Süddeutsche Zeitung

Beckenbauer im Dezember 2010:"Der Emir ist ja ein guter Freund von uns"

Manche Aussagen erhalten erst im Rückblick Brisanz - wie die Äußerungen von Franz Beckenbauer, der vor fünf Jahren über Katars Rolle bei der WM-Vergabe an Deutschland plauderte.

Von Thomas Kistner

Manchmal erhalten Aussagen erst im Rückblick Sinn. Oder Brisanz. Wie bei Franz Beckenbauers Wortbeitrag am 13. Dezember 2010 in der österreichischen TV-Runde Talk im Hangar. Elf Tage zuvor hatte er als Mitglied der Fifa-Exekutive die WM-Ausrichter 2018 (Russland) und 2022 (Katar) gewählt, nun wurde er gefragt, was das Emirat für die Aufgabe qualifiziere. Auszüge aus seiner Darlegung:

"Wieso Katar? In der Wüste, im Sommer - 40, 50 Grad (. . .) Im ersten Moment ist es . . . - auch für mich, der Emir von Katar ist ja ein guter Freund von uns, der uns auch bei der Bewerbung 2006 geholfen hat, das darf man nicht übersehen. Also, der Emir war ein wichtiger Wegbegleiter. Ohne ihn, ich weiß nicht, ob wir es geschafft hätten."

Der Moderator fragt nach: "Was heißt geholfen? Um Geld ging's nicht?"

"Nein, es ging nicht um Geld. Ein Gesandter von ihm ist der Mohamed bin Hammam, (. . .) der damals ein ordentliches Mitglied der Exekutive war, ein Katari. Den hat er angewiesen, dafür zu sorgen, uns ein paar Stimmen zu holen. Das hat er getan."

Moderator: "Angewiesen?"

"Ja, in diesen Ländern wirst du irgendwo angewiesen, da gibt's keine Diskussion. Da sagt der Chef, der Emir sagt: Das hast du zu tun. Und das hat er gemacht."

Die Aussagen, präsentiert bei Markus Lanz im ZDF, belegen die Bedeutung, die Katar und der damalige Fifa-Vorstand Bin Hammam als Arm des Emirs für die deutsche Bewerbung hatten. Und sie nehmen den Deutschen die Möglichkeit, auf eine saubere Lobbyarbeit zu schwören - so, wie sie das bisher öffentlich tun: Zumindest für die Voten, die Bin Hammam laut Beckenbauer auf Anweisung des Emirs besorgt hatte, können die WM-Bewerber nicht ihre Hände ins Feuer legen.

Es gab viele wirtschaftliche und politische Deals im Hintergrund jenes vierköpfigen Asien-Blockes, der im Juli 2000 unter Bin Hammams Führung für Deutschland stimmte. Beckenbauers alte Aussage würzt zudem der Umstand, dass Stimmenbeschaffer Bin Hammam fünf Monate später bei einer Korruptionsorgie aufflog.

Im Juni 2011 wollte er Sepp Blatter beim Fifa-Wahlkongress schlagen; bei einem diskreten Funktionärs-Treffen in der Karibik hatte er 25 Kuverts mit je 40 000 Dollar verteilen lassen. Das Ganze wurde gefilmt und der Katarer lebenslang gesperrt. So musste es den einstigen deutschen Stimmenbeschaffer nicht mehr kümmern, dass spätere Fifa-Untersuchungen weitere Zahlungen an Funktionäre zutage brachten.

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Quelle:
SZ vom 06.11.2015
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