Bayern siegt 7:2:Oktoberfest in Nordlondon

  • Der FC Bayern schlägt Tottenham Hotspur mit 7:2. Serge Gnabry schießt dabei vier Tore.
  • Zunächst kommen die Münchner schwer ins Spiel, geraten sogar durch ein Tor von Son in Rückstand.
  • Aber in der zweiten Halbzeit sind die Bayern nicht zu stoppen.

Von Benedikt Warmbrunn

Das feinste Zuspiel des Abends kam dann doch von Thiago Alcántara. Ein Blick nach vorne, dann spielte er den Ball aus dem Fußgelenk heraus mit viel, viel Gefühl, der Ball flog fast über das halbe Spielfeld. Leicht wie ein Handkuss flog er dahin, genau in den Lauf von Serge Gnabry. Dieser nahm den Ball genauso gefühlvoll an, legte ihn sich selbst vor, ein cooler Abschluss.

Es war das schönste Tor des Abends. Und das siebte. Das letzte war es nicht.

In der 83. Minute der Partie des FC Bayern bei Tottenham Hotspur hatte Gnabry das 5:2 erzielt, es trafen noch Robert Lewandowski (87.) sowie zum vierten Mal an diesem Abend Gnabry (88.), es war eine spektakuläre Schlussphase. Es war das würdige Ende eines Abends, der oft die Richtung gewechselt hatte, doch in all dem Hin und Her hatten die Bayern meistens die Ruhe bewahrt. Sie waren bei diesem 7:2 (2:1) auch getragen von der Überzeugung in ihre eigenen Fähigkeiten. Und von der Überzeugung, dass sie ihre Fähigkeiten gut kombinieren können.

"Wir haben eine super Performance abgeliefert", sagte Gnabry. "Der Hugo Lloris tut mir schon ein bisschen leid", meinte Bayern-Torhüter Manuel Neuer zu seinem Kollegen im gegnerischen Tor. Trainer Niko Kovac sagte: "Was wir in der zweiten Halbzeit gespielt haben, das ist das, was ich mir vorstelle, was ich mir wünsche." Für Kovac war es der erste Sieg gegen eine große Mannschaft in der Champions League, und diesen Abend hatte auch er wesentlich geprägt, schon mit seiner Aufstellung.

Vor die Abwehr ins Mittelfeld stellte er Joshua Kimmich, den er offensichtlich zunehmend als Mittelfeldspieler sieht, nicht als Rechtsverteidiger. Neben Kimmich aber spielte Corentin Tolisso. Und damit nicht Thiago, dieser vielleicht feinste Zuspieler im Kader der Bayern. Thiago jedoch hatte zuletzt auch hin und wieder riskante Pässe gespielt, für den Sicherheitsfanatiker Kovac war das wohl zu viel an Risiko. Er habe sich für "die offensivere Variante" entschieden, sagte der Trainer vor dem Anpfiff, Thiago passte dabei nicht in sein Konzept, da er "ein klassischer Sechser" sei. Schon am Montag hatte Kovac angedeutet, dass er mit Thiago zuletzt nicht immer zufrieden gewesen sei; es war daher eine in sich stimmige Entscheidung. Es war aber auch eine riskante. Gegen den schärfsten Konkurrenten in der Gruppe setzte er auf ein Duo im Maschinenraum des Spiels, das dort kaum aufeinander eingestellt ist.

Dass sich dann ein äußerst unterhaltsamer Fußballabend entwickelte, lag auch daran, dass Tottenham früh erkannt hatte, wo zunächst die Schwachstelle im Spiel der Bayern zu finden war. Der Gastgeber spielte schnell und direkt nach vorne, bevorzugt passte er sich dabei durch die Mitte. Denn dort fehlte zunächst ein Spielertyp: ein klassischer Sechser. (Wobei zu erörtern wäre, ob dieses Stellenprofil auf Thiago überhaupt zutrifft.)

Sechste Minute: Kimmich rückte zu weit nach rechts, Tolisso folgte ihm, es entstand eine Lücke in der Mitte, durch die dann Tottenham passte - schon stand Son Heung-min vor Manuel Neuer, er scheiterte. Zehnte Minute: wieder ein Pass durch die Mitte, Son mit einem Mix aus Flanke und Torschuss, wieder scheiterte er an Neuer. Ruhige Momente hatten die Bayern in dieser Phase nicht. Bis dann in der zwölften Minute Tolisso den Ball vor dem eigenen Strafraum führte. Kein Gegner störte ihn. Dann aber zögerte Tolisso. Er zögerte noch ein bisschen länger. So lange zögerte Tolisso, bis Dele Alli angerannt kam. Tolisso wurde hektisch. Und dann ging alles schnell. Fehlpass, ein kluges Zuspiel von Moussa Sissoko, und dieses Mal scheiterte Son nicht an Neuer.

Die Bayern stimmten sich schon bald besser aufeinander ab, dem Schwung und der Körperlichkeit von Tottenham setzten sie eine Eigenschaft entgegen, die nur Mannschaften unter Druck abrufen, die ein tiefes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten spüren. Der Sieg des FC Bayern an diesem Abend war ein Sieg der Cleverness.

Nur drei Minuten nach dem Rückstand glich Kimmich aus, durch einen wohl temperierten Distanzschuss. Tottenham stürmte und drängte noch ein paar Minuten lang weiter, sie brachten die Bayern auch in leichte Bedrängnis. Dann schlossen die Gäste die Lücken in den eigenen Reihen. Und die Momente, die die Bayern vor dem gegnerischen Tor hatten, die nutzten sie weiterhin cool. Was seine Mannschaft nach der 30. Minute gezeigt habe, sagte Kovac, sei "außerordentlich gut" gewesen. In der 45. Minute leitete Robert Lewandowski eine Szene mit der Hacke ein, es entstand ein Gewühl im Strafraum, dann schnappte sich wieder Lewandowski den Ball. Er traf mit einem wohl temperierten Distanzschuss, der "noch einmal die Sinne geschärft" habe, sagte Kovac.

Zur Pause kam dann Thiago. Allerdings gestand Kovac dadurch keinen Fehler. Thiago kam für Linksverteidiger David Alaba, er spielte nun neben Tolisso im Zentrum. Ob durch Thiago da nun ein klassischer Sechser spielte oder nicht, erst einmal war mehr Sicherheit im Spiel der Münchner. Und die Lässigkeit, die blieb.

In der 53. Minute traf Serge Gnabry nach einem Sololauf, bei dem allen der Atem ausging, nur ihm selbst nicht. Zwei Minuten später erzielte wieder Gnabry ein Tor, nach einem Zuspiel von Tolisso, der zuvor einen schlampigen Fehlpass abgefangen hatte. "Serge hat heute eine Sternstunde gehabt", lobte Kovac. In der 61. Minute traf Harry Kane per Foulelfmeter für Tottenham, die Gastgeber stürmten und drängten daraufhin ein letztes Mal. Doch die Bayern blieben so cool, dass sie sich nicht noch einmal verunsichern ließen. In der 72. Minute kam zur Absicherung Javier Martínez, der unbestritten ein klassischer Sechser ist. Und dann spielte Thiago diesen feinen Pass über das halbe Spielfeld hinweg, der Tottenham endgültig die Überzeugung raubte, dass ihnen gegen diese Bayern noch etwas gelingen könnte.

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