Bayern-Trainer Pep Guardiola:Gerüchte aus 1001 Nacht

FC Bayern Muenchen v FC Augsburg - Bundesliga

Bleibt er? Oder geht er? Bayern-Coach Pep Guardiola soll von Manchester City umworben werden.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Nach der kleinen Niederlagenserie des FC Bayern ist das Gerücht aufgekommen, wonach Trainer Pep Guardiola zu Manchester City wechseln könnte.
  • Beim FC Bayern aber gehen sie davon aus, dass Guardiola seinen bis 2016 laufenden Vertrag erfüllen wird - es spricht auch nicht viel dagegen.
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Von Christof Kneer

Es sei "wahrscheinlich oder sehr gut möglich", dass Pep Guardiola in der kommenden Saison Manchester City trainiere, hat am Wochenende Dietmar Hamann gesagt. Das ist ein sehr schöner Satz, weil er alles hat, was man als Satz heutzutage braucht, um es in den Nachrichtenspalten ganz nach oben zu schaffen.

Dabei stört es kein bisschen, dass der Satz ausdrücklich keine Nachricht enthält; es reicht, dass er mit prominenten Namen sowie mit einer provokativen Aussage spielt und von einem Mann stammt, bei dem es wahrscheinlich oder sehr gut möglich ist, dass er mal beim FC Bayern gespielt hat.

Didi Hamann, 41, ist heute das, was man einen Guru nennt. Er gibt für Geld Expertisen ab und schaut dabei gut informiert in die Kamera, und dass hinter seinem Namen der Zusatz "13 Jahre Profi in England" eingeblendet wird, soll dem Urteil noch mehr Wucht verleihen.

Zum Klub gehören auch die Menschen auf den Tribünen

Was hat Hamann also gesagt? Er verwies auf "eine gut informierte Quelle, die mir sagte, dass vor zwei Monaten schon einmal von ManCity angefragt wurde bei Pep Guardiola". Da habe Guardiola "noch nein gesagt", sagte die Zweitquelle Hamann über die anonyme Erstquelle. Inzwischen aber, so Hamann so die Quelle, stehe man "anscheinend in fortgeschrittenen Verhandlungen".

Der FC Bayern hat gerade 0:1 gegen Augsburg verloren, nachdem er zuvor 0:3 in Barcelona verloren hat, davor unterlag er 0:2 in Leverkusen und davor wiederum gab es ein Elfmeterschießen gegen Dortmund, das man als Ausrutscher bezeichnen könnte. So eine klubsatzungswidrige Serie könnte beim FC Bayern schon ausreichen, um einen Trainer ernsthaft in Frage zu stellen, aber kurioserweise tickt dieser Verein im Moment genau andersherum. Es ist nicht so, dass die hohen Herren darüber nachdenken, ob der Trainer noch der Richtige ist, nicht mal ansatzweise tun sie das.

Es ist eher so, dass die hohen Herren fürchten, dass der Trainer die Lust auf ihren Klub verlieren könnte - beziehungsweise: nicht auf den Klub, aber auf manches, was mit dem Klub zusammenhängt. Zum Klub zählt etwa das sogenannte Umfeld, das immer nur krachlederne Siege fordert und jeden Nicht-Sieg reflexartig am Triple-Gewinn des Vorgängers Heynckes misst.

Zum Klub zählen jene Menschen auf den Tribünen, die es dem Trainer reflexartig verübeln, wenn er mal everybody's Lieblingsspieler Thomas Müller auswechselt, obwohl der auch nicht an jedem Tag wie ein Lieblingsspieler Fußball spielt. Und zum Klub gehören auch "die lieben Journalisten", wie Guardiola nach dem 0:1 gegen Augsburg mit süßlicher Ironie sagte.

Wenn Bayern gewinne, sei alles gut, wenn Bayern verliere, sei immer der Trainer schuld, "okay, ist kein Problem für mich". Ist es natürlich schon.

