Bayern-Sieg gegen Stuttgart:Sechs Tore als Willkommensgruß

Der Rekordmeister liegt früh zurück - und antwortet mit sechs Treffern: Im ersten Heimspiel der Saison demütigt der FC Bayern den VfB Stuttgart. Thomas Müller brilliert, die Stuttgarter stellen sich nach Meinung ihres Sportdirektors "sehr naiv" an. Am Ende darf auch 40-Millionen-Euro-Zugang Javier Martínez mitspielen.

In diesem Moment war Thomas Müller wirklich hundsgemein. Es war zu Beginn der zweiten Hälfte, es stand gerade 4:1 (oder doch schon 5:1, so genau konnte das bei diesem turbulenten Spielverlauf nun wirklich niemand wissen), da zeigten die Münchner einen wunderbaren Konter. Mario Mandzukic schloss ihn ab, Stuttgarts Torwart Sven Ulreich parierte den Schuss noch mit der rechten Schulter, und jetzt war der Ball auf dem Weg zu Franck Ribéry, der darauf wartete, nur noch schnell per Kopf einzunicken.

FC Bayern München - VfB Stuttgart

Zum Dank eine Umarmung: Bayerns Thomas Müller (li.) wird nach seinem Ausgleich von Franck Ribéry geherzt.

(Foto: dpa)

Doch kurz bevor der Ball auch wirklich zu Franck Ribéry kam, drängelte sich dieser Thomas Müller dazwischen. Kopfball, Tor, kurze Entschuldigung an Ribéry. "Sauer war er nicht, aber als ich ihn da am Boden habe liegen sehen, hat er mir schon ein bisschen leid getan", sagte Müller schmunzelnd.

Tja, so überlegen waren die Bayern an diesem Abend gegen Stuttgart, dass sie sich schon gegenseitig die Tore klauen durften. Mit 6:1 (3:1) besiegten sie den nur in der Anfangsphase ebenbürtigen VfB und schoben sich wieder dorthin, wo sie nach eigenem Selbstverständnis auch hingehören: auf Platz eins der Tabelle.

Die Verantwortlichen der Bayern hatten sich ja aus mehreren Gründen auf diesen Abend gefreut. Erstens, klar, weil sich gegen Stuttgart erstmals ihr 40-Millionen-Euro-Zugang Javier Martínez zeigen durfte, der zunächst noch auf der Bank saß, aber eine knappe Viertelstunde vor Schluss ins Spiel kam. Aber zweitens auch, weil in der Arena statt der gewohnten 69.000 Zuschauer sogar 71.000 Zuschauer saßen - Münchner Zuschauerrekord.

Der überraschendste dieser 71.000 Zuschauer übrigens: Arjen Robben, der wegen einer fiebrigen Erkältung nicht mitwirken konnte. Für ihn kam Bastian Schweinsteiger erstmals in dieser Saison in die Startelf, Toni Kroos rückte auf seine Lieblingsposition, die Zehn, und Müller nach rechts in die Robben-Rolle. Interessanter Nebenaspekt dieser Rochade: Nun stand trotz aller Debatten und trotz aller Transfers der vergangenen Wochen exakt jene Mittelfeld-Formation auf dem Platz, die bereits am zweiten Spieltag der Vorsaison auf dem Platz gestanden hatte.

"Wir waren schon sehr naiv"

Die ersten gefährlichen Momente des Spiels gehörten dennoch den Stuttgartern. Bereits nach vier Minuten kurvte der rechte Flügelstürmer Martin Harnik durch den Münchner Strafraum und schoss so scharf, dass FCB-Torwart Manuel Neuer den Ball nur mit dem letzten Zehntel seiner Fingerspitzen berühren und an die Latte lenken konnte. Knapp 20 Minuten später waren selbst Neuers Fingerspitzen zu kurz: Nach einer Freistoßflanke von Arthur Boka vollendete der im Strafraum von Müller nicht gut gedeckte Harnik (25.) zum 1:0 für den VfB. "Wir hatten ein bisschen Unruhe in der Zuordnung, weil der Jérôme (Boateng) verletzt draußen war", sagte Müller. "Und dann habe ich die Flugbahn falsch berechnet."

Doch nach dieser falschen Flugbahnberechnung begann die Phase, die Bayern-Trainer Heynckes zurecht als "überragende 25 Minuten" rühmte - und in der Thomas Müller eine zentrale Rolle spielte. Schon vor einer Woche, beim anfangs zähen Geduldsspiel gegen Greuther Fürth, war es Müller gewesen, der das erste Münchner Tor erzielte. Auch nun gegen Stuttgart war er ein vitalisierendes Element.

Und so war es kein Zufall, dass er auch den Ausgleich schoss. Mandzukic flankte, in der Mitte zog Müller erst volley ab und reagierte dann am flinksten, als VfB-Torwart Sven Ulreich den Ball nur abprallen ließ - 1:1 (32.). Nur eine Minute später schoss Toni Kroos nach einer Nachlässigkeit im gegnerischen Mittelfeld von knapp außerhalb des Strafraumes, 2:1. Und als kurz vor der Halbzeitpause Luiz Gustavo mit einem Distanzschuss aus knapp 30 Metern traf, schien die Partie schon früh entschieden zu sein.

Qua Selbstverständnis ist es ja so, dass die Bayern Woche für Woche das Spiel gestalten müssen. Aber tatsächlich gibt es kaum eine Spielweise, die dieser Mannschaft mehr liegt, als freie Räume zu nutzen. Doch so viele Freiräume wie die Stuttgarter in diesem Moment anboten, hatten die Bayern selbst beim Spiel gegen die Auswahl eines Biersponsors im Sommer nicht. Und so ergaben sich unmittelbar nach der Halbzeitpause die voraussichtlich vier torreichsten Minuten dieser kompletten Bayern-Saison. 47. Minute: Ribéry spurtet, Müller scheitert an Ulreich, aber Mandzukic trifft.

49. Minute: Müller klaut Ribéry das Tor. 51. Minute: Diesmal flankt Müller und köpft Schweinsteiger. "Wir waren schon sehr naiv", sagte Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic ob der vielen Fehler seiner Mannschaft.

Alle zwei Minuten ein Bayern-Tor, das hätte hochgerechnet bis zum Ende der Partie, ohne Nachspielzeit, ein 25:1 zu ergeben. Doch danach ließen es die Münchner etwas langsamer angehen, wahrscheinlich wollten sie dem neuen Kollegen Martinez bei dessen Deutschlern-Lektion "Die Grundzahlen von eins bis zehn" nicht zu viel auf einmal zumuten. Selbst die rote Karte für Stuttgarts Angreifer Vedad Ibisevic nach einer Tätlichkeit gegen Jérôme Boateng in der 67. Minute und die daraus resultierende Überzahl änderte nichts an dem gegen Ende zurückhaltenderen Rhythmus der Münchner.

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