Neuer, Nübel, Schubert:Eine Debatte, die alle verrückt macht

Lesezeit: 3 min

Erlebte einen schweren Nachmittag in München: Schalkes Torwart Markus Schubert. (Foto: dpa)
  • Die große Torwartdebatte hat bereits drei Torhüter erreicht - und der Druck auf alle Beteiligten steigt.
  • Nun könnte Schalkes Torwart Schubert, der in München patzte, wieder aus der Mannschaft rücken.
  • Ein rechtzeitiger Anruf aus München hätte den Fall vielleicht lösen können.

Von Christof Kneer, München

Das Gute für Trainer David Wagner ist, dass die Reporter ihn in dieser Woche vielleicht gar nicht mehr nach dem 0:5 in München fragen werden. Diesen Zuwachs an Lebensqualität wird Wagner allerdings kaum genießen können, denn das Blöde ist ja, dass ihn die Reporter dafür mit einer anderen Frage nerven werden. Kaum einer wird sich dafür interessieren, mit welchem Plan die Schalker am Freitag bei Hertha BSC antreten werden, vielleicht wird nicht mal jemand nach Klinsmann fragen. Die Menschheit auf Schalke wird nur eine Frage haben: Schubert oder Nübel?

Dabei dachte man doch eigentlich, dass die Frage eher "Neuer oder Nübel" heißt.

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Es ist schon spektakulär zu sehen, welche Wucht eine Debatte entfalten kann. Der Fakt, dass Schalkes Torwarttalent Alexander Nübel, 23, im Sommer ablösefrei nach München wechselt, um Manuel Neuer dort "mittelfristig zu verdrängen", wie Nübels Berater soeben tollkühn verriet - dieser Fakt sieht überhaupt nicht ein, dass er noch bis Sommer warten soll. Der Fakt hat große Lust darauf, schon jetzt alle verrückt zu machen, und man muss sagen: Das macht er wirklich gut, der Fakt. Er hat es jetzt sogar geschafft, einen der wenigen (vermeintlichen) Profiteure in dieser verblüffenden Transfergeschichte ebenfalls wie einen Verlierer aussehen zu lassen.

Ein Anruf aus München hätte den Fall vielleicht lösen können

Der Schalker Torwart Markus Schubert, 21, hatte bis zum Spiel in München ja eine verheißungsvolle Rückrunde vor sich: Der Trend und alle Emotionen sprachen für ihn. Schubert wusste, dass Nübel sich mit Wechselbekenntnis und Rotsperre ausreichend verdächtig gemacht hatte, sie haben Nübel auf Schalke die Kapitänsbinde weg genommen und gern betont, wie begabt der junge Schubert doch sei. Theoretisch war das eine schlüssige Versuchsanordnung: Schubert spielt seiner Begabung entsprechend, Nübel bleibt auf der Bank und wird von den Fans nicht ausgepfiffen, sondern vergessen - und ihren Stammtorwart für die neue Saison haben die Schalker auch schon gefunden, Schubert nämlich.

Aber dann kam in München Thomas Müllers Flanke angeflogen, und Markus Schubert hatte wahrscheinlich viel zu viel Zeit, die Flugdaten zu berechnen. Der Strafraum war relativ leer, die Gefahr von Auffahrunfällen gering, aber vermutlich hatte Schubert einfach zu viel Neuer/Nübel/ Schubert im Kopf. Er patschte den fangfertigen Ball zerstreut durch die Gegend, kurz darauf lag der Ball in seinem Tor: Es war Bayerns erster Treffer an diesem Abend.

Später kam dann noch Serge Gnabrys Schrägschuss angeflogen, für jeden Profitorwart die reinste Routine, aber irgendwie klatschte der fangfertige Ball von Schuberts Unterschenkel ins Tor. Es war Bayerns fünfter Treffer an diesem Abend.

Schubert habe "ja auch einige sehr gute Bälle gehalten", sagte Schalkes Trainer Wagner später zwar zurecht, aber es ist dennoch nicht mehr zu übersehen: Das Zukunftsduell Neuer/Nübel hat inzwischen die Gegenwart, beide Klubs und alle drei Torhüter erreicht. Schuberts unglückliche Momente werten sie selbst auf Schalke als Kollateralpatzer: Der Druck, Nübel kurz- und mittelfristig als Nummer eins abzulösen, war auf der prominenten Bühne vielleicht zu groß - es ist derselbe Druck, der auch auf Neuer und Nübel lastet. Jede Flanke, jeder Schrägschuss wird ab sofort in einen größeren Zusammenhang gestellt.

Noch hat Trainer Wagner nicht entschieden, wen er am Freitag ins Tor stellen wird, aber nach Ansicht der Bilder aus München wird es wohl auf Nübel hinauslaufen. Zwar haben Schalkes Entscheidungsträger früh ihr fachliches Unverständnis für Nübels Wechsel erklärt, aber sie sind nie persönlich geworden; sie haben immer geahnt, dass sie Nübel in der Rückrunde noch brauchen könnten. Aber nun, da die Debatte von ersten Bildern unterlegt ist, wundern sie sich bei Schalke erst recht, dass dieser eine Anruf aus München ausgeblieben ist.

Womöglich hätte sich ja alles auf kleinstem Dienstweg klären lassen: Bayern hätte Schalke von Nübels Kauf in Kenntnis setzen und den Torwart mit Schalker Zustimmung noch zwei Jahre in Gelsenkirchen lassen können, dank einer diskreten Klausel, die einen Wechsel nach München garantiert. Die Schalker hätten erst mal mit Nübel weiter gemacht, die Bayern hätten mit Neuer verlängert und zu einem passenden Zeitpunkt Nübel als Nachfolger präsentiert.

Nun aber werden die Bayern von Juli an eine Torwartdebatte aushalten müssen, und auf Schalke müssen sie überlegen, ob sie Schubert wirklich zur neuen Nummer eins machen - oder noch mal auf Torwartsuche gehen.

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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