Transferpoker um Sané:Mit jedem Tag steigt der Druck auf die Bayern

Lesezeit: 3 Min.

  • Die ewige Transfergeschichte um Bayerns Wunschspieler Leroy Sané ist durch seine Knieverletzung komplexer geworden.
  • Am Donnerstag spekulierten verschiedene Medien unter Berufung auf Manchester City, dass sich Sané einen Kreuzbandriss zugezogen haben könnte.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Welche Drohkulisse der Wallberg darstellt, hat inzwischen womöglich auch der Rekordeinkauf des FC Bayern erfahren. Der Wallberg ragt im Mangfallgebirge am Rande des Tegernsees in den Himmel, von der Talstation in Rottach-Egern führt ein Anstieg bis auf eine Höhe von 1722 Metern. Um nach oben zu kommen, kann man die Bergbahn nutzen. Man kann aber auch einen Aufstieg wählen wie Felix Magath. Im Sommer 2004 ließ der damalige Trainer des FC Bayern seine Profis den Berg hinaufrennen, von diesen Qualen erzählen sie im Verein noch 15 Sommer später begeistert. Am Dienstagnachmittag aber blieb der Rekordeinkauf des FC Bayern stets auf Seehöhe, die Drohkulisse nahm er nur im Hintergrund wahr. Lucas Hernández, für 80 Millionen Euro von Atlético Madrid gekommen, trainierte nach einer komplizierten Verletzung am Knie erstmals mit den neuen Mitspielern.

Hernández sprintete, er absolvierte kleinere Spielformen, von Zweikämpfen blieb er verschont. Das Knie hielt.

Doch das Knie des Rekordeinkaufs des FC Bayern ist in diesen Tagen ohnehin nicht das Knie, über das sie sich im Verein am meisten Gedanken machen. Das Knie, dem sie so viel Aufmerksamkeit schenken, gehört aktuell noch zum Kader von Manchester City.

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Am Sonntag, wenige Tage nachdem Leroy Sané dem FC Bayern signalisiert haben soll, dass er bereit sei zu einem Wechsel nach München, stand der 23 Jahre alte Flügelspieler in der Startelf von City im Supercup gegen den FC Liverpool, nach zwölf Minuten musste er ausgewechselt werden. Er humpelte, zur Siegerehrung kehrte er mit einem bandagierten rechten Knie zurück. Bereits am Montagvormittag soll er untersucht worden sein. Doch die Ergebnisse der Untersuchung blieben mehr als 48 Stunden lang in der Öffentlichkeit ein Rätsel. Bei City äußerte sich keiner, weil sie sich dort nur auf Pressekonferenzen zur Gesundheit ihrer Spieler äußern (und auch dann nur spärlich; in diesen Pressekonferenzen sitzt Trainer Pep Guardiola, der in seiner Zeit in München auf derartige Fragen stets antwortete: "Frag den Doktor!"). Beim FC Bayern äußerte sich keiner, weil sie sich dort nicht mehr zu Sané äußern wollen, bevor dieser Transfer fix geklappt oder nicht geklappt hat. Dass Sané sich nicht äußerte, überraschte am wenigsten - öffentlich hat er zu seinem möglichen Wechsel noch nichts gesagt.

Am Mittwoch meldete Bild, den Grund für all die Geheimnistuerei zu kennen: Sané soll freie Flüssigkeit im rechten Knie haben, was eine Diagnose erschwere - dem Bericht zufolge soll an diesem Donnerstag entschieden werden, ob Sané operiert werden muss. Der FC Bayern wollte den Bericht nicht kommentieren. Bei City hieß es, das alles sei völlig spekulativ. Die medizinischen Tests dauerten an, man warte auf Resultate. Noch bedenklicher klingen Meldungen des englischen Portals The Athletic, denen zufolge Sané sogar einen Kreuzbandriss erlitten haben könnte und viele Monate ausfallen könnte. Sollten sich diese Erkenntnisse bestätigen, würde der Wechsel immer unwahrscheinlicher werden. Auch Bild und Daily Mail spekulierten über einen Kreuzbandriss.

Die ohnehin schon verwickelte Transfergeschichte ist durch diese Knieverletzung jedenfalls noch komplexer geworden. Von der Gesundheit des Spielers hängt ja in einem ersten Schritt ab, ob das Interesse des FC Bayern aktuell bleibt - und in einem zweiten Schritt, wie viel Geld der Klub ausgeben will. Bisher ist unbekannt, ob City von den ursprünglich geforderten 137 Millionen Pfund (fast 150 Millionen Euro) abgerückt ist. Dass an diesem Donnerstag um 18 Uhr deutscher Zeit in England die Frist für Einkäufe endet, schwächt die Position von Manchester dabei nicht, im Gegenteil. Guardiola würde Sané am liebsten behalten, einen Ersatz will City wohl ohnehin nicht verpflichten (am Mittwoch kaufte der Klub den portugiesischen Rechtsverteidiger João Cancelo von Juventus Turin, für angeblich 65 Millionen Euro). Und mit jedem Tag, der vergeht, steigt für Bayern der Handlungsdruck. Auch ein verletzter Sané dürfte so teuer werden, dass Hernández dann nur in wenigen Trainingseinheiten als Rekordeinkauf auf dem Platz stand.

Der für Transfers zuständige Sportdirektor Hasan Salihamidzic verfolgte am Dienstag das Training, er sah dabei auch seinen ersten Wunschspieler Hernández. Laut Bild ließ er sich vom Mannschaftsarzt zudem erklären, wie genau sich sein zweiter Wunschspieler Sané verletzt habe. Danach wusste er, dass es nicht leichter für ihn wird. Und dann kommt auch noch Druck aus der eigenen Mannschaft dazu.

"Ich denke, dass wir noch drei neue Spieler brauchen", sagte Robert Lewandowski der Sport-Bild. Es ist keine neue Forderung des Angreifers, doch weil er sie konsequent wiederholt, gewinnt sie zunehmend an Wucht. Als einen der drei Neuen hätte Lewandowski gerne Sané, dazu wünscht er sich einen weiteren Außenstürmer sowie "vielleicht einen Sechser oder einen offensiven Spieler für das Zentrum". Beim 0:2 im Supercup in Dortmund war zu erkennen, wie verwundbar der FC Bayern in der Spielfeldmitte noch ist. Doch da Salihamidzic sich das Training anschaute, verhandelte er zumindest am Dienstagnachmittag mit keinem möglichen Zugang, nicht mit Sané, auch nicht mit einem weiteren der vielen Spieler, die mit dem FC Bayern in diesem unruhigen Transfersommer in Verbindung gebracht werden. Er verhandelte also zum Beispiel auch nicht mit dem Außenstürmer Hakim Ziyech von Ajax Amsterdam oder mit dem Sechser Marc Roca von Espanyol Barcelona. Und so verging ein weiterer Tag ohne einen weiteren, vom ganzen Klub ersehnten Zugang.

2004 war Salihamidzic übrigens einer der Spieler, die von Magath den Wallberg hochgescheucht wurden; später erzählte er tapfer, dass es ihm dennoch "Spaß" gemacht habe. Aber das war in einer Zeit, in der seine Arbeit noch nicht ganz so kompliziert war.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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