Bayern-Sportdirektor Nerlinger im Gespräch:"Ich bediene keine Erwartungen"

Christian Nerlinger, Sportdirektor des FC Bayern, über die Lehrjahre unter seinem Vorgänger Uli Hoeneß, seine zurückhaltende Art in der Öffentlichkeit, den Bruch mit Ex-Trainer Louis van Gaal und die Besonderheiten des FC Bayern.

Andreas Burkert, Claudio Catuogno und Moritz Kielbassa

SZ: Herr Nerlinger, welches Gefühl überwiegt vor dem Spiel am Sonntag in Mainz: das gute, weil gegen Villarreal das Achtelfinale der Champions League erreicht wurde? Oder das bittere nach dem 0:1 gegen Dortmund in der Liga?

Christian Nerlinger und Jupp Heynckes

Freudige Zeiten beim FC Bayern: Sportdirektor Christian Nerlinger (rechts) und Trainer Jupp Heynckes.

(Foto: dpa)

Nerlinger: Der Sieg gegen Villarreal. Dass es für uns im letzten Spiel bei Manchester City nicht mehr um Platz eins, zwei oder drei geht, ist eine Riesenleistung in dieser schweren Gruppe. Jetzt können wir uns bis Weihnachten auf den Endspurt in der Liga konzentrieren - wo der Vorsprung ja leider geschrumpft ist.

SZ: Fühlte sich die Niederlage gegen den BVB trotzdem anders an als das 1:3 im Februar? Damals waren Sie chancenlos, der Meistertitel verloren.

Nerlinger:Ja, aber diesmal hätten wir acht Punkte Vorsprung haben können. Und natürlich sollte die Mannschaft bei solchen Big-point-Spielen voll da sein. Aber wir dramatisieren das nicht. Wir haben vorher auch nie die Euphorie in der Berichterstattung mitgetragen - von wegen: die Meisterschaft ist schon bis Weihnachten entschieden! Wir wussten immer: Dortmund ist auch diesmal ein Titelrivale, den wir sehr, sehr ernst nehmen. Wichtig war, dass wir gegen Villarreal den Trend wieder gedreht haben.

SZ: Präsident Hoeneß und Vorstandschef Rummenigge wirkten nach dem Spiel trotzdem genervt - offenbar wegen der Diskussionen, der Einsatz von Arjen Robben sei zu früh gekommen.

Nerlinger: Wenn Uli oder Kalle schlechte Laune haben, kann das viele Gründe haben (lacht). Wir sind alle froh, dass Arjen zurück ist. Es war, von außen betrachtet, ein schnelles Comeback . . .

SZ: . . . eigentlich ungewöhnlich für Trainer Jupp Heynckes.

Nerlinger: Ja. Aber Arjen ist stabil, er hatte davor auf sehr hohem Niveau trainiert. Ein, zwei Spiele noch, dann ist er wieder der Alte. In seinem zweiten Jahr ist er ja auch nach monatelanger Pause glänzend zurückgekommen. Er kriegt von uns jede Unterstützung, er ist ein Weltklassespieler - und er war bei dieser Schambeinverletzung die ärmste Sau.

SZ: Die Debatte um Robbens Wiedereingliederung ist seit Monaten das erste Konfliktthema beim FC Bayern. Wie wichtig ist das verbesserte Arbeitsklima?

Nerlinger: Das spielt eine Riesenrolle. Wir sind jetzt wieder ein Verein, wo alle in die gleiche Richtung gehen. Ohne die Reibungsverluste und Nebenkriegsschauplätze aus der letzten Saison. Und zwei Punkte Vorsprung in der Liga hatten wir in den letzten Jahren um diese Zeit nie.

SZ: 2010 gab es einen besonders finsteren Herbst.

Nerlinger: Die Vorrunde war zäh, mit viel Verletzungspech. Das war fast Überlebenstraining.

SZ: Und es sind Dinge geschehen, die Sie in der Rolle des jungen Sportchefs gefordert haben. Etwa, als Uli Hoeneß den Trainer Louis van Gaal in einer Talkrunde angriff. Empfanden Sie das nicht als Brüskierung: dass sich der Präsident wieder so einmischte ins Tagesgeschäft?

