FC Bayern in der Einzelkritik:Ur-Schwabe Kimmich entgleitet fast das Spiel

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Zufriedene Bayern-Spieler nach einer unnötig spannenden Schlussphase. (Foto: Bernd Feil/Mis/Imago)

Dafür tanzt ein anderer Ur-Schwabe namens Jamal Musiala alle aus. Thomas Müller erreicht mit seiner Torvorlage gegen Stuttgart einen Meilenstein. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Sebastian Winter

Yann Sommer

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Kam im anfänglichen Stuttgarter Nebel schon nach einer guten Minute in Bedrängnis, als er Stuttgarts Stürmer Silas Katompa Mvumpa ausdribbeln wollte, was ihm ziemlich misslang. Eine Viertelstunde später sah er dem fulminanten Fernschuss von Hiroki Ito hinterher, der Zentimeter am Pfosten vorbeistrich. Rächte sich dann später an Silas, als er dessen Schuss in höchster Not entschärfte. Ungemütlicher Abend für Sommer, der wenig zu halten hatte, bei den wilden VfB-Angriffen aber meist den Überblick im Strafraum behielt. Chancenlos beim Gegentreffer, mit Glück ganz am Schluss, als der Kopfball von Tanguy Coulibaly knapp am Pfosten vorbeisprang.

Matthijs de Ligt

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty)

Der Innenverteidiger aus den Niederlanden hat sich bislang bei den Bayern naturgemäß nicht als Torschütze empfohlen, einzig im vergangenen August traf er - per Kopfball - gegen Bochum. Aber da durfte ja fast jeder mal ran, die Bayern gewannen 7:0. In Stuttgart gelang ihm nun sein zweiter Treffer, ein Strich von einem Schuss ins linke Ecke, kurz vor der Pause, der durchaus haltbar war für VfB-Keeper Fabian Bredlow. Auch auf seinem angestammten Platz vor Yann Sommer solide - bis er sich allerdings mitschuldig machte an Stuttgarts Gegentreffer, als er Juan José Perea nicht am Kopfball zum 2:1 hindern konnte.

Dayot Upamecano

(Foto: Bernd Feil/Mis/Imago)

Der zuletzt gegen Union Berlin gesperrte Abwehrchef kehrte für Benjamin Pavard in die Viererkette zurück. Dayotchanculle Oswald Upamecano wird ein eher schwäbisches Naturell zugeschrieben, also ruhig und bodenständig zu sein. War dann fast schon zu ruhig, als er nach einem Eckball von Kimmich den Ball aus vier Metern in Stuttgarts Nachthimmel schoss. In der Defensive zunächst ordentlich gefordert, am Ende der Partie nach dem Anschlusstreffer auch wieder. Zwischendurch die Ruhe in Person.

Josip Stanisic

Soll er am Mittwoch Lionel Messi und Kylian Mbappé stoppen? Rechtsverteidiger Josip Stanisic (links) im Duell mit Stuttgarts Atakan Karazor. (Foto: Leonhard Simon/Reuters)

Hielt zu Beginn gegen Stuttgarts Chris Führich noch einen kleinen Sekundenschlaf, als der ihn wie eine kroatische Weidekuh stehen ließ. Spielte dann aber eine starke erste Halbzeit, oft im Verbund mit Musiala, mit dem das Zusammenspiel nach vorne gut harmonierte. Muss wie de Ligt aber in Mithaftung genommen werden für Stuttgarts Anschlusstreffer - und die für die Bayern völlig unnötige Hektik in der Schlussphase.

Alphonso Davies

(Foto: Bernd Feil/Mis/Imago)

Diesmal von Trainer Nagelsmann in der Rolle des Flügelstürmers aufgeboten, und die füllte Davies sehr ordentlich aus. Flink ist er sowieso, spielte gute Pässe, oft in die Schnittstellen. Lief sich manchmal aber auch fest. Und war Richtung Schlusspfiff fast verwirrt, als er plötzlich den Rückwärtsgang einschalten musste.

Joshua Kimmich

(Foto: Teamfoto/Ulmer/Imago)

Kennt sich gut aus beim VfB Stuttgart, ist ja Ur-Schwabe aus Rottweil, der in Bösingen mit dem Kicken begann und dann im Nachwuchsleistungszentrum des VfB alle Altersstufen bis zur A-Jugend durchlief. Prüfte Bredlow früh mit einem flatterhaften Distanzschuss, den der VfB-Keeper so gekonnt wegbaggerte, als hätte er vorher das Training der Stuttgarter Erstliga-Volleyballerinnen besucht. Kimmich war aber nicht immer die ordnende Hand im Bayern-Spiel, am Ende entglitt es ihm fast.

