Bayern verliert:Heynckes verliert und ärgert sich über Hoeneß

Borussia Moenchengladbach v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

In dieser Saison nicht mehr ungeschlagen: Jupp Heynckes.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Martin Schneider

Jupp Heynckes braucht mit dem Auto von seinem Haus in Schwalmtal bis zum Borussia-Park in Mönchengladbach 17 Minuten. Wenn die Straße frei ist. Der Bayern-Trainer ist mit Gladbach verbunden - per Straße, per Geschichte und mit dem Herzen. Und ausgerechnet gegen die Borussia verliert er als Bayern-Trainer immer als erstes. Als er 2012 zum dritten Mal an der Säbener Straße übernahm, unterlag er in seinem ersten Spiel 0:1 gegen Gladbach. Und nun hat er auch bei seinem vierten Engagement seine erste Niederlage gegen Gladbach kassiert. Nach neun Siegen endet damit der perfekte Start als Bayern-Trainer in seiner Heimat.

Die Tore von Thorgan Hazard per Elfmeter (39. Minute), Matthias Ginter mit einem Abstauber (44. Minute) reichten der Borussia, der Anschlusstreffer von Arturo Vidal in der 74. Minute kam zu spät. Zudem mussten Juan Bernat und James Rodriguez angeschlagen ausgewechselt werden, Heynckes musste wegen der angespannten Personalsituation mit Marco Friedl und Kwasi Wriedt zwei Amateurspieler einwechseln. Bei Gladbach wurde Christoph Kramer nach einem heftigen Zusammenprall mit dem eigenen Mann schon nach elf Minuten ausgewechselt.

"Das Spiel haben wir in der ersten Halbzeit verloren", stellte Heynckes im TV-Sender Sky fest. "Wir haben viel zu wenig investiert, zu langsam gespielt und gar nicht richtig in den Rhythmus gefunden. Gladbach hat sein Spiel auf Konter angelegt und hat taktisch klug gespielt." In der zweiten Hälfte sei es nur noch "ein Spiel auf ein auf ein Tor" gewesen, aber es habe nicht gereicht. "Wir haben gekämpft, es war ein hartes Stück Arbeit gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft. Wir wussten, dass wir nicht viele Chancen bekommen", sagte Borussia-Keeper Yann Sommer im TV-Sender Sky. "Am Schluss kann man sagen, einigermaßen verdient gewonnen.

"Bayern-Verteidiger Niklas Süle war indes bedient: "Wir hatten fünf Minuten, wo wir dann 0:2 zurückliegen. Ansonsten hatten wir viel mehr vom Spiel. Natürlich schade, dass wir verloren haben. Es hat nicht gereicht." Am meisten ärgerte ihn aber der Handelfmeter, den er verursacht hatte: "Wenn das ein Handspiel ist, ist es wirklich traurig, wie so ein Spiel entschieden wird."

Verärgert reagierte Heynckes auf die Aussagen von Uli Hoeneß bei der Jahreshauptversammlung. Dort hatte der Bayern-Präsident gesagt, er halte es für möglich, dass Heynckes auch über den Sommer hinaus Bayern-Trainer bleibt: "Ich weiß nicht, was Uli bewegt hat, so etwas zu sagen. Wir haben eine ganze klare Vereinbarung, und die geht bis zum 30. Juni. Ich möchte dazu nicht jede Woche Stellung nehmen. Das ist eine ganz klare Vereinbarung, dabei bleibt es auch. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Das war in der Generalversammlung und dann ist man schon einmal emotional."

Das Spiel begann zunächst mit einem Gruß an einen verletzten Kameraden. Die Bayern-Spieler kamen alle mit dem Trikot mit der Nummer sechs und dem Namen von Thiago auf das Feld. Der Spanier hatte sich im Champions-League-Spiel gegen Anderlecht am vergangenen Mittwoch einen Muskelteilriss im Oberschenkel zugezogen und fällt auf unbestimmte Zeit aus. Auch Arjen Robben verletzte sich in diesem Spiel - allerdings nicht so schwer. Zusammen mit Thomas Müller und Franck Ribéry, die zwar wieder trainieren, aber noch nicht fit sind und Kingsley Coman, der es nach einer Blessur am Fuß zunächst nur auf die Bank schaffte, blieben dem FC Bayern noch ganze zwei Offensiv-Spieler übrig: Robert Lewandowski und James Rodriguez.

Vidal gerät mit Ginter aneinander

Heynckes verwaltete diesen Mangel, indem er ein 4-1-4-1-System spielen ließ mit Javi Martínez als einzigem Sechser. Das Spiel begann unspektakulär - bis zur achten Minute. Jannik Vestergaard und Christoph Kramer schauten beide auf den Ball - und Kramer krachte mit dem Kopf gegen die Schulter des Dänen. Wie schon im WM-Finale, als er sich nach einem Schlag an Teile des Spiels nicht mehr erinnern konnte, lag Kramer benommen auf dem Platz. Dieses Mal spielte er aber nicht weiter, er wurde mit einer Trage vom Platz gebracht, Tony Jantschke ersetze ihn. Nach dem Spiel gab die Borussia Entwarnung: Kramer habe schon wieder in der Kabine gefeiert.

