FC Bayern und Sané:Aussage gegen Aussage

FC Bayern und Sané: Ein Darsteller der Sané-Soap: Leroy Sané.

Ein Darsteller der Sané-Soap: Leroy Sané.

(Foto: AFP)
  • Beim AudiCup rüffelt der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge seinen Trainer Niko Kovac wegen allzu offensiver Aussagen zu einem möglichen Transfer von Leroy Sané.
  • Kovac ruft daraufhin bei City-Trainer Pep Guardiola an und entschuldigt sich.
  • City würde den Spieler nur für sehr viel Geld ziehen lassen. Und wie Sané zu einem Transfer steht, weiß derzeit keiner so richtig.

Von Benedikt Warmbrunn

Rhetorisch muss sich Niko Kovac vor keinem Trainer in der Geschichte des FC Bayern verstecken. Er ist vielleicht nicht ganz so schelmisch wie mitunter Franz Beckenbauer, ganz sicher sogar ist er nicht so egomanisch-unterhaltsam wie Louis van Gaal, aber wenn Kovac spricht, dann spricht da einer, der jedes Wort unter Kontrolle hat. Er verwendet Fremdwörter souverän, er streut subtile Andeutungen ein, und manchmal formuliert er seine Sätze so geschickt, dass jeder Zuhörer das heraushören kann, was er heraushören will. Am späten Dienstagabend aber saß Kovac im Pressesaal der Münchner Arena, er kontrollierte jedes seiner Worte, doch er saß da auch so resigniert wie einer, der weiß, dass er machtlos ist. Kovac war machtlos gegen die Worte eines anderen. Fast schon flehend sagte er: "Jetzt hat er das gesagt, jetzt wird wieder etwas hineininterpretiert."

Er, das war Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss des FC Bayern. Der Mann also, der Kovac schon seit einigen Monaten das Leben schwer macht, auch, weil er viele Worte spricht, und nicht bei jedem dieser Worte ist klar, ob Rummenigge es vollständig kontrolliert.

Als Kovac im Pressesaal sprach, lag ein erfreulicher Abend hinter ihm, einerseits. Seine Mannschaft hatte das Halbfinale des Testturniers gegen Fenerbahce Istanbul 6:1 gewonnen, und auch wenn der Gegner an diesem Abend nicht einmal die eigenen Beine unter Kontrolle hatte, so spielte der FC Bayern einfach ansehnlichen Fußball. Hatte die Mannschaft den Ball, passte sie ihn zielstrebig und überlegt, es entstand dabei der Eindruck, dass alle Feldspieler stets wussten, wo der nächstbeste Mitspieler sich aufhält. Zudem setzten die Bayern Istanbul unaufhörlich unter Druck, indem sie früh den Spielaufbau störten. Es war ein kollektiv überzeugender Auftritt, zu sehen waren auch die Ergebnisse guter Trainerarbeit. Anderseits aber lag hinter Kovac ein richtig unerfreulicher Abend.

"Mir hat die Aussage nicht gefallen. Da mache ich keinen Hehl daraus."

Wieder einmal hatte Rummenigge etwas gesagt, und wie so oft in den vergangenen Monaten musste in die Sätze des Vorstandsbosses nichts hineininterpretiert werden. Die Sätze waren stark genug.

Wenige Minuten vor dem Anpfiff wurde Rummenigge im ZDF befragt, was er dazu sage, dass Kovac am Wochenende dem Sender gesagt habe, dass er "sehr zuversichtlich" sei, was einen Transfer von Leroy Sané angeht ("Ich gehe davon aus, dass wir ihn bekommen können."). Rummenigge hätte nun sagen können, dass Sané ein interessanter Spieler sei, aber der Transfermarkt werde immer schwieriger einzuschätzen, man könne nicht sagen, ob der Außenangreifer von Manchester City kommen werde. All das hätte er sagen können, immerhin hatte Rummenigge in den vergangenen Wochen ja angedeutet, wie spannend ein Wechsel des deutschen Nationalspielers an die Isar wäre. Rummenigge aber sagte: "Mir hat die Aussage nicht gefallen. Da mache ich keinen Hehl daraus."

