Bayerns 6:0 gegen Dortmund:Hat hier jemand Topspiel gesagt?

Bundesliga - Bayern Munich vs Borussia Dortmund

Das 6:0 ist der zweithöchste Sieg des FC Bayern gegen den BVB in der Bundesliga-Historie.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern gewinnt in der Bundesliga 6:0 gegen Borussia Dortmund - die Spieler erkennen aber noch "ein, zwei Schwächen" vor dem Duell in der Champions League in Sevilla.
  • Karl-Heinz Rummenigge kündigt an, dass bis "spätestens Ende April" der Nachfolger von Trainer Jupp Heynckes feststehen soll.
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Aus dem Stadion von Maik Rosner

Als Mats Hummels hinterher über das spektakuläre 6:0 (5:0) gegen Borussia Dortmund und das anstehende Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Sevilla sprach, klang er beinahe so emotionslos, als befasse er sich mit einer staubtrockenen Aufgabe wie einer Steuererklärung. "Wir sind nicht perfekt, bei weitem nicht", sagte der Bayern-Innenverteidiger und verwies auf "ein, zwei Schwächen", die man abstellen müsse. "Aber das große Ganze passt", befand er nüchtern.

Wohlgemerkt nach einem halben Dutzend Toren, mit dem die Münchner die Dortmunder in diesem Prestigevergleich demontiert hatten. Dennoch erwartet Hummels in Sevilla "eine unglaublich schwierige Aufgabe". Mehr noch: "Wir wissen, dass wir ohne eine verdammt starke Leistung am Dienstag verlieren werden." Mehr Sachlichkeit geht kaum.

Vermutlich lag das auch daran, dass das Spiel gegen Dortmund wie ein Beleg für die konträre Entwicklung der beiden vermeintlich führenden Mannschaften Deutschlands dahergekommen war. Nicht allein wegen der Tore von Robert Lewandowski (5./44./87.), James Rodríguez (14.), Thomas Müller (23.) und Franck Ribéry (45.+1). Es war vor allem die Unterlegenheit in jeglicher Hinsicht, die Dortmund zu spüren bekam. "Sie haben mit uns Katz und Maus gespielt", sagte BVB-Kapitän Marcel Schmelzer.

Ein regelrechter Klassenunterschied

Die Bayern dagegen hatten sich nach Lust und Laune auf die vermutlich echte Herausforderung beim FC Sevilla einstimmen und in der zweiten Halbzeit dafür schonen dürfen. Und sie hatten dabei nicht einmal eine Viertelstunde benötigt, um den Werbetitel des Abends zu widerlegen. Ein sogenanntes Topspiel hatten die Spielplangestalter vorgesehen, doch top war an diesem Spiel nur eine der beiden Mannschaften. Das galt besonders in der ersten Halbzeit, in der die Zuschauer Augenzeugen des vermutlich einseitigsten Topspiels der Bundesligageschichte wurden. Es war ein regelrechter Klassenunterschied zwischen dem Tabellenführer FC Bayern und dem Dritten Dortmund zu bestaunen, und Ausdruck fand dieser auch rasch im Resultat.

Schon nach fünf Minuten lagen die Bayern vorn, nachdem Lewandowski von Müller steil geschickt worden war und Dortmunds Torwart Roman Bürki mühelos überwand. Ähnlich leicht kam James nach David Alabas flacher Hereingabe wenig später zum 2:0. Ebenso wie Müller zu seiner Volleyabnahme zum 3:0, dem eine Flanke von James vorausgegangen war. "Wir haben rasant losgelegt und einfach weiter draufgehalten", sagte Müller und stellte beruhigt fest: "Wir sind zu unserem Selbstverständnis nach dem Spiel in Leipzig zurückgekehrt." Dort hatten die Münchner zuletzt 1:2 verloren.

