Bayern-Sieg gegen Dortmund:Götze trifft, das Stadion schweigt

Borussia Dortmund - Bayern München

Sorry, Jungs: Mario Götze verzichtet nach seinem Tor auf große Jubelgesten

(Foto: Federico Gambarini/dpa)

Knapp 70 Minuten leistet Borussia Dortmund gegen den FC Bayern großen Widerstand. Dann trifft ausgerechnet der ehemalige Borusse Mario Götze, am Ende gewinnen die Bayern 3:0. Und die Dortmunder Zuschauer vergessen sogar, ihren Staatsfeind Nummer eins auszupfeifen.

Von Lisa Sonnabend

Als Mario Götze sich in der 55. Minute an der Seitenlinie positionierte und die Stollen kontrollierte, setzte das Pfeifkonzert ein. Der wuselige Mittelfeldspieler lief zum ersten Mal im roten Trikot im Dortmunder Stadion auf, natürlich wurde fortan jeder Ballkontakt von Unmutsbekundungen begleitet. Man hätte Mitleid haben können, auch wenn sich der Bayernspieler durch seinen Vereinswechsel natürlich selbst in die missliche Lage manövriert hatte.

Bedauernswert war die Lage auch für Franck Ribéry, der nach einem Rippenanbruch gar nicht erst nach Westfalen gereist war, auch der frisch operierte Bastian Schweinsteiger blieb nur Zuschauer. Doch im Vergleich zum BVB-Lazarett fielen die Personalnöte der Münchner kaum schlimmer aus als ein leichter Schnupfen.

Jürgen Klopp fehlte beim Bundesliga-Spitzenspiel am Samstagabend die komplette Vierer-Abwehrreihe: Mats Hummels und Marcel Schmelzer hatten sich beim Länderspiel im Wembley-Stadion verletzt, Neven Subotic hatte sich beim letzten Bundesligaspiel gegen Wolfsburg einen Kreuzbandriss zugezogen und Lukasz Piszczek fehlte bereits seit Saisonbeginn. Stattdessen schickte Jürgen Klopp nun den jungen Erik Durm auf den Platz und Manuel Friedrich, der zwar erfahren ist, aber seit Monaten kein einziges Bundesligaspiel mehr absolviert hatte.

Mitleid musste man mit dem BVB dann tatsächlich haben. Die Abwehr hielt zwar ordentlich, doch ausgerechnet Mario Götze erzielte in der 66. Minute ein Tor und bereitete den 3:0-Erfolg der Münchner in einer lange Zeit ausgeglichenen Partie vor. Den zweiten Treffer erzielte Arjen Robben, den dritten Thomas Müller. "Wir sind zufrieden, weil wir gewonnen haben gegen die beste Konter-Mannschaft der Welt", sagte Bayern-Trainer Pep Guardiola nach dem Spiel.

Zu Beginn leistete sich die erste Unsicherheit überraschenderweise nicht die BVB-Verteidigung, sondern die Abwehr der Bayern. Eine Flanke gelangte zu Robert Lewandowski, der jedoch zu überrascht war und den Ball aus kurzer Distanz über Manuel Neuers Kasten jagte (4.).

Fortan testeten dann erst einmal die Bayern die Stabilität der gegnerischen Abwehr. Die Vorstöße in den BVB-Strafraum blieben jedoch so harmlos, dass sie den Ersatzverteidigern keine Probleme bereiteten. Sogar Marco Reus bewarb sich bei Klopp für die derzeit vakante Position als neuer Abwehrchef und köpfelte einen Eckball von Toni Kroos souverän aus der Gefahrenzone (16.). Als Schwachstelle erwies sich zu Beginn ausgerechnet das gut besetze Dortmunder Mittelfeld. Viele Pässe landeten beim Gegner, wodurch sich Kontermöglichkeiten meist schnell erübrigt hatten.

