Bayern-Trainer Jupp Heynckes:Herr des guten Klimas

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Wenn die These stimmt, dass eine Mannschaft auch den Charakter ihres Trainers spiegelt, dann ist am überarbeiteten FC Bayern einiges zu erkennen. Zum einen: Jupp Heynckes macht derzeit sehr vieles richtig. Zum anderen: Heynckes ist auch zuzutrauen, dass er in der sich andeutenden Problem-Personalie Arjen Robben den richtigen Ton findet.

Klaus Hoeltzenbein

Ein Urteil über die Arbeit eines Trainers wird beim Abschied gefällt, aber eines lässt sich bereits jetzt behaupten: Die Idee, Jupp Heynckes zur dritten Amtszeit in München einzuladen, war bestimmt nicht die falsche. Nach den mühsamen, den Verein arg strapazierenden Experimental-Tagen mit Jürgen Klinsmann und Louis van Gaal hatte man Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und auch etwas mehr Menschlichkeit erhofft - und das alles unter Verfolgung ehrgeizigster sportlicher Ziele.

Gutes Klima: Jupp Heynckes (links) und Franck Ribéry. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Nun liegt der Klub bei der Reparatur an seinem verletzten Gemüt im Plan, die Zahlen sind imposant: Nach zehn Zu-Null-Spielen in Serie, gekrönt von 28:0 Toren, ist Igor de Camargo fast schon in Vergessenheit geraten. Jener Stürmer aus Mönchengladbach, dem beim 0:1-Schock zum Saisonauftakt der bislang einzige Treffer gegen die neu formierte Defensive um den Souveränität ausstrahlenden Torwart Manuel Neuer gelang.

Wenn die These stimmt, dass eine Mannschaft immer auch den Charakter ihres Trainers spiegelt, dann ist am überarbeiteten FC Bayern schon einiges zu erkennen. Gespielt wird mit der Lust, mit der Heynckes in den siebziger Jahren für eben jene Borussia aus Mönchengladbach stürmte. Und dies in einem Klima, das jedem Profi die faire Chance einräumt, sich in extremer Leistungsgesellschaft respektiert fühlen zu können.

In die Startelf passen immer nur elf Millionäre, aber die vielen Rochaden des Trainers verhindern eine Spaltung in Profis erster (Stammspieler) und zweiter Klasse (Reservisten) - so jedenfalls das erste Echo aus dem Kader. Und Heynckes, der spätestens seit seiner Zeit bei Real Madrid, wo er 1998 die Champions League gewann, weiß, was ein kompliziertes Milieu ist, sagt: Diese Mannschaft ist - bislang - sehr einfach und angenehm zu trainieren.

Das alles mag noch in der Euphorie des Anfangs begründet sein, und der grußlose Abgang von Arjen Robben nach der - aus seiner Sicht - viel zu späten Einwechslung gegen Manchester deutet auf erste Interessenkonflikte hin. Aber das gehört zum Betrieb einer Mannschaft, und Heynckes ist zuzutrauen, dass er auch in dieser Personalie zu einer Moderation findet.

Vermutlich wäre es ihm sogar gelungen, einen besseren Draht zu Verteidiger Breno aufzubauen, dem Brasilianer, der sein Haus angezündet haben soll und jetzt in U-Haft sitzt. "Freiheit für Breno!", riefen die Fans am Mittwoch. Es ist meist zu viel verlangt, an jeden zu denken. Aber Heynckes wird zumindest nach Kräften dazu beitragen, dass in dieser Mannschaft keiner mehr so schnell übersehen wird.

© SZ vom 29.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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