Nun ging als beste Nachricht für die Borussia nach 23 Minuten durch, dass es nicht schon 0:4 aus ihrer Sicht stand. Einem Tor von Ribéry war zwischenzeitlich die Anerkennung nach einem Videobeweis verweigert worden, weil der Franzose leicht im Abseits gestanden hatte. Beispielhaft für die Demontage des BVB stand diese Szene dennoch. Denn Ribéry hatte den Ball im Fünfmeterraum in aller Ruhe annehmen und nach einem coolen Hüftwackler einschieben können.

Ebenso symptomatisch geriet Gonzalo Castros missglückter Tunnelversuch gegen James zentral vor den beiden weit auseinanderstehenden Innenverteidigern vor dem 3:0. Trainer Peter Stöger nahm Castro kurz darauf vom Feld und brachte dafür Julian Weigl. Doch grundlegend änderte sich nichts an der Hilflosigkeit seiner Mannschaft gegen die Bayern, die wie eine Naturgewalt über den BVB hereinbrachen. "Wir haben das super gemacht, Dortmund nicht so", sagte Arjen Robben trocken. Man sei von dem Anspruch, den Münchnern mal näher zu kommen, "relativ weit entfernt", stellte Stöger später fest.

"Spätestens Ende April" soll Heynckes' Nachfolger feststehen

Kurz vor der Halbzeit trafen die Münchner noch zwei weitere Male, jeweils unter maßgeblicher Beteiligung von Ribéry. Zunächst bereitete er mit einem Dribbling an der Grundlinie entlang Lewandowskis 4:0 vor. Dann lupfte Ribéry nach einem Doppelpass mit James lässig zum 5:0 ein. Der zweithöchste Bundesligasieg der Bayern gegen Dortmund in 115 Vergleichen, jeweils ein 5:0 aus den Jahren 2008 und 2005, war damit bereits eingestellt. Und selbst der höchste, das 11:1 aus dem Jahre 1971, schien zu diesem Zeitpunkt nicht völlig abwegig. Unrealistisch schien höchstens, dass Dortmund ein Tor erzielen würde. "Die ersten 45 Minuten waren eine Galavorstellung. Wir haben unsere technische und spielerische Überlegenheit ausgespielt", befand Trainer Jupp Heynckes.

Dass die Bayern den amtlichen Gewinn ihres 28. Meistertitels und des sechsten in Serie voraussichtlich auf das kommende Ligaspiel beim FC Augsburg vertagen müssen, stand durch Schalkes 2:0 gegen Freiburg schon vor dem Anpfiff fest. Und ebenfalls vor dem Anpfiff unterstrich Karl-Heinz Rummenigge noch einmal die Herangehensweise an zwei zentrale Personalien.

"Wir wollen einen deutschsprachigen Trainer. So wird es auch sein", sagte der Vorstandschef bei Sky und kündigte an, den Nachfolger des am Saisonende in seinen unterbrochenen Ruhestand zurückkehrenden Heynckes bis "spätestens Ende April" präsentieren zu wollen. Zuletzt waren als Kandidaten immer wieder Jürgen Klopp (Liverpool), Niko Kovac (Frankfurt), Ralph Hasenhüttl (Leipzig) und Lucien Favre (Nizza) genannt worden. Sportdirektor Hasan Salihamidzic habe bereits Gespräche mit mehreren Trainern geführt, darunter auch mit Thomas Tuchel. Dass dieser wegen der Unterschrift bei einem anderen Verein abgesagt habe, sei "kein Problem für uns", sagte Rummenigge, "wir sind entspannt". Das gelte ebenso in Bezug auf das angebliche Werben von Real Madrid um Lewandowski. "Er spielt gesichert in der kommenden Saison bei Bayern München. Darauf nehme ich gerne Wetten an", sagte Rummenigge.

Zuwenden konnte sich das Publikum diesen begleitenden Themen auch deshalb, weil die Ereignisdichte auf dem Platz in der zweiten Halbzeit deutlich abnahm. Die Bayern hatten noch ein paar Chancen und kamen durch Lewandowskis 26. Saisontor zum späten 6:0. Der ehemalige Münchner Mario Götze traf bei Dortmunds einziger nennenswerter Chance zudem den Pfosten (67.). Für den Werbetitel Topspiel war das nach wie vor nicht ausreichend.

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