Beachvolleyball:Beachen mit Handschuhen im Schnee

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Frauenfinale zwischen Türkei und Russland in Tirol im April. (Foto: imago images / ZUMA Press)

Die deutschen Beachvolleyballerinnen enttäuschen bei der WM in Hamburg. Vielleicht läuft es auf Schnee besser? Für 2021 ist die erste Snowvolleyball-WM geplant - dem Weltverband ist es ernst.

Kommentar von Sebastian Winter

Der Wind kommt immer von vorne, sagt man im Norden. In Hamburg allerdings blies den deutschen Beachvolleyballerinnen bei der Weltmeisterschaft im so stimmungsvollen wie böigen Stadion am Rothenbaum ein Orkan ins Gesicht. All die neu zusammengepuzzelten Duos sind spätestens im Achtelfinale gescheitert, die Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Werbefigur Laura Ludwig mit ihrer neuen Partnerin Margareta Kozuch gar noch früher. Völlig desillusioniert verließen letztere die Arena, ihr Trainer erkannte "ein Kopfproblem". Nach der schlechtesten WM-Bilanz seit zehn Jahren muss man zum Finalwochenende im Hamburger Sturm- und Schietwetter nun ernsthaft die Frage stellen: Warum spielen die Frauen künftig nicht auf Schnee statt auf Sand, wenn es ohnehin kaum Medaillenchancen bei den Sommerspielen 2020 in Tokio gibt?

Tatsächlich plant der Weltverband für 2021 die erste Snowvolleyball-WM, der Masterplan sieht vor, die Variante bei den Olympischen Winterspielen zu verankern. DM und EM - gibt es längst. Wie auch eine internationale Serie, die vor gut zehn Jahren in Österreich ihren Anfang nahm. Ein paar ausgewählte Stationen aus diesem Frühjahr: Moskau, das kaukasische Skigebiet Bakuriani, der ruhende türkische Vulkan Erciyes und der 2275 Meter hohe Kronplatz-Gipfel in Südtirol. Als Ausrüstung dienen Stollenschuhe, Thermokleidung und Handschuhe, die Regeln sind ähnlich wie im Sand, nur dass drei gegen drei gespielt wird.

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Für die taumelnden deutschen Frauen wäre das doch ein Neuanfang. Sie könnten ihre Insel-Fähigkeiten bündeln, denn was wäre das für ein Trio im Schnee: Ludwig, die vormals beste Abwehrspielerin der Welt, Kozuch, die einst wuchtigste deutsche Hallenangreiferin, und Walkenhorst, bis zu ihrem Rücktritt vor ein paar Monaten die beste Blockerin im Sand. Bei der WM wurde Walkenhorst samt Lebensgefährtin und Drillingen öfter auf der Tribüne gesichtet - und tat nebenbei kund, dass sie zurückkehren möchte ins Spiel. Ein möglicher Trainingsort könnte Bispingen sein. Dort steht, 40 Autominuten südlich von Hamburg, eine Halle, wo man Skifahren, Snowboarden und sicher auch einen zukunftsweisenden Schneevolleyball-Stützpunkt aufbauen kann.

Vergangene Erfolge sind verpasste Chancen

All das ist natürlich zuvorderst ein großes Marketing-Manöver, das die deutschen Randsport-Funktionäre im Kampf um Aufmerksamkeit und Quoten veranstalten. Eine andere Säule sind Events, wie die großartig inszenierte Beachvolleyball-WM, mit denen der klamme Deutsche Volleyball-Verband (DVV) allerdings keinerlei Gewinn macht, weil er die Vermarktungsrechte an potentere Agenturen abgeben musste. Zugleich hat der DVV gerade seine überfällige Strukturreform auf den Weg gebracht, samt einem verjüngtem und künftig hauptamtlichem Vorstand, höheren Mitgliedsbeiträgen und neuem Jugendkonzept. Das ist dringend nötig, die Nachwuchssorgen sind auch im Sand riesig, gerade im weiblichen Bereich, wo es fast keine leuchtenden Talente gibt.

Insofern sind die Olympiasiege von Brink/Reckermann 2012 bei den Männern und Ludwig/Walkenhorst 2016 bei den Frauen verpasste Chancen. Während die Duos lukrative Werbeverträge schlossen, hatte der Verband kein Konzept in der Schublade, er wurde vom Goldzyklus überrumpelt - und verscherzte es sich noch mit den Athleten, als er sie im Hauruck-Verfahren an den Bundesstützpunkt zwangsumsiedeln wollte. Der Neuaufbau wird Jahre dauern. Und Ludwig kann sich in Ruhe überlegen, ob sie Schneevolleyballerin wird. Klingt doch gut: Nach dem Eiskunstläufer Gillis Grafström und dem Boxer und Bobanschieber Edward Eagan wäre sie erst der dritte Mensch, der Gold im Sommer und Winter gewinnt. Und die allererste Frau.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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