Bayern-Stürmer:Lewandowski funktioniert auch in Rot

FC Bayern Muenchen v VfL Wolfsburg - Telekom Cup 2014 Final

Glücklich in München: Robert Lewandowski.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Lässt sich der beste Stürmer der Liga einfach verpflanzen? Bei seinen ersten Auftritten für den FC Bayern schießt Robert Lewandowski Tore, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Für die Konkurrenz ein ernüchterndes Signal.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Pep Guardiola hatte sich ein einsames Fleckchen Rasen gesucht. Meterweit stand keiner aus der Bayern-Entourage, ein privater Moment im Trubel. In der Spielfeldmitte hatte sich sein Team aufgebaut, gleich würde es einen Pokal und etwas Konfettiregen geben. Guardiola betrachtete seine Spieler, diesen buntgemixten Haufen aus WM-Zuschauern, WM-Gescheiterten, Nicht-Nationalspielern und Jugendlichen. Läuft ja, wird er sich gedacht haben, und zwar früher als gedacht.

Vielfach wird den Bayern ein schwieriger Saisonstart prognostiziert, auch von ihnen selbst. So viele Baustellen: Die neun Nationalspieler, die noch im WM-Urlaub sind und erst spät ins Training einsteigen. Der Weggang von Toni Kroos. Dazu die Installation von Robert Lewandowski als neuem Protagonisten in der Offensive, die erst einmal gelingen muss.

Nun sind die deutschen Nationalspieler (Lahm, Schweinsteiger, Müller, Götze, Neuer, Boateng) nebst ihrer Kollegen aus Brasilien (Dante), den Niederlanden (Robben) und der Schweiz (Shaqiri) noch nicht im Team angelangt. Doch die Sorge, dass Lewandowski nach vielen Jahren in Dortmunder Schwarz-Gelb bei seinem Start in Rot-Weiß kulturell ein wenig fremdeln könnte, darf bereits als nahezu ausgeräumt gelten.

Es war nur der Telekom-Cup, ein Testturnier, das der FC Bayern am Wochenende in Hamburg gewann, durch zwei Siege gegen Mönchengladbach und Wolfsburg. Alle Teams haben viel gewechselt und probiert, für endgültige Rückschlüsse über die Kräfteverhältnisse im Duell zwischen den Bayern und dem Rest der Liga ist es sicher zu früh. Lewandowski hat die Gelegenheit trotzdem genutzt, um zu zeigen, was die Liga im neuen Dress von ihm erwarten darf.

Drei Tore in zwei Spielen

Drei Tore hat der Pole in zwei Partien erzielt, in 115 Minuten Nettospielzeit. Auch wenn es abgedroschen klingt, ist den Toren zu attestieren, dass eines schöner war als das andere. Sein Lupfer gegen Gladbach, aus 13 Metern aus dem Stand. Sein Torpedo-Kopfball gegen Wolfsburg, nach herausragender Vorarbeit von Franck Ribéry. Kurz darauf sein Schlenzer von jenseits der 16-Meter-Linie, einfach ins lange Eck.

"Es ist für uns nicht von Nachteil, dass er nicht bei der WM war", sagte Sportvorstand Matthias Sammer später, der sich äußerst zufrieden präsentierte. Insbesondere Lewandowskis Zusammenspiel mit Ribéry, einem weiteren WM-Verpasser, klappte stellenweise schon hervorragend. "Robert ist gut für uns", sagte Ribéry.

Lewandowski gab das Lob artig zurück: "Wir haben uns von Anfang an gut verstanden. Und wir können noch besser werden. Das ist noch nicht die Topform." Die monatelangen Querelen um seinen Wechsel nach München, das eine Jahr, das ihn der BVB zum Bleiben verdonnerte - alles scheint ganz weit weg. "Ich fühle mich sehr gut", erklärte Lewandowski, "und es wird jeden Tag besser."

Schlechte Nachricht für die Liga

Am Samstag gegen Gladbach hatten Ribéry und Lewandowski noch ein wenig gefremdelt. Bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt überhaupt kamen nur wenige Zuspiele an, stimmte kaum ein Laufweg. Das sah am Sonntag ganz anders aus. Hier ein Doppelpass, da ein schnell weitergeleiteter Ball; fast immer, wenn beide nacheinander das Spielgerät berührten, wurde es gefährlich. "Ribéry und Lewandowski darf man nicht in Ruhe lassen, dann spielen sie Fußball", klagte Wolfsburgs Manager Klaus Allofs nach dem 0:3 im Finale. Sein Team hatte das eher schlecht hinbekommen.

Allofs sah: Lewandowski, schon zu Dortmunder Zeiten bester Stürmer der Liga, funktioniert auch bei den Bayern. Für Wolfsburg und den Rest der Liga keine gute Nachricht.

Sammers gute Laune hatte aber auch mit den Leistungen einiger Kollegen von Lewandowski zu tun. Etwa mit Juan Bernat, dem Zehn-Millionen-Euro-Zugang aus Valencia, der auf der linken Abwehrseite einen sehr routinierten Part ablieferte, manchmal ein wenig an Bixente Lizerazu erinnerte, was in Münchener Kreisen definitiv als Kompliment zu verstehen ist. Oder mit Gianluca Gaudino, der 17-jährige Sohn des früheren Bundesligaprofis Maurizio, der in den Testspielen bislang viel Einsatzzeit bekommt und Coach Guardiola auf der Sechs große Freude bereitet.

Richtig begeistert zeigte sich Sammer, als er nach Sebastian Rode gefragt wurde, der aus Frankfurt kam und auf den ersten Blick wenige Eigenschaften eines typischen Guardiola-Spielers in sich vereint. Rodes Leistung sei "viel bemerkenswerter" als die des Duos Lewandowski/Ribéry, sagte Sammer. Rode hatte fünf Monate pausieren müssen, sich zurückgekämpft - um nun im zentralen Mittelfeld einen kampfstarken, mitunter auch feinsinnigen Auftritt hinzulegen.

Vieles wird sich noch zurechtrücken, wenn die Münchner WM-Fahrer zum Kader stoßen. Ab sofort sei Sensibilität gefragt, erklärte Sammer: den Rückkehrern gegenüber, sowie gegenüber jenen Profis, die nun die Testspiele bestreiten und danach in die zweite Reihe müssen.

"Wir haben einen guten Spirit entwickelt", sagte Sammer, "wir führen jetzt weiter, was wir angefangen haben." Um dann zu betonen, dass es für Euphorie wirklich noch zu früh sei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: