Süddeutsche Zeitung

Beckham-Debüt in Paris:Mit der Strahlkraft des Unterwäschemodells

Die Ankunft David Beckhams bei Paris Saint-Germain hat Frankreichs Fußball verändert. Das Fernsehen erfindet die "Beck'Cam", er dient als Werbefigur für die Geldgeber aus Katar. Deren wilde Investitionen haben mit dem finanziellem Fairplay der Uefa wenig zu tun.

Von Oliver Meiler

Man wird sich noch lange an diese Viertelstunde erinnern, an dieses kurze Debüt eines 37-jährigen Engländers mit dem Prädikat eines alternden Weltstars, das den Fußballverein Paris Saint-Germain "in eine andere Dimension" katapultierte, wie die Zeitung Le Parisien schreibt. Nicht sportlich. Nein, sportlich war das Auftaktspiel von David Beckham gegen Olympique Marseille im Pariser Prinzenpark fade Kost: Ligue 1 eben, Frankreichs höchste Liga, Provinz im Weltfußball, mehr Brasserie als Bocuse.

Am Ende gewann Tabellenführer PSG eher unverdient 2:0. Doch Le Parisien sieht es schon richtig: Die Ankunft David Beckhams hat Frankreichs Fußball verändert, ja vielleicht sogar Europas Fußball insgesamt. Und es ist längst nicht sicher, ob diese Veränderung aus 1001 Nacht, dieser jüngste Coup aus Katar, wo die neuen Besitzer des PSG sitzen, auch eine gute Sache ist. Bei aller Unterhaltung.

Für das Spiel hatte der Bezahlsender Canal Plus eine Kamera allein auf Beckham gerichtet, die "Beck'Cam". Sie begleitete ihn vom Mannschaftsbus zur Umkleide, dann weiter zur Ersatzbank, später auf die Ehrenrunde. Manchmal schwenkte die Kamera hoch zur VIP-Tribüne, wo Frau Victoria ganz in der Nähe von Nicolas Sarkozy saß, dem früheren Staatspräsidenten.

Während die Nummer 32 noch auf der Bank harrte, näherte sich mal ein Fernsehreporter und fragte Beckham in ausbaufähigem Englisch: "How do feel this match, David?" Es ist nicht überliefert, wie Mannschaftskollege Zlatan Ibrahimovic, der das Scheinwerferlicht nur ungern mit anderen teilt, Beckhams Sonderbehandlung erlebte. Er verließ den Platz nach dem Schlusspfiff schnell und wortlos, den Blick zu Boden gerichtet. Andererseits, dem Masterplan können Ibrahimovics Gemütsschwankungen wohl nicht viel anhaben.

Katar ist ein kleiner Golfstaat mit viel Geld und der fixen Idee für eine Zukunft ohne Öl und Gas: Man investiert in Softpower, in berühmte Marken, in den Sport. Aus dem kleinen Punkt auf der Landkarte, bedrängt von den Großmächten Iran und Saudi-Arabien, soll eine globale Drehscheibe für Sport und Medien werden. Koste es, was es wolle. Die Austragung der Fußball-WM 2022 bildet wohl den vorläufigen Höhepunkt der Strategie. Auch dafür tat man alles, vielleicht mehr, als erlaubt wäre.

Vor anderthalb Jahren kaufte Katar den PSG - als Vitrine seiner Ambitionen. Der Verein der Hauptstadt war billig zu haben. Er hatte Schulden, war eher unbeliebt im Land und seit Jahren erfolglos: Den französischen Fußball beherrschten die Vereine aus Lyon, Marseille, Bordeaux, mitunter gar aus Lille und Montpellier. Die Zeit war günstig. In Paris regierte Sarkozy, ein Fan des PSG und Freund des Emirs von Katar. Man redete, man half sich. So kam es, dass der Staatsfonds Qatar Sports Investments (QSI) die Aktienmehrheit und die Schulden übernahm. Für weniger als 50 Millionen Euro. Ein Schnäppchen. In Paris!

Seither stecken die Katarer beträchtliche Summen in den Kader, um den PSG an Europas Spitze zu führen. 250 Millionen Euro haben sie schon für die Transfers von Ibrahimovic, Lucas Moura, Lavezzi, Thiago Silva und den Italiener Verratti ausgegeben. Wenn die Herren noch andere Offerten aus renommierteren Vereinen hatten, wurde die eigene einfach schnell aufgestockt. Und so hat der PSG plötzlich den fünftteuersten Kader der Fußball-Geschichte.

Die Verfechter gewachsenen Erfolges mögen ob so viel Kapitalismus und so wenig Werten die Nase rümpfen, aber bisher läuft alles nach Plan. In der Meisterschaft steht der PSG ganz oben; in der Champions League sind die Aussichten aufs Weiterkommen nach dem Auswärtssieg gegen den FC Valencia auch gut.

Beckham ist eine kleine Gourmandise, die man sich zusätzlich leistet - bis Saisonende, vier Monate noch. Was zählt, ist die Strahlkraft des Unterwäschemodells, die glamouröse Marke Becks. Der Generaldirektor des Vereins, Jean-Claude Blanc, sagte kürzlich in einem Interview, der Medienhype rund um Beckhams Verpflichtung habe dem Verein und Katar so viel Aufmerksamkeit gebracht, wie es eine millionenschwere Werbekampagne nicht hätte tun können.

Man gab sich auch besorgt ums gute Image: Das Salär des Stars, so hieß es, werde Pariser Kinderhilfswerken gespendet. Wer mag, darf die karitative Geste auch als fiskalisches Manöver deuten. Beckham mag nicht in Frankreich Steuern zahlen, wo die Sozialisten den Großverdienern ans Leder gehen. Den Steuersitz hat die Familie in London. Dort ist es viel billiger. Beckham lässt sich in Paris nur einen üppigen Spesenbetrag auszahlen: Von 31.000 Euro im Monat ist die Rede. Dazu vergütet ihm der Verein das Wohnen im Pariser Nobelhotel Bristol sowie den ständigen Schutz durch zwei Bodyguards.

Alles geht, alles ist möglich, alles dient dem Masterplan. Qatars Tourismusbehörde QTA investiert offenbar auch noch 150 bis 200 Millionen Euro in den PSG, damit der für Katar strahle - pro Saison, zunächst bis 2016. Man kann also sagen, dass die staatliche QTA jene Löcher stopft, die der PSG in die Bilanz des Staatsfonds QSI reißt, egal, wie groß die sind. Hier Staat, dort Staat. Und so fragt man sich, wie der PSG die Kriterien des finanziellen Fairplay erfüllen soll, mit dem die Uefa ab 2014 Defizitsünder unter den europäischen Fußballvereinen disziplinieren will.

Ist das fair? Beim PSG heißt es, QTA und QSI seien nicht dasselbe, man gehe nur innovative Wege des Sponsorings und des Marketings. Es hört sich wie ein Märchen an, aus 1001 Nacht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1609655
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.02.2013
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.