Bayerns Sieg gegen Madrid:Denkwürdiger Abend endet mit Triumph

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Bayerns Bryce Taylor (Mitte) setzt sich gegen Madrids Riesen Felipe Reyes (links) und Marcus Slaughter durch

(Foto: Christof Stache/AFP)

Uli Hoeneß ist beim überraschenden Sieg der Bayern-Basketballer gegen Real Madrid nur ein Randthema. Der verurteilte Bayern-Präsident bleibt dem Spiel fern, das zeigt, dass die Münchner stark genug fürs Viertelfinale in der Euroleague sind.

Aus der Halle von Ralf Tögel

Dass dieser Abend in die FCB-Geschichte eingehen wird, war schon vor dem Sprungball klar. Schließlich war erstmals Real Madrid zu Gast in München, das momentan aufregendste Team jenseits des Atlantiks, wo die nordamerikanische Profi-Liga NBA beheimatet ist.

In 171 Länder wurden bewegte Bilder geliefert vom Euroleague-Spiel der Zwischenrunden-Gruppe F zwischen dem FC Bayern und Real. Für solche Spiele haben die Bayern ihr Basketball-Projekt ins Leben gerufen, der Patron desselben allerdings blieb dem bislang größten Sieg der Abteilungshistorie fern. Uli Hoeneß verzichtete auf einen Besuch der Partie gegen den galaktischen Gegner, aus verständlichen Gründen. Es waren nicht einmal sieben Stunden vergangen, seit der Bayern-Präsident das aus seiner Sicht bestürzende Urteil hatte zur Kenntnis nehmen müssen.

Edmund Stoiber sagt kurzfristig ab

Man darf als gesichert annehmen, dass sich Hoeneß, der die Nachrichtenlage des Tages bestimmt hatte, den 85:83-Triumph im TV angesehen hat. Ein Sieg, der im Kampf um Platz vier enorm wichtig ist, der zum Einzug ins Viertelfinale berechtigt. Zumal schwer vorstellbar ist, dass diese spanische Mannschaft gegen die direkten Konkurrenten Istanbul oder Krasnodar Punkte liegen lässt.

Die fantastische Leistung der Bayern dürfte die präsidiale Stimmung ein bisschen aufgehellt haben, die Presseabteilung der Basketballer hatte dagegen vor dem Spiel darauf hingewiesen, dass man sich nur sportlichen Themen widmen werde. Auch in der Halle war das Schicksal des schwer angeschlagenen Präsidenten - wenn überhaupt - nur als Randthema wahrzunehmen.

Edmund Stoiber hatte dem Vernehmen nach kurz nach der Urteilsverkündung seine Kommen storniert, die FCB-Fußballer, ansonsten regelmäßige und gern gesehene Gäste, blieben dem Spiel des Jahres, wie es der Hallensprecher tituliert hatte, wohl aus Rücksichtsnahme fern. Lediglich Javier Martínez wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, seine in der Szene berühmten Landsleute hautnah zu erleben. Der Samstagsgegner der FCB-Kicker war dagegen in Mannschaftsstärke erschienen: Bayer Leverkusen kam, komplett, um Real zu sehen.

Nur Bayer Leverkusen erscheint in Mannschaftsstärke

Solidaritätsbekundungen für Hoeneß blieben, wie schon jüngst in der Fußball-Arena, aus, die Stimmung indes war prächtig. Die gute Stimmung war dem geschuldet, was auf dem Parkett geboten wurde, den Rest schienen alle auszublenden. Dass das nicht schwer fiel, dafür sorgten beide Mannschaften. Das Spiel nahm von der ersten Sekunde an Fahrt auf, es waren ein paar Sekunden gespielt, da erzielte Boris Savovic mit einem krachenden Dunking die ersten beiden Bayern-Punkte. Der einmal mehr blendend aufgelegte Malcolm Delaney (20 Punkte) vollendete kurz darauf mit einem Alley oop, nahm also einen Pass im Sprung an und legte ihn in den Korb, später drückte er einen Dreier ab, der wie an der Schnur gezogen in den Korb fiel.

Topscorer Nihad Djedovic (21) ließ die riesigen Spanier wie Slalomstangen aussehen, auf dem Weg zu einem seiner dynamischen Korbleger, dann flog Bryce Taylor durch die Luft und stopfte die Kugel im Geschrei der Zuschauer in den Korb. Oder Robin Benzing traf aus der Distanz. Die Bayern beteiligten sich bestens an dem Spektakel, obwohl sie auf den am Knie verletzten Heiko Schaffartzik verzichten mussten, sie waren auf Augenhöhe, führten nach zwölf Minuten - bis es Madrid zu bunt wurde.

Waren die Spanier schon in den ersten starken Bayern-Minuten keinen Deut schlechter, gaben Sergio Rodriguez (18) und Rudy Fernandez (12) nun Kostproben ihrer exzellenten Treffsicherheit. Die Real-Hühnen Ioannis Bourousis oder Nikola Mirotic stopften Bälle in den Korb, zur Pause führten die Gäste mit 42:34 Punkten.

Doch die Münchner waren nicht gewillt, sich der Übermacht zu ergeben, es entwickelte sich eine hochklassige und intensive Partie, die die 6700 Zuschauer in der ausverkauften Halle begeisterte. Es wurde alles geboten: sichere Distanzwürfe, schnelle Spielzüge, Fastbreaks, harte Zweikämpfe. Beinahe wären gar Djedovic und Fernandez aneinander geraten, doch Deon Thompson und Reals Marcus Slaughter verhinderten Schlimmeres.

Nach drei Vierteln führte Real 60:56, die Bayern blieben dran, zwei Minuten vor dem Ende erzielte Taylor in der tobenden Halle per Dreier die 77:74-Führung. Es war Werbung für den Basketball, und für die FCB-Basketballer. Es war tatsächlich: ein in jeder Hinsicht denkwürdiger Abend.

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