Eigentlich ist es gerade verboten, sich unter dem Eiffelturm Arm in Arm in den Sand zu legen, alles weiträumig abgesperrt, aber für Clemens Wickler, 29, aus Starnberg und Nils Ehlers, 30, aus Berlin haben sie am Donnerstagabend in Paris eine Ausnahme gemacht. Der 2,10-Meter-Mann Ehlers hatte sich einfach vornüberkippen lassen und lag eine Weile auf dem Bauch, Wickler, 1,91 Meter, war zur Seite weggekippt. Nach einer Weile robbte dann Ehlers zu Wickler, und da lagen die beiden deutschen Beachvolleyballer dann. Um sie herum brandete Jubel auf, und die beiden werden definitiv noch mal wiederkommen: am späten Samstagabend, um 22.30 Uhr, wenn sich im olympischen Beachvolleyballfinale entscheidet, ob sie Paris mit Silber oder mit Gold um den Hals verlassen werden.
So gut wie in diesen Tagen haben Ehlers/Wickler noch nie zusammen Beachvolleyball gespielt. Ehlers war bisher dreimal Fünfter bei einer EM, einmal Neunter bei einer WM. Bei Wickler, 29, ist es so ähnlich. Mit seinem früheren Partner Julius Thole war Wickler 2019 Zweiter bei der Heim-WM in Hamburg. Aber eine Olympiamedaille?

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„Seit wir uns zusammengetan haben, sagen wir, wir wollen mal eine Olympiamedaille gewinnen“, sagte Nils Ehlers später, noch mit jeder Menge Sand auf den Armen und in den Haaren, „anfangs wurden wir dafür vielleicht ein bisschen verlacht.“ Nun ist einigen der weltbesten Beach-Paare in Paris das Lachen vergangen. Im Achtelfinale ließen Ehlers/Wickler den brasilianischen Weltranglistenzweiten Wanderley/Stein keine Chance, im Viertelfinale zauberten sie einen souveränen Sieg gegen die Niederländer Boermans/de Groot in den Sand, aber im Halbfinale warteten nun noch mal andere Kaliber: die norwegischen Olympiasieger von Tokio 2021, Anders Mol und Christian Sörum.
Den ersten Satz holten die Deutschen, als wäre es nichts, 21:13. „Da haben wir fast perfektes Beachvolleyball gespielt“, sagte Wickler, viel Risiko in den Aufschlägen, und am Netz machte Ehlers mit seiner Größe den Unterschied, seine Blocks ließen Mol und Sörum immer ratloser zurück. Aber manchmal reicht ein Netzfehler hier, ein zu wuchtig geschlagener Schmetterball da, und schon kann alles kippen. Den zweiten Satz holten sich die Norweger, 21:17. Die Entscheidung fiel also im Tiebreak, einem verkürzten Satz bis 15. Die Norweger gingen in Führung, die Deutschen konterten, hatten schließlich zwei Matchbälle, dann nur noch einen, 14:13. Die Norweger schubsten den Ball übers Netz in den Sand. Ausgleich – oder?
„Ich habe gesehen, dass sich das Netz ein bisschen bewegt hat“, schilderte Ehlers später die dramatischen Minuten, die nun folgten. „Das kann auch mal vom Ball sein – aber diese Challenge mussten wir ziehen.“ Videobeweis also, und siehe da: Netzberührung der Norweger, Punkt für die Deutschen. Und dann lagen die beiden erst mal im Sand. Sie sind erst das dritte deutsche Männer-Paar, das bei Olympia eine Medaille gewinnt, nach Jörg Ahmann/Axel Hager 2000 in Sydney (Bronze) und Jonas Reckermann/Julius Brink 2012 in London (Gold).