Süddeutsche Zeitung

Bayerns neuer Niederländer:Durchstarten auf holprigem Rasen

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Mark van Bommel gibt seinen Einstand am Millerntor, und auch wenn er erst zwei Trainingswochen hinter sich hat: Die Bayern erwarten viel von ihm.

Markus Schäflein

Bis zum ersten Wortspiel hat es erwartungsgemäß nicht lange gedauert. "Nimmt van Bommel den Bayern den Bammel?", fragte Bild nach der Vorstellung des 29-jährigen Zugangs vom FC Barcelona.

Bevor er seinen Kollegen die mutmaßliche Angst vor der Champions League nimmt, muss der Niederländer allerdings erst seine Rolle im Team finden - Gelegenheit dazu hat er bei seinem ersten Bayern-Spiel, am Samstagabend in der ersten Runde des DFB-Pokals beim Regionalligisten FC St. Pauli.

"Er muss sofort in die Vollen gehen und zeigen, dass er beim FC Bayern angekommen ist", fordert Trainer Felix Magath, "er soll zeigen, dass er Spiele entscheiden kann." Nach den Enttäuschungen in Barcelona und bei seiner Nationalmannschaft, wo er zuletzt nicht einmal eingeladen wurde, würde van Bommel ein guter Start besonders helfen. Der Champions-League-Sieger muss sich erst einmal auf holprigem Untergrund gegen einen Regionalligisten beweisen.

Den geringen Respekt seines Trainers vor großen Namen hat van Bommel am Beispiel Lukas Podolskis bereits mitbekommen; Magath beharrt noch immer auf dem Trainingsrückstand des Stürmers. Die vier Tore in der Nationalelf beim 13:0 über San Marino findet Magath zwar "erfreulich", das Spiel gesehen hat er aber angeblich nicht ("es gibt auch andere schöne Beschäftigungen außer fernsehen"). Und so tut van Bommel das Richtige, lobt erst einmal das "anstrengende, aber sinnvolle" Training und verspricht: "Ich fühle mich super und werde alles tun, dass wir als Sieger vom Platz gehen."

Schon als Kind war der FC Bayern sein Lieblingsverein

Auch Manager Uli Hoeneß hegt hohe Erwartungen: "Wir hatten das Gefühl, dass da ein ziemliches Loch hinter den Spitzen ist. Das kann er beheben." Van Bommel könne den Ball behaupten, den entscheidenden Pass spielen, er sei torgefährlich und kopfballstark. Die Fans, die sich beim letzten Training vor der Abreise in van-Bommel-Trikots um die besten Plätze drängten, sollten aber bitte "nicht zu viel erwarten", wünscht sich der Niederländer. Er werde dem Spiel nicht gewaltsam seinen Stempel aufdrücken. Am liebsten redet er vom Team, das gemeinsam gewinne und in das er sich integrieren müsse - am wichtigsten sei schließlich der Erfolg des Klubs.

Kein Wunder, schließlich hat der Niederländer unlängst bekannt gegeben, der FC Bayern sei schon sein "Lieblingsverein" gewesen, als er als Kind jeden Samstag die deutsche Sportschau angesehen habe. Zweifel sind erlaubt: Vor einem Jahr hatte er beim Dienstantritt in Spanien erklärt, er habe als Junge in der Bettwäsche des FC Barcelona geschlafen.

Vielleicht hatte er als Schüler tatsächlich viele Lieblingsklubs und viele Bettbezüge. Fanartikel des FC St. Pauli jedenfalls besaß er nicht, was jetzt durchaus öffentlichkeitswirksam gewesen wäre. Schließlich ist sein neuer Arbeitgeber mit den Hamburgern befreundet, seit er ihnen in einem Freundschaftsspiel die Einnahmen überließ, um ihre Existenz zu sichern.

Das verhielt sich ungefähr so, als würde die Deutsche Bank als Sponsor bei einem Punkfestival einsteigen: Die einen gewinnen finanziell, die anderen verbessern ihr Image bei ungeahnten Zielgruppen. "Uns liegt am Herzen, dass so ein Kultklub weiter besteht", sagte Magath beim letzten Training in München vor der Abreise nach Hamburg. Und auf der Bayern-Homepage ist Uli Hoeneß mal wieder mit dem Retter-T-Shirt des FC St. Pauli zu sehen.

Auch Barca wird schlagbar

Van Bommel hat sich zumindest informiert: "Die spielen in braunen Trikots und haben eine heiße Atmosphäre im Stadion." Dass die Münchner den Hamburgern schon wieder zu Pokal-Einnahmen verhelfen, ist allerdings dem Los zu verdanken. Im Frühjahr siegten die Bayern im Halbfinale 3:0. "Überraschen können die uns nicht mehr", meint Magath.

Dafür warten alle auf positive Überraschungen von Mark van Bommel. Stürmer Roy Makaay sieht in der Verpflichtung "ein Signal, dass man etwas vorhat, nicht nur in der Bundesliga. Einen Typ wie ihn, mit diesem Zug von hinten nach vorne, brauchen wir. Er stößt anders in die Spitze als Michael Ballack." Mit van Bommel bekomme das Team "mehr Möglichkeiten" und könne "auch den FC Barcelona schlagen".

Vorerst gilt es aber, den FC St. Pauli zu besiegen. Falls sich van Bommel mit einem Treffer einführt, sind weitere Wortspiel-Schlagzeilen garantiert. Die Dichter der Überschriften müssen allerdings Vorsicht walten lassen: Der Sportkolumnist des Stadtmagazins in münchen hat sich nach eigenen Angaben die Formulierung "van Bimmel, van Bommel, van Bumm!" patentrechtlich schützen lassen.

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SZ vom 9.9.2006
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