Oliver Kahn beim FC Bayern:Umbruch auf allen Hierarchie-Ebenen

Oliver Kahn beim FC Bayern: Künftig wohl wieder beim FC Bayern, dann halt im Management: Ex-Torwart Oliver Kahn.

Künftig wohl wieder beim FC Bayern, dann halt im Management: Ex-Torwart Oliver Kahn.

(Foto: AFP)
  • Karl-Heinz Rummenigge hat am Wochenende bestätigt, dass Oliver Kahn ihn als Bayern-Vorstandschef ablösen soll.
  • Die Dimension der Personalie ist groß - denn sie betrifft einen sich wandelnden Klub, der sich auf einem völlig neuen Markt behaupten muss.

Von Christof Kneer und Benedikt Warmbrunn

Nachdem der FC Bayern jetzt also knapp mit 5:0 gegen Borussia Dortmund gewonnen hat, ist dieses Szenario wieder deutlich wahrscheinlicher geworden: dass die kommende Bundesliga-Saison am Freitagabend, den 16. August 2019 doch wieder in München eröffnet wird, im Stadion des deutschen Meisters. Das ZDF wird dieses Saison-Auftaktspiel übertragen, und vermutlich wird sich kurz vor Spielbeginn wieder dieser massige Mann mit der lustigen Frisur ins Bild schieben.

Oliver Kahn wird im Namen des Senders wieder seine Expertise abgeben, und die Leute werden dann an ihren Fernsehern wahrscheinlich noch etwas präziser hinhören als sonst. Möglicherweise wird das eine sehr spezielle Art des embedded journalism sein, die Oliver Kahn an diesem Abend vertritt, denn es könnte gut sein, dass er inoffiziell dann auch schon im Namen einer der beiden Mannschaften spricht, die dort auf dem Rasen ein Fußballspiel austragen.

Am Wochenende hat Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des FC Bayern, erstmals konkret über jene Großpersonalie gesprochen, die den FC Bayern seit geraumer Zeit beschäftigt. Er hat bestätigt, dass es "der genaue Plan" sei, dass Oliver Kahn ihn, Karl-Heinz Rummenigge, als Vorstandschef ablösen werde.

Noch sind die Details von Kahns Einstieg nicht konkret fixiert

Offenbar soll Kahn bereits zum Januar 2020 wieder jenem Unternehmen beitreten, in dem er einmal ein leidenschaftlicher Torwart war, und er soll dann erst mal von Rummenigge eingearbeitet werden, um den Laden nach Rummenigges Vertragsende im Dezember 2021 selbständig führen zu können. Noch sind die Details von Kahns Branchenwechsel mit dem ZDF nicht konkret fixiert, aber beim Mainzer Sender gehen sie offenbar davon aus, dass sie vielleicht schon für die Testländerspiele im Herbst einen neuen Hausexperten brauchen.

Oliver Kahn, Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß: Eine Geschichte mit diesen Namen ist ohnehin groß genug, um demnächst zur führenden deutschen Sportgeschichte aufzusteigen, aber wie groß die Geschichte wirklich ist, zeigt schon ein kleiner Blick aufs Champions-League-Tableau in dieser Woche. Nein, niemand muss Leserbriefe oder Online-Kommentare schreiben, weil Zeitungen und Internet die Bayern in den Ansetzungen fürs Viertelfinale vergessen haben. Der FC Bayern spielt da wirklich nicht mehr mit. Er ist ausgeschieden, gegen Liverpool zwar immerhin, aber halt auch: im Achtelfinale.

Das ist die Dimension, die dieser Geschichte ihre Fallhöhe verleiht. Es geht nicht nur um einen Fußballverein, der sich allmählich von Gesichtern trennt, die man seit 400 oder vielleicht auch nur 40 Jahren aus der Sportschau kennt. Es geht darum, dass dieser Verein einen Umbruch auf fast allen Hierarchieebenen inklusive der Fußballmannschaft vollzieht - und das auf einem völlig neuen Markt, den man völlig neu denken muss. Die Definitionsebene der Bayern soll weiterhin nicht Fortuna Düsseldorf, sondern der FC Liverpool bilden, aber dazu müssen sie entscheiden, ob sie viel, sehr viel oder viel zu viel Geld ausgeben.

Hoeneß' Wort hat aktuell offenkundig mehr Gewicht denn je

Damit verbinden sich ein paar nicht ganz nebensächliche Fragen: Welche sportliche Leitung sucht und findet neue Spieler und verantwortet all die Irrsinnssummen? Welcher Trainer trainiert die ganzen Millionenbuben und ist verantwortlich dafür, dass das aufgewendete Kapital auch sinnvoll genutzt wird? Und wer hat auf der obersten Ebene wirklich das Sagen?

Sollte Kahn - zum Beispiel zum 1. Januar 2020 - bei Bayern anfangen, wäre der Umbruch auf der ersten Ebene angekommen, aber was das für den Umbruch heißt, das kann noch nicht mal der Umbruch selber richtig einschätzen. Wie würde das denn gehen: den dominanten Kahn zwei Jahre einarbeiten? Insider gehen davon aus, dass Kahn sich im ersten Jahr öffentlich unsichtbar und unhörbar machen würde, um im zweiten Jahr dann schon schleichend die Geschäfte zu übernehmen.

Kovac könnte also doch Trainer bleiben

Aber würden die Bayern-Bosse dann plötzlich nicht nur a) und b), also Hoeneß und Rummenigge, sondern auch noch c) sagen? In Turbulenzen geraten ist der FC Bayern in den letzten 40 oder gar 400 Jahren ja gerne dann, wenn die Bosse öffentlich nicht einer Meinung waren. Im vorigen Frühjahr war das zum Beispiel so, als Hoeneß sehr, sehr exklusiv der Meinung war, dass Jupp Heynckes weiter Trainer bleiben wolle. So lange glaubte er daran, bis auf dem bayernrelevanten Trainermarkt nur noch Niko Kovac herumstand, der aber wohl ohnehin Hoeneß' zweitliebste Lösung war.

Auch in der aktuellen Phase des Umbruchs lassen sich zunehmend abweichende Töne heraushören. Rummenigge hat am Sonntag betont kühl über Kovac gesprochen: dass es in München keine Jobgarantie gebe, dass man mit dem Druck umgehen müsse. "Und wer das nicht kann, ist dann im falschen Klub." Vor allem aber erzählte Rummenigge noch mal, wie die Bosse im Herbst auf Kovac einwirken mussten, das klang ein wenig so, als coache hier ein Anfänger, dem man noch ganz viel erklären muss. Hoeneß schützt den Trainer dagegen, das 5:0 gegen Dortmund habe "keine Fragen offen gelassen", sagte er im Kicker. Er beendete die Diskussion, zumindest fürs Erste: "Wie soll ich denn mit jemandem zusammenarbeiten, den ich bei jeder Gelegenheit infrage stelle?"

Es dürfte also tatsächlich Kovac sein, der nächste Saison den Münchner Umbruchkader anleitet, denn Hoeneß' Wort hat offenkundig mehr Gewicht denn je. Hoeneß hat Kovac durchgesetzt, Hoeneß hat Kahn durchgesetzt, und er hat jetzt auch den lange geforderten Umbruch auf der obersten Ebene auf den Weg gebracht. Ja, Kalle Rummenigge wird aufhören. Er aber, Uli Hoeneß, wird im Herbst sicher wieder als Präsident kandidieren.

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