Nerlinger: Nein, so habe ich das nicht empfunden. Uli war nie draußen und wird nie draußen sein. Er ist ein sehr starker, präsenter Präsident und Aufsichtsratschef. Das war jedem klar, das ist so gewollt. Damals ist halt vieles aus Uli herausgebrochen, jeder hat gespürt, dass das Verhältnis der beiden alles andere als intakt war. Uli war nervös, weil er bei van Gaal zu Recht Defizite als Trainer sah - und vor allem als Mensch.

"Es gab extreme Situationen im Umgang mit den Spielern"

SZ: Wie war das für Sie - zwischen zwei so meinungsstarken Alphatieren?

Nerlinger: Van Gaal hat uns auch viele positive Dinge gebracht. Die Spielweise, gerade im ersten Jahr. Die Entwicklung junger Spieler wie Badstuber, Müller. Und die Disziplin in der Mannschaft, die es vorher so nicht gab, das war ja auch eine interne Vorgabe an ihn, als er kam. Im zweiten Jahr haben sich leider die negativen Dinge potenziert: sein Auftreten und die Defizite im Spielstil. Van Gaal ist ein Unikat. Als Trainer hatte er außergewöhnliche Fähigkeiten, und die Mannschaft ist ihm lange Zeit gefolgt. Es gab extreme, schwer zu akzeptierende Situationen im Umgang mit den Spielern, er ging immer an Grenzen - aber dann war er wieder ein Kommunikator, der die Leute mitnahm. Deswegen habe ich lange versucht, loyal zu sein und seinen Weg zu unterstützen. Ab einem gewissen Punkt ging das aber nicht mehr, und das habe ich auch intern deutlich gemacht.

SZ: Der Punkt war für Sie erreicht, als van Gaal im Winter Jörg Butt degradierte und den jungen Torwart Thomas Kraft zur Nummer eins machte.

Nerlinger: Ab da war ich in keinster Weise mehr davon überzeugt, dass die Richtung stimmt. Es geht beim FC Bayern am Ende immer um den Erfolg. Da kann es nicht sein, dass an einen Torwart im Spielaufbau höhere Anforderungen gestellt werden als an Feldspieler. Mir war klar, dass es zwangsläufig zu spielentscheidenden Fehlern kommen wird, wenn ein junger Torwart wie Thomas Kraft diese Vorgaben genau umsetzt. Für mich war es nie leicht mit van Gaal, aber unser Verhältnis hatte sich eingespielt - bis zu diesem Punkt.

SZ: An dem Sie intern die Seiten wechselten, ins van-Gaal-kritische Lager.

Nerlinger: So kann man das nicht sagen. Ich hatte auch vorher nie die rosarote Brille auf, habe intern klar die Probleme beleuchtet. Ich bin auch im erfolgreichen ersten Jahr hier nicht glückselig durch die Gänge gelaufen. Mir war schon nach unserem ersten Gespräch mit van Gaal in Amsterdam klar, dass dieser Philosophiewechsel für den FC Bayern ein Kraftakt wird.

SZ: Für Sie, gerade zum Sportdirektor befördert, wurden es zwei Jahre mit Höhen und Tiefen. Sie sagten kürzlich, Ihr Job sei zugleich der schönste und der schwierigste der Welt.

Nerlinger: Hätten wir das Champions-League-Finale gegen Mailand gewonnen, wäre es die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte gewesen. Das zweite Jahr war dann genauso extrem. Wenn du vier, fünf Wochen vor Saisonende auf Platz vier stehst, ist das für den FC Bayern wie Abstiegskampf pur. Ich persönlich will die Zeit mit van Gaal nicht missen. Nicht jeder Gang ins Büro war mit Vorfreude verbunden, aber es war meinem Reifeprozess sicher dienlich.

SZ: Warum treten Sie in der Öffentlichkeit so zurückhaltend auf?

Nerlinger: In der Öffentlichkeitsbearbeitung ist der FC Bayern doch sehr gut aufgestellt. Wir haben den Ehrenpräsidenten Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß ist öffentlich auch sehr präsent, sein Wort wird gehört. Wir haben Kalle Rummenigge und Karl Hopfner und mit Jupp Heynckes einen Weltklassetrainer - da muss ich nicht unnötig in die Öffentlichkeit drängen. Es sei denn, es ist notwendig. Wie zweimal bei van Gaal.

SZ: Beim Torwarttausch - und als er Ihnen das Recht abgesprochen hatte, über den Zustand des verletzten Ribéry zu sprechen. Da antworteten Sie scharf.