Pellegrinis Ablösung steht bevor

Pep Guardiola kann und mag es nicht verstehen, dass der Gewinn der 25. Deutschen Meisterschaft eine kleine Sache sein soll. Er kann auch nicht verstehen, dass die umfassende Krankenakte seines Kaders nach einem 0:3 in Barcelona in der öffentlichen Wahrnehmung nicht für mildernde Umstände taugt. In so einem Klima gedeihen prächtig die Gerüchte, und gedüngt werden sie aufs Produktivste durch alle möglichen Fakten und Halb-Fakten, die Europas Spitzenfußball zu bieten hat.

Zu den kaum zu leugnenden Fakten zählt etwa die Existenz des englischen Klubs Manchester City, dessen führende Funktionäre Txiki Begiristain (Sportchef) und Ferran Soriano (Klubchef) Guardiolas Vertraute aus gemeinsamen Tagen in Barcelona sind.

Leisten wollen sich die Engländer diesen Coach auf jeden Fall

In England gilt es mindestens als Halb-Fakt, dass City-Coach Manuel Pellegrini zur neuen Saison abgelöst wird, und man kann davon ausgehen, dass die katalanische Manchester-Fraktion in latentem Kontakt zur Fraktion des Trainers Pep Guardiola steht, der sich durch seinen allen Beteiligten bestens bekannten Bruder Pere vertreten lässt; solche Ums-Eck-Sondierungen taugen allein noch nicht zur Top-Nachricht, es wäre eher ein seriöser Entlassungsgrund für die katalanischen Funktionäre, wenn sie sich nicht mit dem katalanischen Trainer beschäftigen würden.

Leisten können und wollen die Engländer sich diesen Coach auf jeden Fall, sie müssen im internationalen Vergleich dringend aufholen, und sie müssen ja auch irgendwohin mit ihren obszön hohen Fernsehgeldern und den noch obszöneren Summen, die vom Klubbesitzer aus Abu Dhabi fließen.

Auch das macht die Gemengelage rund um Guardiola so komplex: dass der Fall tief hineinreicht in die Geheimnisse der arabischen Welt. Der Sender BeIn Sports hatte am Wochenende berichtet, dass Guardiola sich mit Manchester bereits auf ein Engagement für die nächste Saison geeinigt habe, aber mit welchem Interesse ein Sender aus Katar über einen von Abu Dhabi alimentierten Klub berichtet, ist auch für die Experten internationaler Beziehungen schwer zu durchschauen.

Beim FC Bayern gehen sie aber davon aus, dass ihnen die Verwicklungen aus 1001 Nacht erst mal herzlich wurscht sein können. Sie haben zumindest keinen Hinweis, wonach der bis 2016 gebundene Guardiola einen vorzeitigen Abschied plant. Überliefert ist dagegen ein knappes öffentliches Bekenntnis des Trainers, "ich will nächstes Jahr hier bleiben", hat er am Tag nach dem Rücktritt des Teamdoktors Müller-Wohlfahrt gesagt; intern sollen die Spieler inzwischen ein ähnliches Signal von Pep Guardiola empfangen haben.

Bayerns Klubbosse werden nun versuchen, dem etwas verstimmten Guardiola sämtliche Formen von Wertschätzung zu vermitteln, um die Restzweifel am Verbleib des Trainers auszuräumen. Im Klub sind sie auch der Meinung, dass der aktuelle Kader - sofern gesund und ein bisschen personell aufgefrischt - immer noch gut genug ist, um bald die 26. Meisterschaft und vielleicht ein bisschen mehr zu gewinnen.

Ob sie die mittelfristigen Perspektiven des Kaders aber an Guardiola ausrichten, ist fraglich. Es gilt, wie Didi Hamann sagen würde, als "wahrscheinlich oder sehr gut möglich", dass Guardiola am Ende doch bei Manchester City anheuert - 2016, wenn sein Vertrag in München endet.

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