Dann verwies er auf das gute Verhältnis zu City, das vom früheren Bayern-Trainer Pep Guardiola trainiert wird, und er sagte: "Wir müssen unseren Job machen. Der Trainer muss seinen Job machen. Wenn wir alle unseren Job gut machen, dann werden wir in diesem Jahr eine erfolgreiche Saison haben." Es war eine Erinnerung daran, dass er, Rummenigge, zum Ende der vergangenen Saison Kovac mit einer beeindruckenden Hartnäckigkeit in Frage gestellt hatte. Und auch nach dem Dienstagabend blieb der Eindruck, dass der Vorstandsboss seinem wichtigsten Angestellten nicht die Möglichkeit geben will, sich zu entfalten und zu entwickeln.

Es gab durchaus schon Bayern-Trainer, die sich in Transferfragen positionieren durften, ohne abgestraft zu werden. Einer davon war Pep Guardiola, der wenige Wochen nach seiner Ankunft im Sommer 2013 gesagt hatte: "Thiago oder nix!" Wenig später kam Thiago nach München, es war ein Geschäft, von dem alle profitiert haben, der FC Bayern bis in die Gegenwart. Guardiola war einer der stärksten Trainer in der Geschichte des FC Bayern (und, ganz nebenbei, auch ein fantastischer Rhetoriker mit einer feinen Mischung aus Intellekt und Wahnsinn), auch, weil er immer von Rummenigge gestärkt wurde. Bis zuletzt hatte dieser daran geglaubt, den Vertrag des Katalanen verlängern zu können. Nun wollen die Bayern ihren Pep nicht verärgern, um von ihm Leroy Sané zu bekommen, doch Niko Kovac ist dabei nicht einmal der Erste, der in diesem Transferpoker wohl etwas zu forsch gesprochen hat. Rummenigge selbst hatte Mitte Juli gesagt: "Ich weiß nicht, ob Pep weiß, was in seinem Klub alles vorgeht."

"Das, was ich gesagt habe, stimmt, hat absolute Richtigkeit und ist verifiziert."

Nach dem 6:1 gegen Istanbul trat dann auch noch Sportdirektor Hasan Salihamidzic vor die Mikrofone. Auch er schützte seinen Trainer nicht, sondern stellte sich an die Seite seines Bosses: "Ich kann auch in meinem Namen sagen, dass das nicht gut war." Er fügte hinzu: "Wir sind alle gut beraten, jetzt nicht mehr darüber zu reden."

Dass sie beim FC Bayern nicht mehr über Sané reden wollen, das lässt sich auch so interpretieren, dass der Wechsel ein kleines bisschen unwahrscheinlicher geworden ist. Pep Guardiola will dem Vernehmen nach den 23-Jährigen nicht abgeben. Nur falls Sané unbedingt gehen wolle, würde City ihn ziehen lassen, und dann, so berichten es Eingeweihte, nicht für weniger als 120 Millionen Euro. Doch die größte Hürde könnte ohnehin sein, dass bisher Sané selbst nicht gesagt hat, dass ihn ein Wechsel zum FC Bayern reizt.

Wohl auch wegen all dieser Entwicklungen im Hintergrund erklärte Kovac am Dienstag nach dem Abpfiff dem ZDF kleinlaut: "Ich habe mich bei Pep entschuldigt, weil ich zu offensiv war." Später, im Pressesaal, sagte der Trainer allerdings auch: "Ich sage immer die Wahrheit." Und: "Das, was ich gesagt habe, stimmt, hat absolute Richtigkeit und ist verifiziert." Er entschuldigte sich also nicht dafür, dass er die Signale aus seinem Verein zuversichtlich gedeutet habe - er entschuldigte sich allein dafür, dass er Guardiola und City nicht den Respekt entgegengebracht hat, den er sich selbst in den vergangenen Monaten immer wieder gewünscht hatte.

Die naheliegende Interpretation, dass ihn sein eigener Vorstandschef weiter geschwächt haben könnte, versuchte Kovac zu entschärfen: "Ich habe mit Karl-Heinz Rummenigge gerade noch in der Kabine gesprochen. Da war kein Zorn, da war gar nix." Es sei "alles wunderbar".

Das zumindest dürfte ausnahmsweise nicht die ganze Wahrheit gewesen sein.

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