Nerlinger: Ich denke generell nicht, dass ich ein Schweiger bin. Aber ich will keinen Aktionismus betreiben, ich will mich nicht zu allen Themen der Welt öffentlich äußern. Wenn es was zu sagen gibt, werde ich das tun. Aber der FC Bayern braucht kein neues Gesicht. Wir haben genug Gesichter. Ich will in erster Linie in meinem Aufgabengebiet Dinge nach vorne entwickeln - bei den Profis, in der Jugendabteilung, im Scouting.

SZ: Rückblickend: Distanzierten Sie sich jeweils im richtigen Moment von den Trainern Klinsmann und van Gaal?

Nerlinger: Ja, als der Erfolg gefährdet war, habe ich den Standpunkt des Klubs klargemacht und auch öffentlich Farbe bekannt. Wenn ich in meinem Job zu dem Ergebnis komme, dass der Erfolg und die Entwicklung des FC Bayern gefährdet ist, werde ich immer handeln.

SZ: Bedienten Sie auch Erwartungen, etwa von Uli Hoeneß - nachdem zuvor Ihre Nähe zu van Gaal im Hause durchaus kritisch beobachtet worden war?

Nerlinger: Ich bediene keine Erwartungen. Ich tue Dinge, von denen ich überzeugt bin. Immer!

SZ: Hatten Sie zeitweise Sorge, dass auch Ihr Job in Gefahr ist?

Nerlinger: Ich habe immer gesagt: Ich bin ein starker, unabhängiger Partner. Ich habe vom ersten Tag an gespürt, dass meine Meinung zählt, dass ich ernst genommen werde. Bayerische Streitkultur gehört hier natürlich dazu, es muss auch mal krachen, das tut es auch heute noch. Aber intern.

SZ: Aber es ist für Ihre Stellung im Verein jetzt sicher günstig, dass der mit Hoeneß befreundete Heynckes das gute Miteinander mit dem Sportdirektor lobt.

Nerlinger: Es wird auch in Zukunft keine Grundvoraussetzung sein, dass wir nur Freunde von Uli Hoeneß als Trainer aussuchen können. Man muss sich eher die Frage stellen: Passt ein Trainer zur Philosophie des FC Bayern? Van Gaal? Da war das wahrscheinlich nicht so. Auch Klinsmann war eine extreme Konstellation: Einen Trainer aus Amerika zu holen, der vorher immer eher gegen den FC Bayern und seine Philosophie eingestellt war, das war auch nicht ohne.

SZ: Insofern hat auch der Verein Lehrjahre hinter sich. Bleibt nach den Experimenten Klinsmann und van Gaal die Erkenntnis, dass ein Bayern-Trainer vor allem ein guter Moderator sein muss?

Nerlinger:Wir müssen uns in Zukunft sicher sein, dass ein Trainer den notwendigen Respekt vor dem FC Bayern und ein Gefühl für diesen Verein hat. Aber in nächster Zeit stellt sich die Frage nicht: Wir haben ja Jupp Heynckes.

SZ: In Ihrer diskreten Art zu führen erinnern Sie an die Chefs Ihrer Mannschaft, Lahm und Schweinsteiger.

Nerlinger: Man muss Stellung beziehen, wenn es nötig ist, aber in ein Konstrukt wie den FC Bayern muss man Schritt für Schritt hineinwachsen. Mit Sprücheklopfen kannst du in einem 300-Millionen-Euro-Umsatz-Unternehmen zwar Schlagzeilen, aber keine Erfolge produzieren. Mein Weg ist der richtige. Sonst wäre es ja nicht so rasant gegangen: vom Teammanager zum Sportdirektor, jetzt die Hauptversammlung . . .

SZ: . . . bei der verkündet wurde, dass Ihr Vertrag bis 2014 verlängert wird - und dass Sie in ein, zwei Jahren in den Vorstand aufrücken sollen.

Nerlinger: Das muss man schon auch mit einem Stück Gelassenheit angehen und sich aufs Wesentliche konzentrieren. Wenn man die Mannschaft sieht - die Qualität, die Altersstruktur, die Länge der Vertragslaufzeit von Leistungsträgern - das passt. Hier wächst was.

SZ:Es heißt, Sie würden intensiv in die Mannschaft hineinhorchen.

Nerlinger: Ich schaue nicht nur auf den Samstag. Ich schaue mir genau an, was unter der Woche hier passiert. Wie wird trainiert? Wie ist die Chemie? Ich spreche oft mit Spielern, die Dinge sehr gut analysieren können. Diese Kommunikation ist heutzutage das A und O. Auch mit dem Trainer, da muss man sich auf Augenhöhe begegnen.