Leon Goretzka

(Foto: Heiko Becker/HMB-Media/Imago)

Machte erst mit einem eher zurückhaltenden Schuss auf sich aufmerksam, dann nach gut 20 Minuten mit einem enorm wuchtigen Kopfball, dessen einziges Manko darin bestand, dass Stuttgarts Keeper Fabian Bredlow vor lauter Wucht nicht mehr ausweichen zu können. Goretzkas Körperlichkeit fehlte den Bayern am Ende nach seiner Auswechslung auf dem Platz.

Kingsley Coman

(Foto: Leonhard Simon/Reuters)

Seine Kerze über die Bengalofeuer-Nebelbank der Stuttgarter Arena hinweg in der dritten Spielminute täuschte darüber hinweg, dass Coman in diesen Wochen und Monaten einer der formbesten Bayernspieler ist. Immer raumgreifend, immer anspielbar, stark im Zweikampf, torgefährlich. Chancen hatte er auch gegen Stuttgart, auch wenn es sicher nicht sein auffälligster Auftritt war. Seine Auswechslung nach einer guten Stunde beruhte dennoch auf dem Prinzip: Kräfte schonen für Paris.

Jamal Musiala

(Foto: Bernd Feil/Mis/Imago)

Was bestimmt nicht jeder weiß: Musiala hatte nicht nur am vergangenen Sonntag Geburtstag (den er mit einem Tor gegen Union Berlin feierte), er ist auch Ur-Stuttgarter. Vor 20 Jahren kam er im schwäbischen Kessel zur Welt, zog es dann aber schon als kleiner Junge vor, nach Fulda zu wechseln, weil seine Mutter dort ein Studium begann. Bei seiner Rückkehr in die Heimat zeigte Musiala dem Publikum wieder seine Fähigkeiten, tanzte die Stuttgarter aus, immer drauf und dran, sein Werk zu vollenden. Musiala sieht einfach den freien Raum, er antizipiert, das 2:0 der Bayern leitete er wieder unnachahmlich ein. Nur die Vollstrecker-Mentalität, die muss noch auf den Stundenplan.

Thomas Müller

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty)

Der Februar hätte besser laufen können für Thomas Müller. Erst saß der in Pähl zwischen Ammer- und Starnberger See aufgewachsene Oberbayer im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Paris auf der Bank. Dann wurde er gegen Gladbach nach 16 Minuten aus taktischen Gründen vom Platz genommen wurde, nachdem Upamecano die rote Karte gesehen hatte. Dafür bereitete Müller gegen Union Berlin dann zwei Tore vor - und gegen Stuttgart das 2:0 von Choupo-Motings. Es war sein 300. Scorerpunkt. Wuselte in der zweiten Halbzeit auffälliger im Strafraum herum als in der ersten. Und ist bestimmt froh, nicht in Stuttgart aufgewachsen zu sein. Dort sprechen die Menschen ganz anders als dahoam. Und es gibt keine so schönen Seen.

Eric Maxim Choupo-Moting

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Durfte seinen Vertrag vergangene Woche um ein Jahr bis 30. Juni 2024 verlängern. Bekam kurz vor dem Anpfiff dann noch Lob von höchster Stelle. "Er hat uns geholfen, die Stürmerlücke zu schließen", sagte FCB-Sportvorstand Hasan Salihamidzic bei Sky. Vergab seine erste Chance nach knapp sieben Minuten dann aber, als er halblinks frei vor Stuttgarts Keeper Bredlow auftauchte - und im Abseits stand. In der 62. Spielminute stand er dann mal wieder goldrichtig und traf per Rechtsschuss trocken zum 2:0. Eine Minute später durfte Choupo-Moting duschen gehen: Auftrag erfüllt.

Einwechselspieler

Warmspielen für PSG: Sadio Mané bei der Einwechslung gegen Stuttgart. (Foto: Robin Rudel/Imago)

Serge Gnabry, Leroy Sané und Sadio Mané durften sich noch ein halbes Stündchen warmspielen für die Partie gegen Paris Saint-Germain. Ryan Gravenberch und Benjamin Pavard hatten dafür nur noch gute zehn Minuten Zeit. Mané jedenfalls zeigte am Schluss, dass er in diesem Leben kein Kopfballungeheuer mehr werden wird.

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