Beachvolleyball:Guerilla-Party auf der Wiesn

Beach volleyball, Beachvolleyball - Deißenberger (SV Lohhof) bei der BVV Bayerische Beachvolleyball Meisterschaft in Mü; Beachvolleyball

Gut geflogen: Giulia Deißenberger (vorne) und Tabea Schwarz vom SV Lohhof wurden Dritte der bayerischen Titelkämpfe.

(Foto: Christian Einecke/imago)

Zum ersten Mal werden die bayerischen Meister auf der Theresienwiese gekürt: Bei den Männern spielt der Wind eine entscheidende Rolle, bei den Frauen wird ein Bann gebrochen. Wo im kommenden Jahr gespielt wird, ist offen.

Von Frederik Kastberg, München

Die Theresienwiese in München ist riesig. So riesig, dass nicht mal 650 Tonnen Sand wirklich auffallen. Die 25 LKW-Ladungen der kleinen Körner liegen dort schon seit ein paar Monaten, doch vergangenen Sonntag fand zum ersten Mal die bayerische Meisterschaft im Beachvolleyball auf der Fläche statt, die ja auch in diesem Jahr wieder mehr oder weniger brach liegt. Strandbar, Palmen und laute Musik, die zwischenzeitlich von der Polizei veranlasst etwas leiser gedreht wurde, gaben dem sportlichen Turnier den durchaus gewollten Party-Charakter. "Wir feiern uns a bissl selbst", sagte der Beachvolleyball-Koordinator des Bayerischen Volleyball-Verbandes (BVV), Andreas Simon. "Das ist hier, auch pandemiebedingt, ein bisschen Guerilla-Style."

Die Entscheidung, die Finalrunde von der Hochschulsportanlage im Münchener Olympiapark, wo am Samstag noch gespielt wurde, auf die Theresienwiese zu verlegen, kam erst wenige Tage vor dem Turnier. Das Angebot dafür hatte Tobias Hohner dem Verband schon vor Wochen gemacht. Er ist Gründer und Vorsitzender des Münchener Beachvolleyballvereins Beach4U, der die Fläche betreibt. Doch erst mit einem erfolgreich durchgeführten Masters-Turnier in der Vorwoche habe man die Verantwortlichen von der eigenen Kompetenz überzeugen können, erklärte er. Viel vorbereiten musste Hohner nicht mehr, die Courts hatte er vorsichtshalber schon lange im Voraus geblockt: "Mir war irgendwie klar, dass die bayerische Meisterschaft noch zu uns kommt." Die Idee für die insgesamt drei Spielfelder, die stundenweise angemietet werden können, kam ihm Anfang des Sommers. 80000 Euro hat sein Verein dafür investiert, ohne Zuschüsse der Stadt, die nur die Genehmigung erteilte: "Wir hoffen, dass wir am Ende mit einer glatten Null rausgehen." Die Resonanz sei "überwältigend", und auch mit dem Turnier am Sonntag war Hohner hochzufrieden: "Das Ambiente hier ist einmalig."

Doranth/Höfer passen ihre Taktik im Finale an - und spielen die Bälle immer "Vollgas in den Wind"

200 Zuschauer waren am Wochenende dort und im Olympiapark offiziell zugelassen, bei den Finalspielen kamen vielleicht sogar ein paar mehr, aber die Abstands- und Maskenpflicht wurde ohnehin im Rahmen der Auflagen etwas großzügiger interpretiert. Am Finaltag meinte es auch der Münchener Wettergott lange Zeit gut mit den bayerischen Top-Beachvolleyballern. Nachdem mehrere bedrohlich dunkel ausschauende Wolken vorübergezogen waren, was den einen oder anderen Besucher zu einer gestenreichen Analyse der Windströme veranlasste, setze pünktlich zu den Finalspielen doch noch leichter Nieselregen ein. Der Wind hatte dann auch entscheidenden Anteil daran, dass Benedikt Doranth und Julius Höfer vom TSV Grafing ihre Gegner Sebastian Burgis und Johannes Klinkert (Beach4U) im Finale in zwei Sätzen vom Sand fegten (21:13, 21:9).

"Ich glaube, dass das Wetter uns entgegengekommen ist", sagte Doranth nach dem Spiel. "Ohne den Wind wäre es deutlich schwieriger gewesen." Tags zuvor konnten Burgis/Klinkert die Partie noch für sich entscheiden. Wegen der unvorhersehbaren Böen hatten Doranth/Höfer ihre Taktik im Finale angepasst und die Bälle immer "Vollgas in den Wind gespielt". Bei ihren Gegnern führte das zu sichtbaren Problemen in der Annahme, gepaart mit fehlender Durchschlagskraft im Angriff. Eine nicht offiziell bestätigte, weil nur von einem Zuschauer mitgezählte Zahl von 16 Blocks, von denen 14 zu einem direkten Punkt führten, ließ selbst den mehr als zwei Meter großen Höfer staunen: "So extrem hatte ich das auch noch nie." Auch den entscheidenden Punkt sicherte Höfer mit einem Block.

Kristin Standhardinger, genannt "Schalke 04 des bayerischen Beachvolleyballs", gewinnt tatsächlich

Bei den Frauen konnten sich im Finale etwas überraschend Kristin Standhardinger (TSV TB München) und Marion Schütze (VC DJK München-Ost-Herrsching) gegen die Titelverteidigerinnen Michaela Henry (SV Lohhof) und Tiana Nicolaus (Beach4U) durchsetzen. Besonders für Standhardinger wirkte ihr erster bayerischer Meistertitel bei der achten Finalteilnahme wie eine Erlösung. Noch immer mit Tränen in den Augen sagte sie nach dem Spiel: "Ich bin froh, dass dieser Bann jetzt gebrochen ist. Das war jetzt einfach fällig." Die lange Durstsrecke hatte ihr von Hohner während des Spiels noch den Spitznamen "Schalke 04 des bayerischen Beachvolleyballs" eingebracht, den sie Sonntagnachmittag ablegen und sich mit ihrer Partnerin über das bei Männern und Frauen identische Preisgeld von 1500 Euro freuen konnte.

Ob sie ihren Titel im kommenden Jahr wieder auf der Theresienwiese verteidigen können, steht noch nicht fest. "Ich sehe eine kleine Chance, aber da müssen wir mit der Stadt verhandeln", sagt Hohner. Der Verband hätte zumindest Interesse, aber auch andere exponierte Plätze in Bayern wie etwa der Augsburger Rathausplatz seien denkbar. Hohner hat zumindest schon Flächen, die während der Wiesn ungenutzt sind, im Blick. Neben den riesigen Festzelten würden hunderte Tonnen Sand wahrscheinlich auch dann nicht auffallen.

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