Kurz darauf hatte Raffael die große Chance zur Führung für Gladbach: Thorgan Hazard gewann den Ball im Mittelfeld, Lars Stindl legte auf den Brasilianer ab und wie schon in Anderlecht brachte Sven Ulreich einen Fuß in den Schuss und rettete seine Mannschaft vor dem Rückstand.

Es passierte danach nicht viel. Raffael hatte ein paar gute Szenen, Corentin Tolisso köpfte einen Ball über die Latte, aber meist stand Gladbach sicher und Bayern hatte keine Ideen, wie sie die beiden Viererketten auseinandernehmen sollten. Erst in der 30. Minute wackelte die Borussen-Abwehr ein bisschen. Sebastian Rudy kam zum Schuss, feuerte aber zu unplatziert auf das Tor von Yann Sommer.

In der 33. Minute rasselten die nächsten Köpfe gegeneinander. Auch James Rodriguez und Tony Jantschke schauten nur auf den Ball und stießen mit den Schädeln zusammen. Nach kurzer Behandlung konnten beide zunächst weiterspielen. Warum Arturo Vidal und Matthias Ginter anschließend aneinandergerieten und Vidal für seinen Schubser gegen Ginter ohne Verwarnung davonkam - darüber konnte man nur spekulieren.

Süle verursacht den Elfmeter

Den anschließenden Elfmeter fand eigentlich nur der Sünder diskussionswürdig. Niklas Süle berührte im Zweikampf gegen Hazard den Ball mit der Hand - Schiedsrichter Manuel Gräfe zeigte auf den Punkt. Eine kurze Rückversicherung beim Videoschiedsrichter bestätigte ihn in seiner Entscheidung. Hazard schoss den Ball Millimeter an Ulreichs rechtem Handschuh vorbei ins Eck.

Der FC Bayern tippte nach dem Rückstand aufs Gaspedal, beschleunigte sein Spiel und drückte mit mehr Kraft auf die Gladbacher Abwehrreihen. Drei Minuten vor der Pause verpasste Lewandowski mit einer Weltklasse-Aktion den Ausgleich. James Rodriguez schlug eine Flanke auf gut Glück, er fand den Kopf von Vidal , der zum stark bedrängten Polen ablegte. In einer Bewegung nahm der den Ball mit, legte ihn sich selbst auf die Hacke und traf den Pfosten.

Das Ergebnis der bayerischen Drangphase: Das nächste Gegentor. In einer Situation, die man verteidigen können muss. Gladbach hatte an der Eckfahne den Ball, konnte sich aber befreien. Lars Stindl sprintete in den Sechzehner, legte quer und Ginter - im Hauptberuf Abwehrspieler - schaffte es fast noch, den Ball frei am Tor vorbeizuschieben. Aber nur fast.

Coman trifft den Pfosten

Kurz danach musste der gerade erst genese Juan Bernat vom Platz, eine Vorsichtsmaßnahme, wie Heynckes später erklärte. Der Bayern-Trainer entschied sich zunächst gegen den jungen Marco Friedl und wechselte Kingsley Coman ein. Arturo Vidal spielte ab diesem Zeitpunkt Außenverteidiger. Der Plan von Heynckes war aber schon nach der Pause wieder obsolet, weil James angeschlagen in der Kabine bleiben musste. Nach Auskunft von Jupp Heynckes hatte er sich beim Zusammenprall mit Jantschke eine Gehirnerschütterung zugezogen, er habe nicht mal den Spielstand in der Kabine gewusst. Friedl kam. Auch Jantschke musste in der Kabine bleiben und später ins Krankenhaus gebracht werden - ebenfalls mit dem starken Verdacht auf Gehirnerschütterung.

Fast alle gesunden Münchner rannten in der zweiten Halbzeit erneut gegen das heckingsche 4-4-2 an - aber immer hatte irgendein Gladbacher ein Körperteil dazwischen. Außer in der 66. Minute - da verhinderte zum zweiten Mal der Pfosten den Treffer. Coman hatte geschossen. Heynckes wechselte den zweiten Amateur-Spieler ein. Stürmer Kwasi Wriedt kam für Rudy und sofort fiel der Anschlusstreffer. Nur, dass Wriedt damit nichts zu tun hatte. Vidal schoss aus der zweiten Reihe und Sommer reagierte zu spät. Ein Gegentor, bei dem man zumindest über einen Torwartfehler diskutieren kann.

Bayern versuchte bis zum Schluss alles, die beste Möglichkeit vergab aber Josip Drmic für Gladbach. Durch den Sieg gegen Bremen rückt RB Leipzig bis auf drei Punkte an den FC Bayern ran.

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