37-Jährige wurde während ihrer Karriere mehrfach ins All-Star-Team der Frauenliga berufen, 2011 zeichnete die WNBA sie als eine der 15 besten Spielerinnen der Historie aus.

Doch ihr Körper spielte nicht mehr mit. Zuletzt klagte Hammon immer wieder über Kniebeschwerden, musste pausieren. Während sie an ihrer Rückkehr arbeitete, besuchte sie Trainingseinheiten der Spurs, nahm an Mannschaftsbesprechungen teil, sichtete Filmmaterial - und beeindruckte San Antonios Cheftrainer Gregg Popovich anscheinend nachhaltig.

Der Konkurrenz immer einen Schritt voraus

"Er hat mir gesagt, dass er mich einstellt, weil er meinen Basketball-IQ schätzt, wie ich mit den Spielern umgehe", bekräftigte Hammon, "nicht, weil ich eine Frau bin".

Die Spurs verzichteten darauf, die historische Dimension der Personalie in ihrer Pressemitteilung zu thematisieren. Trainer Popovich sagte schlicht: "Ich bin davon überzeugt, dass sie uns sehr weiterhelfen wird." Als Hammon sich vor rund einem Jahr bei ihm vorstellte, schätzte Popovich vor allem eine Qualifikation seiner Praktikantin, die jeder Trainer brauche: "Sie weiß, wann sie reden muss und wann sie den Mund halten sollte. Darauf kommt es in diesem Beruf am Ende an. Sie ist ein Naturtalent."

Dass es ausgerechnet die Spurs sind, die als erster NBA-Klub eine Frau als vollwertiges Mitglied in den Trainerstab integrieren, kommt für viele Beobachter nicht überraschend. "Ahead of the curve" ist ein Etikett, das US-Medien seit längerem im Zusammenhang mit den Spurs verwenden, frei übersetzt: den anderen immer einen Schritt voraus.

Seit der Saison 1996/1997 haben die Spurs jedes Mal die Endrunde erreicht, fünf Mal gewannen sie den Titel. Derart hartnäckig hat sich in jüngster Zeitrechnung kaum ein Unternehmen aus einer der vier großen US-Sportligen an der Spitze gehalten - auch, weil sie in San Antonio die Dinge stets etwas anders angepackt haben als die Konkurrenz. Man könnte auch sagen: besser.

Während die meisten NBA-Klubs ihren Nachwuchs aus dem College-Nachwuchsbetrieb rekrutieren, schicken die Spurs ihre Talentsichter durch Europa und den Rest der Welt. Dort fanden sie Spieler wie den Argentinier Manu Ginobli oder Frankreichs Tony Parker. Die Zugänge durften in Ruhe reifen - sie wurden Leistungs- und Titelträger. Parker und Ginobli sind großartige Einzelkönner wie Tim Duncan, aber sie alle müssen in erster Linie für die Mannschaft spielen, nicht für ihre Punkteausbeute. Als der Italiener Marco Belinelli sich 2013 nach einem Klub umschaute, lehnte er lukrative Angebote ab, erhielt weniger Geld, durfte aber für die Spurs spielen. Im Juni wurde er mit San Antonio Meister.

Cheftrainer Popovich ist zudem dafür bekannt, selbstbewusste Assistenztrainer in seinen Stab zu holen, Trainer, die ihm widersprechen, die er für ebenbürtig hält. Als Popovich Becky Hammon verpflichtete, verglich er sie mit früheren Assistenztrainern der Spurs, Avery Johnson, Mike Budenholzer, Steve Kerr.

Alle drei waren oder sind mittlerweile NBA-Cheftrainer.

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