Bayern unterliegt Villarreal:Hommage an die Kachel

Bayern unterliegt Villarreal: Arnaut Danjuma jubelt nach seinem Tor.

Arnaut Danjuma jubelt nach seinem Tor.

(Foto: Alberto Saiz/AP)

Der FC Bayern verliert im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League mit 0:1 beim FC Villarreal. Für die Münchner ist die beste Nachricht des Tages, dass das Ergebnis nicht höher ausfällt.

Von Javier Cáceres, Villarreal

Am Mittwochmittag saß Giuseppe Bergomi, der italienische Weltmeister von 1982, in der Nähe des Hafens von Castelló in der "Tasca del Puerto" über einem fantastischen Reisgericht. Ein paar Stunden fehlten noch bis zum Beginn der Partie des FC Bayern beim FC Villarreal. Und der legendäre Inter-Mailand-Verteidiger erzählte dort von einer früheren Reise in die Gegend, ein paar Monate nur lag sie zurück. Villarreal war in der Gruppenphase auf Atalanta Bergamo getroffen und damals sei in ihm von Tag zu Tag eine Überzeugung gewachsen: "Villarreals Trainer Unai Emery gehört in die italienische Serie A!" Weil er, und da beginnen die eher schlechten Nachrichten für den FC Bayern, so fantastisch zu taktieren wisse. Und so kam es auch am Mittwochabend: Da siegte dessen Team durch ein Tor von Arnaut Danjuma im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinales gegen den FC Bayern mit 1:0.

"Verdient, dass wir verloren haben", sagte Julian Nagelsmann bei Dazn und monierte: "Wir hatten in der ersten Halbzeit wenig Power in der Verteidigung, in der zweiten war es wild. Das war kein gutes Spiel von uns. Irgendwann wurde es Harakiri. Wir hatten leichte Ballverluste. Da waren zwei, drei Dinger noch dabei." Und Thomas Müller ergänzte: "Dieses 1:0 nehmen wir so mit. Das hätte auch höher ausgehen können. Wir haben heute nicht das Spiel abliefern können, das wir wollten. Wir hatten offensiv nicht diese Power, diese Vielzahl an kreierten Chancen."

Villarreals Klub-Patron Fernando Roig hat ein Milliardenvermögen mit Fliesen gemacht. Rund um das Estadio de La Cerámica stehen gigantische Fabriken, wo die Öfen "24/7" laufen, wie man so schön sagt: Es sei billiger, Nachtschichten zu zahlen, als die Öfen nach dem Ausschalten wieder einzuschalten. Die Profis des FC Villarreal leben fern dieser Orte unentwegter Plackerei. Sie leben in Chalets an der Küste, mit Blick aufs Meer. In Benicàssim, zum Beispiel. Aber ein wenig war das, was sie am Mittwoch gegen den FC Bayern boten, so etwas wie eine Hommage an den Ort, wo sie schaffen gehen.

Es gab wenig, was am Spiel Villarreals anmutig wirkte. Wohl aber dies: die frappierende Organisation, die vor allem um die Idee kreiste, das Rückspiel lebendig zu erreichen. Ganz zu Beginn der Partie schien es, dass die Bayern mit Kingsley Coman auf der rechten Angriffsseite ein Ölfeld entdeckt hatten. Doch als Villarreals ecuadorianischer Linksverteidiger, der auf den spektakulären Namen Pervis Estupiñán hört, die Orientierung gefunden hatte, war's damit auch vorbei. Im Grunde, um das vorwegzunehmen, hatten die Bayern in der ganzen ersten Halbzeit nicht eine ernsthafte Torchance. Dafür gab es, wie gesagt, eine Hommage an die Kachel: Mit vier kurzen, schnellen, direkten Pässen auf einem Raum, der kaum größer war als ein paar Fliesen, hebelte Villarreal in der achten Minute die gesamte Defensive der Bayern aus.

Auf der rechten Seite sah Gerard Moreno, wie Giovani Lo Celso Bayerns Innenverteidiger Lucas Hernández herauszog. Lo Celso bediente Regisseur Dani Parejo, der direkt abzog und damit Torwart Manuel Neuer in die falsche Richtung schickte. Den Schuss lenkte Stürmer Arnaut Danjuma zur 1:0-Führung ins Tor. Dass diese auch noch zur Halbzeit Bestand hatte, lag daran, dass Francis Coquelin im Abseits stand, ehe ihm eine Flanke abrutschte, die in hohem Bogen in Neuers Tor landete.

Zum Vergleich: Der erste Schuss der Bayern, der aufs Tor ging, trug die Unterschrift von Alphonso Davies - und ereignete sich erst in der 66. Minute. Zuvor hatte der FC Bayern zwei Schrecksituationen zu überwinden: Einen gewaltigen 17-Meter-Schuss von Gerard Moreno an die Basis des linken Pfostens (53.). Und einen weiteren Schuss von Moreno, der auf einen Ausrutscher von Bayerns Torwart Neuer zurückging. Bei einem Ausflug an den Mittelkreis spielte er Moreno den Ball in die Füße - doch der Spanier verfehlte aus sechzig Metern das Ziel (63.).

Kurz danach reagierte Bayerns Trainer Julian Nagelsmann. Er wechselte Thomas Müller aus und brachte dafür Leon Goretzka, der den zuvor zumeist sterilen Angriffsbemühungen ein Plus an Aggressivität verlieh. Dass diese so fruchtlos daherkamen, lag an der faszinierend zu beobachtenden Defensivstrategie der Spanier. Sie schafften es immer wieder, ihren Strafraum mit hoher strategischer Intelligenz so zu bevölkern, dass kein Durchkommen war. Immer wieder gruppierten sich alle verfügbaren gelben Männchen um die kantigen Innenverteidiger Pau Torres und Raúl Albiol, die Bayerns Torgaranten Robert Lewandowski trockenlegten. Das gleiche vollbrachte der argentinische Rechtsverteidiger Juan Foyth mit Davies und Serge Gnabry. Er neutralisierte die linke Flanke der Bayern, bis er kurz vor Schluss von Krämpfen geschüttelt aufgeben musste.

Es gab aber eine durchaus gute Nachricht für die Bayern: Das Resultat hätte weit schlimmer ausfallen können (oder müssen). Die Möglichkeit, es kommende Woche im Rückspiel in der Münchner Arena zu drehen, ist überaus realistisch, es muss nicht mal ein 7:1 wie gegen Salzburg sein. Aber seine Unbeflecktheit hat der FC Bayern verloren. Er ist die längste Zeit die einzige ungeschlagene Mannschaft der laufenden Champions-League-Saison gewesen. Wegen einer Niederlage beim FC Villarreal, das sie wegen der gelben Vereinsfarbe und dem berühmten Beatles-Song "das gelbe U-Boot" nennen, "Yellow Submarine". Die Chancen auf eine Visite in Liverpool sind nicht schlechter geworden.

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