SZ: Früher besprach Hoeneß die wichtigen Dinge mit dem Trainer immer freitags beim Rotwein im Spielerhotel.

Nerlinger: Da war ich meistens schon auf dem Zimmer (lacht). Bei mir findet vieles schon unter der Woche statt - einfach deshalb, weil Uli damals noch mehr Aufgabengebiete im wirtschaftlichen Bereich hatte. Ich kann immer dabei sein, bei jeder Reise nah dran sein.

SZ: Wie haben Sie Uli Hoeneß als Lehrmeister erlebt?

Nerlinger: Er hat immer gesagt: Es geht um learning by doing. Dinge zu tun, die du nicht am Reißbrett oder durch einen Business-Plan entwirfst. Für ihn hat immer der gesunde Menschenverstand Priorität - Fleiß, Leidenschaft, rund um die Uhr. Und natürlich fällt auf, wie herzlich und offen, aber auch konstruktiv kritisch er in diesem knallharten Geschäft mit Spielern und Trainern umgeht.

SZ: Sie legen Wert darauf, nicht Manager genannt zu werden: Weil Sie keine Kopie von Hoeneß sein wollen, sein können?

Nerlinger: Nein, weil ich kein Manager bin, mein Tätigkeitsfeld beschränkt sich auf die Sportkompetenz. Ein zweiter Uli Hoeneß kommt sowieso nie.

SZ: Wie genau sollen Sie in den Vorstand aufrücken? Für Finanzchef Hopfner, wenn der in den Ruhestand geht?

Nerlinger: Nein, die Finanzen sind nicht meine Welt, obwohl ich das studiert habe. Der Verein will sich auch für die Zukunft gut aufstellen. Für mich ist das der nächste, interessante Schritt. Den reinen Sportdirektor Nerlinger wird's danach nicht mehr geben, ich hätte mehr Verantwortung für den Gesamtverein. Ob es den Sportvorstand Nerlinger geben wird, kristallisiert sich aber erst in den nächsten zwei Jahren heraus. Mir ist klar: Dafür braucht der FC Bayern Erfolge. Damit kann ich leben, das ist gemäß dem Motto: up - or out! Ich werte meine Vertragsverlängerung als klaren Vertrauensbeweis. Und hier, in einem Team von Top-Machern, ist jedes Jahr Erfahrung Gold wert.

SZ: Über sich selbst haben Sie früher mal gesagt: Gäbe es nur Spielertypen wie mich, wäre die Bundesliga langweilig.

Nerlinger: Mir ist schon bewusst, dass Fußball auch Spektakel ist. Trotzdem: Ich kann und will nach außen niemand sein, der ich nach innen nicht bin. Das würden die Spieler heutzutage schnell merken, dann bist du nicht glaubwürdig.

SZ: Zweimal haben Sie in der Vergangenheit gegen Trainer gestichelt: gegen die Zaunbesteigung des jubelnden Mainzers Tuchel und gegen Jürgen Klopps, wie Sie sagten, "fast psychopathische" Gestik und Mimik. Das wirkte dann doch mal so, als wollten Sie Hoeneß, den Meister der Abteilung Attacke, kopieren. Und es passte nicht zu Ihnen.

Nerlinger: Ich fand das nicht Attackemäßig. Manchmal äußere ich mich eben - wie damals auch über den schlechten Rasen auf Schalke. Der war dramatisch schlechter als der im Englischen Garten, das war wettbewerbsverzerrend - und Absicht. Solche Dinge darf man ansprechen, da muss man sich wehren. Ich kann deutliche Worte sprechen, keine Sorge.

SZ: Sie haben angekündigt, den FC Bayern in manchen Bereichen noch verbessern zu wollen. Ein Schwerpunkt soll die Nachwuchsarbeit sein.

Nerlinger: Ich werde mich auch um Jugend und Scouting noch intensiver kümmern. Wir ernten ja gerade im deutschen Fußball die Früchte dessen, was 2001 im Jugendbereich auf den Weg gebracht wurde. Aber wir müssen jetzt den nächsten Schritt machen und in die Tiefe gehen. Für uns ist es elementar wichtig, weiterhin Eigengewächse wie Müller, Lahm, Schweinsteiger, Badstuber, Kroos, Alaba, Contento zu integrieren. Und unsere Jugendarbeit muss wieder führend in Deutschland werden.