Plötzlich fallen drei Tore

Erst in der 20. Minute gelangte der Ball nach einer Kombination über Kevin Großkreutz, Lewandowski und Jakub Blaszczykowski gefährlich nahe an Neuers Gehäuse, wenige Minuten später zögerte Blaszcykowski im Strafraum zu lange, David Alaba wehrte mit seinem Fuß ab. Reus nutzte dann aus, dass Boateng neben ihm wegrutschte wie ein Auto bei Blitzeis. Doch Neuer parierte den zentralen Torschuss (29). Plötzlich agierten die Dortmunder, als würden sie frisch erholt aus dem Wellnessurlaub kommen und in Bestbesetzung antreten. Die Bayern dagegen griffen zögerlich an, als hätten sie zu viel Respekt vor Manuel Friedrich.

Das erste Mal kam BVB-Torwart Roman Weidenfeller in der 35. Minute mit dem Ball in Kontakt - dafür gleich dreimal hintereinander. Erst scheiterte Mario Mandzukic mit einem Seitfallzieher, dann verzwirbelte Thomas Müller einen Schuss, so dass er zu einem Schüsschen verkam und sanft in den Armen des 33 Jahre alten Neu-Nationalspielers landete. Zwei Minuten später passte Arjen Robben, der BVB-Schreck von Wembley, von links in die Strafraummitte, Mandzukic rutschte Zentimeter am Ball vorbei.

Munter ging es auch in der zweiten Hälfte weiter. Im Bayern-Strafraum sprangen Neuer und Lewandowski aufeinander zu wie zwei erregte Hunde. Sie verfehlten jedoch sowohl den Ball als auch den Körper des Gegners, der Ball tröpfelte knapp am linken Bayern-Pfosten vorbei (51.).

Dann tauschte Pep Guardiola Mandzukic gegen Götze aus (55.), wenig später machte der gelbbelastete Boateng dem genesenen Thiago Platz (64.), Martínez rückte von der Sechser-Position in die Abwehr. Und dann folgte eine Szene, die viele der Fußballfans aus den 207 Ländern, in denen die Partie live übertragen wurde, schon vorausgeahnt hatten: Thomas Müller flankte in den Strafraum. Dort war ein kleiner Mann in rotem Dress zur Stelle, er wurde nicht bedrängt und schoss, halb mit Pike, halb mit Außenrist, unerreichbar ins linke Eck (66.). Mario Götze jubelte nicht, er hob nur ganz leicht die Arme. Das Dortmunder Stadion verstummte, die Zuschauer vergaßen sogar zu pfeifen.

Götzes Tor schien den BVB nicht zu entmutigen, sondern zu reizen. Erst bekam Henrikh Mkhitaryan den Ball alleine vor dem Tor stehend nicht schnell genug unter Kontrolle, dann parierte Neuer einen scharfen Schuss von Reus. Für Mkhitaryan und Blaszczykowski wurden noch der junge Jonas Hofmann und der schnelle Pierre-Emerick Aubameyang (71.) aufs Feld geschickt. Sven Bender machte für Lukas Piszczek Platz (79.). Bei den Bayern kam Daniel Van Buyten für Rafinha (79.).

Die Tore schossen am Ende nicht die gereizten Dortmunder, sondern die Bayern. Thiago schickte Robben einen wunderschönen Pass hinterher, der Niederländer nahm diesen dankbar an und lupfte den Ball ins rechte Toreck (86.). Götze wartete dort bereits am Pfosten, musste aber seinen Kopf nicht mehr hinhalten und so ging nicht auch der zweite Treffer auf seine Kappe. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Müller zentral im Strafraum abzog, Weidenfeller konnte sich nicht mehr schnell genug bücken, auch dieser Ball landete im Netz (87.).

Am Ende blieb es beim 0:3 - ein deutliches Ergebnis, das jedoch den Spielverlauf nicht widerspiegelte, denn derart unterlegen waren die Dortmunder nicht. Jürgen Klopp sagte nach der Partie: "Das zweite und dritte Tor wird dem Spielverlauf nicht mehr gerecht. Bis zum 1:0 hatten wir die größeren Chancen. Da musst du auch mal einen machen." Robben befand: "Das Spiel war auf Augenhöhe." Man könnte also fast ein wenig Mitleid mit dem BVB haben.

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