FC Bayern:Zwischen Flapsigkeit und Geistesblitz

FC Bayern Muenchen v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

Thomas Müller - immerhin das - erklärte sich den Post seiner Frau mit Liebe.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern sucht weiterhin die Frische und die spielerischen Lösungen, um defensive Gegner zu besiegen.
  • Beim 1:1 gegen Freiburg geht vieles schief - und dann sorgt noch Thomas Müllers Frau für einen Aufreger mit einem Instagram-Post gegen Trainer Kovac.

Von Benedikt Warmbrunn

Franck Ribéry stand an der Seitenlinie, er wartete ungeduldig auf Arjen Robben, der wiederum eher widerwillig auf ihn zulief. Robben deutete an Ribérys Wange zumindest ein Küsschen an, dann lief er weiter zu Niko Kovac, er drückte dem Trainer kurz die Hand. Schon war er an ihm vorbei. Keiner von beiden, Ribéry nicht, Robben nicht, erweckte in dieser 63. Minute des Heimspiels des FC Bayern gegen den SC Freiburg den Eindruck, als ob Kovac mit diesem Wechsel gerade einen Geistesblitz gehabt haben könnte.

Ribéry nicht, weil er findet, dass jedes Fußballspiel gefälligst von der ersten Minute an mit ihm stattfinden soll. Robben nicht, weil er findet, dass jedes Fußballspiel gefälligst von der ersten Minute an mit ihm stattfinden soll, und zwar übrigens auch bis zur letzten Minute.

Ein Fußballspiel lebt von Geistesblitzen, von denen der Spieler, auch von denen des Trainers, der mit einer kleinen Maßnahme den gesamten Spielfluss neu ausrichtet. Auswechslungen zählten bisher nicht zu diesen Geistesblitzen, aber das hat sich am Samstagnachmittag geändert, und zwar exakt sieben Minuten nach dem Küsschen von Robben für Ribéry.

An der Seitenlinie stand Thomas Müller, im Gespräch mit Trainerbruder und Trainerassistent Robert, direkt hinter Cheftrainer Niko Kovac. Das Spiel des FC Bayern gegen Freiburg war bis zu dieser 71. Minute uninspiriert und leidenschaftslos, so hatte das nicht nur, aber offenbar auch Lisa Müller gesehen, die schräg rechts hinter der Einwechselbank auf der Tribüne saß.

Also fotografierte sie die Kovac-Brüder und ihren Ehemann, lud das Bild bei Instagram hoch und legte darüber einen zweizeiligen Text: "Mehr als 70 Min bis der Mal ne n Geistesblitz hat", in genau dieser Rechtschreibung, aber zusätzlich alles vorwurfsvoll in Versalien gehalten. Dazu setzte sie das Emoji einer brünetten Frau, die sich entsetzt die flache Hand gegen die Stirn klatscht. Dann veröffentlichte sie das Foto. Schon hatte der FC Bayern in ohnehin unruhige Zeiten die nächste Debatte.

Es ging nach diesem 1:1 (0:0) des FC Bayern gegen den SC Freiburg schon auch um das Führungstor von Serge Gnabry (80.), dessen Dribbling durchaus etwas von einem Geistesblitz hatte. Das Foto vom folgenden Jubel lud Lisa Müller ebenfalls auf Instagram hoch, versehen mit der Zeile: "Und 8 Min später". Es ging schon auch um den Ausgleich durch Lucas Höler (89.), der wenig von einem Geistesblitz hatte, da er aus einem wiederholten Muster entstanden war, nach einem Lauf von Christian Günter die linke Seite entlang. Vor allem aber ging es um jenes Foto mit der Emoji-Frau, die sich gegen die Stirn klatscht.

Ein - mutmaßlich geistesblitzig - veröffentlichtes Foto genügt Anfang November 2018 schon, um die allgemeine Anspannung beim FC Bayern zu verstärken. Der Ursprung des Fotos war dabei auch schon nebensächlich. Es war egal, ob Lisa Müller dem Trainer Kovac fehlende Geistesblitze vorgeworfen hat, weil ihr Mann zu Hause etwas in diese Richtung angedeutet hat.

Oder ob sie es ihm vorgeworfen hat, weil sie aufgrund ihrer Fußballexpertise und ihres guten Sitzplatzes selbst zu dem Schluss kam, dass der Partie Ideen fehlten. Es bleibt für den gerade einmal seit vier Monaten in München arbeitenden Kovac nun die Herausforderung, in naher Zukunft nachzuweisen, dass er sehr wohl Geistesblitze hat, auch schon vor der 71. Minute. Denn das Spiel gegen Freiburg konnte diesen Vorwurf nicht entkräften.

Durchkommen müsste man mal - aber wie?

"Dass es spielerisch nicht das war, was man erwartet und erhofft, das ist auch klar", gestand Kovac nach dem Unentschieden, durch das der Rückstand auf Tabellenführer Dortmund vor dem direkten Duell am Samstag auf vier Punkte angewachsen ist. Der Mannschaft und dem Trainer fehlen momentan tatsächlich die Ideen, um gegen eine dicht und laufintensiv verteidigende Mannschaft wie Freiburg zu nennenswerten Chancen zu kommen; ein zu langes Zögern von Robert Lewandowski (26.), ein Seitfallzieher von Robben (34.), das waren bereits die wirklich guten Gelegenheiten. "Was uns im Moment fehlt: die Durchschlagskraft von außen. Da kommen wir nicht gut durch", sagte Kovac. Er hat aber erneut nicht verraten, wie genau er sich das vorstellt, dieses Durchkommen.

Irgendwann wurde der Trainer auch zu dem Foto von Frau Müller befragt. Was er dazu sage? Kovac, auf den Lippen ein freundliches Lächeln, sagte: "Nichts."

Kurz nach dem Abpfiff hatte Lisa Müller die beiden Fotos aus ihrem Profil gelöscht, da waren sie aber schon zigfach in den sozialen Netzwerken verbreitet worden. In die Fernsehkamera hatte Thomas Müller da auch bereits gesagt, dass er diesen Debattenbeitrag "nicht unbedingt super" fand. Dass es sich dabei aber um eine relevante Wortmeldung gehandelt hat, das stufte der FC Bayern selbst am Sonntagmittag so ein.

Unter der Schlagzeile "Lisa Müller entschuldigt sich bei Niko Kovac" veröffentlichte der Verein eine Zweisatz-Meldung auf der klubeigenen Webseite. Demnach hat sich Lisa Müller noch am Samstagabend in der Arena beim Trainer für "ihren Instagram-Post zur Einwechslung von Thomas Müller (71.)" entschuldigt. Kovac habe "die Entschuldigung angenommen".

Nachdem er am Samstag über die Angelegenheit nachgedacht hatte, war Müller noch einer dieser flotten, flapsigen Sprüche eingefallen, die schon so oft abgelenkt haben vom eigentlichen Thema, er sagte: "Es war aus der Emotion heraus. Sie liebt mich halt, was soll ich machen?"

Doch in diesen Zeiten reicht Flapsigkeit nicht mehr, um von all der Unruhe im Verein abzulenken.

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