SZ: Das ist sie, gemessen an den Erfolgen der U-Teams, nicht mehr.

Nerlinger: Da werden wir ansetzen: beim Spiel an sich, beim Scouting, beim Schulbetrieb und der internationalen Entwicklung des Fußballs. Grundsätzlich gehört die U23 des FC Bayern in die dritte Liga. Wir wollen den Abstieg in den nächsten Jahren korrigieren, da stehle ich mich nicht aus der Verantwortung. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Ausbildung. Aber wenn du die besten Trainer, das beste Scouting und die beste Infrastruktur hast, dann sollte der FC Bayern auch die besten Talente akquirieren können - und letztlich sollten auch Titel herausspringen. Bei der U19 sind wir in 43 Jahren drei Mal Meister geworden, bei der U17 in 34 Jahren vier Mal. Die Ausbildung war immer hervorragend, aber wir sollten unsere Mia-san-Mia-Mentalität auch in die Jugendteams wieder besser reinkriegen.

SZ: Es geht also um ein neues Gesamtkonzept für den Nachwuchs?

Nerlinger: Wir sind in der Analysephase und werden ein neues Jugendkonzept erarbeiten. Es findet ja ein natürlicher Wechsel statt, wenn Werner Kern als Jugendleiter aufhört. Ihn ersetzt in Jörg Butt jemand, der Strukturen vorgeben kann, der einen breiten Horizont und eine hohe Intelligenz hat. Dazu haben wir mit Michael Tarnat einen sehr fleißigen Sportlichen Leiter. Zu beiden habe ich großes Vertrauen. Auch im Jugendbereich muss ein Miteinander herrschen, da darf es keine Grüppchen und keine Reibungsverluste geben - so, wie wir das auch wieder im oberen Bereich haben.

SZ: Bei den Profis hat auch schon wieder die Kaderplanung für die neue Saison begonnen.

Nerlinger: Wenn Sie den Hype um Mario Götze und Marco Reus meinen - das haben wir noch nicht mal andiskutiert.

SZ: Aber es gibt von Ihnen schon Äußerungen zu den beiden.

Nerlinger: Dass beide gute Spieler sind, ja. Aber da kann ich Ihnen viele nennen. Und ich kann versichern: Manchester-City-Zustände mit weit über 30 Spielern wird es bei uns nie geben. 228 Millionen Euro Verlust - für die wäre es ja ein Desaster, jetzt aus der Champions League rauszufliegen. Beim FC Chelsea sieht es ähnlich aus, da erkennt man keine wirkliche Handschrift, da wird keine Mannschaft entwickelt. Man muss sehr sensibel prüfen, wen man dazuholt. Klar, Reus ist ein interessanter Spieler . . .

SZ: . . . der mit einer Ausstiegsklausel für eine Summe X Gladbach im nächsten Sommer verlassen darf.

Nerlinger: Stimmt, aber es müssen viele Facetten passen. Ein Spieler muss bereit sein für Bayern und die Konkurrenzsituation hier. Und die Frage ist: Wie stark stellt man den Kader auf, ohne dass es zu größerem Konfliktpotential kommt?

SZ: Jupp Heynckes sagt allerdings klar: Der FC Bayern muss jedes Jahr ein, zwei Topspieler dazuholen.

Nerlinger: Er muss ja sehen, wie ein Rotieren stattfinden könnte. Und wir haben natürlich die Erfahrung gemacht, dass wir 2007, 2009 und 2011 - jeweils nach großen Turnieren der Nationalelf - keinen Titel geholt haben.

SZ: Ist das ein wesentlicher Faktor der Planung für 2012/13? Nach der WM 2010 hatte sich Louis van Gaal noch stur gegen Verstärkungen ausgesprochen.

Nerlinger: Klar, dieser Aspekt muss ein Thema sein. Jahre ohne Titel sind hier keine schönen. Wir müssen Verletzungen und Formschwankungen kompensieren können, auch wenn wir aus Überzeugung eher einen Kader im quantitativ unteren Bereich haben wollen. Es kann aber nicht sein, dass wir, wie vor einem Jahr, bei einem Spiel in der Champions League nur Jüllich und Knasmüllner als Feldspieler auf der Bank haben.

Interview: Andreas Burkert, Claudio

Catuogno, Moritz Kielbassa

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