Bayern-Sieg gegen Ingolstadt:Ein Guardiola-Zettel führt zum Erfolg

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(Foto: Christof Stache/AFP)

Von Lisa Sonnabend

Zettel haben in der Fußballhistorie immer wieder eine bedeutende Rolle gespielt. Bei der WM 2006 bekam Jens Lehmann vor dem Elfmeterschießen gegen Argentinien ein Papier zugesteckt - die deutsche Nationalmannschaft gewann die Partie. Trainer Ewald Lienen wiederum hat im Laufe seiner Trainerkarriere so viele Blätter beschmiert, dass er irgendwann nur noch Zettel-Ewald genannt wurde. Und nun hat auch Pep Guardiola am Samstagnachmittag etwas auf ein Blatt Papier gekritzelt. Der Bayern-Trainer übergab es in der zweiten Halbzeit gegen Ingolstadt aufgeregt an Kapitän Philipp Lahm. Der las sich die Zeilen durch, trug das Schriftstück minutenlang über den Platz, bis er endlich Javier Martínez begegnete. Daraufhin warf auch der Spanier einen Blick darauf.

"Wir wollten nicht nur einen Spieler wechseln, sondern drei oder vier", erklärte Guardiola später seine Zettel-Aktion, "da ist es einfacher, wenn ein Spieler mit den anderen kommuniziert, als wenn ich jeden Spieler raushole". Der FC Bayern, der sich gegen den FC Ingolstadt arg gequält hatte, erzielte wenig später das Führungstor. Robert Lewandowski traf, dann erhöhte Lahm zum 2:0-Endstand. Zumindest vor der Winterpause sind die Bayern nun in der Tabelle nicht mehr einzuholen, sie feierten nach dieser unerwartet kniffligen Partie die Herbstmeisterschaft.

Für Guardiola waren es vor dieser Partie alles andere als besinnliche und gemütliche Adventstage gewesen. Erst nervten ihn die vielen Nachfragen, ob er nun gedenke, seinen Vertrag bei den Münchnern zu verlängern, dann musste er in Mönchengladbach die erste Bundesliga-Niederlage der Saison erklären. Und obendrein hat er nun so viele Verletzte zu beklagen wie in jenem fatalen Frühjahr 2015, als die Bayern-Schrumpfelf im Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona chancenlos blieb. Am Freitag meldete sich nun auch noch Medhi Benatia ab - und Franck Ribéry, ausgerechnet der Franzose also, der nach acht Monaten Pause eben erst ins Team zurückgekehrt war. Nur 13 Angestellte waren gegen Ingolstadt dienstfähig. Guardiola entschied sich, Martínez erneut im Mittelfeld einzusetzen, statt Xabi Alonso stand ihm der junge Joshua Kimmich zur Seite.

Ingolstadt macht die Drohungen war

Doch schon nach wenigen Minuten fuchtelte Guardiola an der Seitenlinie, dicke Falten zogen sich über seine Stirn. Denn Ingolstadt machte tatsächlich sein Versprechen wahr: Der Aufsteiger mauerte nicht. Stattdessen spielte er wie angekündigt forsch nach vorne, presste unangenehm und brachte die Münchner Abwehr immer wieder in Turbulenzen. Die zwei Kinder von Arjen Robben, die neben ihrem versehrten Vater auf der Tribüne Platz genommen hatten, rutschten unruhig auf den Sitzschalen hin und her.

In der 15. Minute müssen die beiden Kleinen dann richtig erschrocken sein: Holger Badstuber sprang Lukas Hinterseer so ungeschickt in den Rücken, dass der Verteidiger eine Platzwunde an der Stirn erlitt und blutüberströmt den Platz verließ. Mit fünf Stichen nähten die Bayern-Ärzte die Wunde und legten einen braunen Turban an. Badstuber schaute etwas benommen, er konnte aber weiterspielen.

Aggressive, sich verausgabende Ingolstädter

Mit den aggressiven, sich verausgabenden Ingolstädtern hatte er weiterhin Probleme. Jedoch nicht nur Badstuber. Das Münchner Spiel war geprägt von unnötigen Fehlpässen und harmlosen Ballschiebereien. Erst in der 25. Minute klaute Martínez zwei Ingolstädtern den Ball, er legte auf Kimmich ab, der mit einem gefühlvollen, weiten Pass den enteilenden Robert Lewandowski bediente. Der Pole lupfte über den herauseilenden Torhüter Ramazan Özcan drüber. Doch der Ball trudelte zu langsam auf das Tor zu - Romain Bregerie angelte ihn noch mit dem rechten Bein heraus.

Ingolstadt zog weiter an und machte so viel Druck, dass der bemitleidenswerte Badstuber einmal sogar mit dem Kopf klären musste. Die Folge: Seine Wunde platzte wieder auf. Ingolstadt nutzte die Minuten in Überzahl: Erst wäre Pascal Groß beinahe durch gekommen, dann musste Manuel Neuer einen flatternden Distanzschuss von Roger abwehren. Jérôme Boateng taumelte bedenklich bei dem Versuch, Stefan Lex zu bremsen, und dann zwang Lukas Hinterseer den Münchner Torhüter noch zu einem Hechtsprung.

Lahm spielt als Rechtsaußen

Nach der Halbzeit sorgten die Bayern dann jedoch für mehr Druck. Philipp Lahm, der inzwischen offensiv als Rechtsaußen agierte, tänzelte sich durch die Abwehrreihen, als wäre er Neymar. Doch der Defensivspieler scheiterte an Özcan. In der 51. Minute ging der behäbige Arturo Vidal vom Platz, der kreative Thiago kam. Als auch diese Maßnahme noch kein Tor bewirkte, schrieb Guardiola besagten Zettel.

In der 65. Minute ging sein Team tatsächlich in Führung. Boateng spielte einen seiner berüchtigten langen Pässe, der zentimetergenau hinter der Ingolstädter Abwehr und direkt vor den Füßen von Lewandowski landete. Im Rutschen zog Lewandowski ab, aus spitzem Winkel landete der Ball irgendwie im Tor. Während er noch auf dem Hosenboden saß, riss Lewandowski die Hände in die Höhe. Der Tabellenführer hatte die Verhältnisse gerade gerückt.

Nur zehn Minuten später dribbelte Thomas Müller erst Roger aus, dann auch noch Torhüter Özcan. Der Ball landete beim offensiven Lahm - und der drosch ihn ins leere Tor. Es war sein erstes Bundesliga-Tor mit links. Ob Guardiola ihm dies auf dem Zettel genauso angeordnet hatte?

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