Bayern-Sieg gegen Arsenal:Gefühlt 95 Prozent

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Jagd auf den Torschützen: Arjen Robben (links) und Javi Martínez feiern das Tor von Toni Kroos (vorne). (Foto: dpa)

Kurze Zeit sieht es so aus, als könnte der FC Arsenal den Bayern im Champions-League-Achtelfinale gefährlich werden. Doch Mesut Özil vergibt die große Chance zur Führung, und nach 37 Minuten sind die Gunners nur noch zu zehnt. Am Ende stellt Toni Kroos die Ordnung wieder her.

Der FC Arsenal baute auf die Hilfe prominenter Superhelden. "Am Mittwochabend treten wir gegen die offiziell beste Mannschaft der Welt an", gab Mittelfeldspieler Mesut Özil vor der Champions-League-Achtelfinalpartie gegen den FC Bayern München auf Facebook bekannt. "Die gute Nachricht: Hulk, Superman und Rambo sind auf unserer Seite."

Dazu veröffentlichte der deutsche Nationalspieler ein Foto, das ihn als Superman zeigt, flankiert von seinen Arsenal-Kollegen Lukas Podolski und Bacary Sagna, ebenfalls in Kostümen. Es handelte sich um ein Bild von der Weihnachtsparty des Tabellenzweiten der englischen Premier League im Dezember. Auf dem Platz hingegen steckten die Superhelden eher in den Münchner Leibchen: Durch einen Distanzschuss des starken Toni Kroos (54.) und einen Kopfball des eingewechselten Thomas Müller (86.) siegte der FC Bayern 2:0 (0:0) und schuf sich so eine sehr gute Ausgangsposition für das Rückspiel in München am Dienstag, 11. März (20.45 Uhr).

"Wir sind gut drauf, konzentriert und hatten in den ersten Minuten gleich ein bisschen Glück", stellte Toni Kroos fest. "Das müssen wir wissen, und auch, dass noch nichts entschieden ist." Auch Trainer Pep Guardiola mahnte: "Letztes Jahr hatten wir auch ein sehr gutes Ergebnis und haben trotzdem noch sehr gelitten."

Der FC Bayern in der Einzelkritik
:So einfach wie Butterbrote schmieren

"Toouniii Crows" demonstriert feinstes Gespür für Raum und Zeit. David Alaba schießt Elfmeter wie ein Engländer. Und wenn Arjen Robben den Ball hat, ist es bis zur Tower Bridge zu hören. Der FC Bayern beim 2:0 gegen den FC Arsenal in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, London

Hulk musste bei der Neuauflage des letztjährigen Achtelfinales auf der Bank bleiben - anstelle von Podolski entschied sich Arsenal-Trainer Arsène Wenger für Alex Oxlade-Chamberlain, 20. Tempo beim Umschalten war gefragt - so kam zudem Yaya Sanogo, 21, im Sturm zum Champions-League-Debüt, er spielte anstelle von Olivier Giroud. Bei den Bayern kam Philipp Lahm überraschend als Rechtsverteidiger zum Einsatz, was für Sportdirektor Matthias Sammer "ein Stück weit eine Reaktion auf die gegnerischen Mittel" war - Javi Martínez lief neben Thiago in der Zentrale auf. "Wenn wir Druck machen wollen, wissen wir, wie sich Arsenal befreien will", sagte Sammer - da sei Martínez "ein wichtiger Faktor", dies zu unterbinden.

Schon in der dritten Minute prüfte Kroos mit einem Distanzschuss den polnischen Nationaltorhüter Wojciech Szczesny, doch dann übernahm Arsenal die Initiative. Manuel Neuer rettete mit einer Parade gegen Sanogo (6.), kurz darauf bei einem Flachschuss von Santi Cazorla - und schließlich bei einem Elfmeter von Özil (8.). "Ich kenne ja seinen Anlauf", sagte Neuer, "es ist wichtig zu wissen, dass er erst währenddessen überlegt, wo er hinschießt." Jérôme Boateng hatte Neuers Kollegen aus der deutschen Auswahl zuvor im Strafraum zu Fall gebracht. Als sich Oxlade-Chamberlain über die rechte Seite gegen David Alaba durchgesetzt hatte, rettete Neuer das 0:0 zum vierten Mal (24.).

Die Bayern bekamen das Spiel nach und nach besser in den Griff und erfüllten Guardiolas Wunsch nach viel Ballbesitz ("Wenn wir Arsenal den Ball überlassen, werden wir leiden; wir müssen den Ball immer haben und immer damit spielen wollen"). Torchancen für die Münchner waren allerdings gegen die sichere Abwehr der Londoner selten - doch dann entschied der Schiedsrichter auch auf der anderen Seite auf Elfmeter: Nach einem Lupfer von Kroos zu Arjen Robben traf Szczesny den Holländer beim Klärungsversuch und musste mit Rot vom Feld, sein Landsmann Lukasz Fabianski rückte ins Tor, dafür musste Offensivmann Cazorla weichen. Den Strafstoß aber vermochten auch die Münchner nicht zu nutzen: Alaba schoss den Ball flach an den linken Pfosten (40.).

So ging es mit dem torlosen Remis und Überzahl für die Bayern in die Pause. Guardiola nahm den gelb-rot-gefährdeten Boateng aus dem Spiel, Rafinha kam, Martínez rückte in die Innenverteidigung und Lahm ins zentrale Mittelfeld. Und Lahm tat sich umgehend hervor - als Vorbereiter des Münchner Führungstores. Er legte quer auf den ungedeckten Kroos, der den Ball aus 17 Metern in den rechten Winkel zirkelte (54.). Die Bayern dominierten gegen die in Unterzahl extrem tief stehenden Londoner nun deutlich - mit gefühlt 95 Prozent Ballbesitz. Alleine Kroos hatte in der zweiten Spielhälfte - und das war nicht die gefühlte, sondern die offizielle Statistik - mehr Ballkontakte als alle Spieler des FC Arsenal zusammen.

Fabianski rettete bei einer Hereingabe von Robben (63.) und kurz darauf bei einem Kopfball von Mario Götze. Dann kam Thomas Müller für den unauffälligen Mario Mandzukic, und die Frage lautete nun, ob die Bayern zum Zwecke einer komfortableren Ausgangsposition fürs Rückspiel das Ergebnis noch erhöhen würden. Wenger versuchte, mit der Einwechslung des früheren Dortmundes Tomas Rosicky für Oxlade-Chamberlain (74.) noch mal einen offensiven Akzent zu setzen - vergebens. Guardiola brachte noch Claudio Pizarro für Thiago (79.).

Als es schien, als müssten sich die Bayern wegen ihrer mäßigen Konsequenz bei der Vollendung der Angriffe doch noch ein bisschen grämen, blieb der Schlusspunkt der Partie Müller vorbehalten - per Kopfball erzielte er den wichtigen zweiten Treffer. Der Assist kam, diesmal per Flanke, erneut von Lahm; Guardiolas Umstellungen hatten sich ausgezahlt. In der Nachspielzeit traf Kroos per Flachschuss nochmal den Pfosten. "Er hat auf sehr, sehr hohem Niveau gespielt", lobte Guardiola den Mittelfeldspieler, mit dem die Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung zuletzt auffällig ins Stocken geraten waren. "Das war wirkliches Champions-League-Niveau. Wir alle wollen, dass er verlängert, und ich denke, er selbst will das auch."

Was so ein Champions-League-Spiel doch alles bewirken kann.

© SZ vom 20.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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