Süddeutsche Zeitung

Bayerns Elfmeter:Elfmeter-Schützen beim FC Bayern: Sie müssen reden

Von Jonas Beckenkamp, Hamburg

Schwer zu sagen, wie viele Pokale der Fußballer Robert Lewandowski schon zu Hause herumstehen hat, aber es ist jetzt einer mehr. Ein Reporter war extra aus Polen nach Hamburg gereist, um die Preisverleihung samt Goldtrophäe vorzunehmen. Er übermittelte seinem Landsmann herzliche Glückwünsche, es folgte eine Plauderei auf Polnisch und dann wechselte ein kleiner Glitzerpott den Besitzer. So stand Lewandowski nach dem 2:1 seiner Bayern vor dem Kabinenausgang des Hamburger Stadions etwas bepackt herum. "Das ist die Auszeichnung für den 'Bravo-Sportler-des-Jahres' in Polen," lautete seine Erklärung, als einer nachfragte. Natürlich, auch Polens Teenies finden ihren "Lewy" spitze.

Das schüchterne Grinsen des Stürmers verriet derweil: Schon okay so ein Pokal, aber lieber wäre ihm eigentlich ein anderer Preis - die gute alte Torjägerkanone. Zwei Treffer gelangen Lewandowski diesmal wieder (darunter sein 50. Bundesligator für den FC Bayern), er liegt nun bei 17 Saisontoren. Nach 18 Spieltagen ist das eine so furchteinflößende Bilanz, dass man ihm durchaus 30 oder mehr zutraut. "Als Stürmer möchte ich natürlich Tore schießen," sagte er, "wie viele Tore für die Torjägerkanone reichen, weiß ich aber nicht. Im Moment ist es noch zu früh, darüber zu sprechen."

Lewandowski freut sich über Müllers Gabe

Mit Reden ist ohnehin noch keiner Jahrgangsbester im Toreschießen geworden - mit ein paar dankbar angenommenen Törchen per Elfmeter schon eher. Beim 1:0 hatte Thomas Müller, Bayerns Elfer-Ausführer vom Dienst, seinem Kollegen den Vortritt gelassen. "Ich musste nach dem Foul von René Adler erst mal meine Knochen sortieren, da habe ich lieber Lewy schießen lassen", erklärte Müller. Doch das war nur eine Hälfte der bayerischen Elferpolitik. Die andere bestand offenbar in einem müllerschen Akt des Altruismus. "Ich habe ihm schon in der Hinrunde in Hannover gesagt, dass er den nächsten machen darf", meinte Müller, alles abgesprochen also.

Lewandowski freute ich über die Gabe, er drosch den Ball in der 31. Minute mit Wumms und Ehrgeiz ins Ziel, doch es blieb die Unklarheit: Müller oder Lewandowski - wer ist nun tatsächlich der erstberechtigte Schütze in der Gunst von Pep Guardiola? Dass die Bayern sich dauerhaft eine Arbeitsteilung bei Strafstößen gönnen, ist höchstens in der Bundesliga denkbar. In der Champions League, wenn es in den K.o.-Spielen wirklich drauf ankommt, dürften die Rollen deutlich verteilt sein. Frage also an Müller: Wer macht's demnächst? "Das ist wieder ne typische Fernsehfrage, ne", antwortete er einem insistierenden TV-Reporter, "ich glaube, das ist klar geregelt, aber wir brauchen auch nicht immer eine Elfmeterdiskussion."

Vielleicht schießt demnächst auch wieder Arjen Robben

Und wenn es sie nun doch gibt? Tore schießt schließlich jeder gern. Auch Arjen Robben würde sicher nicht nein sagen. Denn Arjen Robben findet Arjen Robben den sichersten Schützen. "Alles ist gut", beschwichtigte Müller. Klar geregelt bedeutet für ihn: Er ist die Nummer eins, außer es zwickt ihn wegen Foul-Kollisionen wie in Hamburg. Ob diese Frage auch Lewandowski dauerhaft so für sich beantwortet, ist offen. Er meinte: "Beim nächsten Elfmeter müssen wir wieder reden."

Sehr wahrscheinlich wird das Thema die Bayern weiter beschäftigen. Es sei denn, der Pole wechselt doch noch binnen der kommenden acht Tage zu Real Madrid oder Paris St. Germain. 100 Millionen Euro kursieren nach Angaben der französischen Sportzeitung L'Equipe als Preisvorschlag der Scheichs aus Paris. Unwahrscheinlich, dass die Bayern darauf anspringen. Aber fest steht: Dafür ließen sich ganz schön viele Goldpokale kaufen.

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SZ vom 24.01.2016/ska
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