FC Bayern ohne Robben, Ribéry und Rafinha:Drei große Löcher in der Kabine

FC Bayern ohne Robben, Ribéry und Rafinha: Die drei Herren und der Pott: Beim FC Bayern verabschieden sich verdiente Profis.

Die drei Herren und der Pott: Beim FC Bayern verabschieden sich verdiente Profis.

(Foto: Odd Andersen/AFP)
  • Beim FC Bayern verabschieden sich mit Arjen Robben und Franck Ribéry echte Ikonen des Vereins.
  • Beide haben auch beim Pokalfinale nochmal ihren Auftritt - im Gegensatz zu Rafinha, der ebenso den Verein verlässt.

Von Javier Cáceres, Berlin

Manuel Neuer, der Torwart und Kapitän des FC Bayern, stand in ausgewählter Eleganz vor den Journalisten. Eine Hand ruhte auf dem ausgefahrenen Griff eines Rollkoffers, die andere hielt eine Art Päckchen, aus dem ein Bayern-Trikot herausragte.

Das rote Leibchen war so gefaltet, dass der Name, der draufgeflockt war, nicht vollständig zu lesen war. Doch es gab ausreichend viele Buchstaben zu erkennen, so dass nur ein Konsonant und ein Vokal hinzugefügt werden musste, um das Rätsel zu lösen. Wie beim "Scrabble", dem Brettspiel: RAFINHA!

Es ist nicht übertrieben, die Stimmung, die Neuer überkam, als er auf das Souvenir angesprochen wurde, als "Saudade" zu beschreiben. So wird in Rafinhas Heimat Brasilien die Sehnsucht genannt und besungen. Wäre Neuer nicht imstande, auch neben dem Platz so cool zu wirken wie zwischen den Pfosten - womöglich wäre er von Emotionen übermannt worden im Nachgang dieses Pokalabends, der den Münchnern eine weitere Trophäe servierte. Neuers Worte jedenfalls sprachen Bände: "Für mich persönlich ist das was Schlimmes": "mein schwerster Abschied".

Das scheidende Trio kommt exakt auf 1000 Pflichtspiele im Trikot des FC Bayern

Denn Rafinha, dessen Karriere parallel zu seiner eigenen verlief, wurde Neuer in 13 gemeinsamen Betriebsjahren zum echten "Fußballfreund". Erst beim FC Schalke (2005 bis 2010), später beim FC Bayern (2011 bis 2019), unterbrochen nur von Rafinhas Intermezzo beim FC Genua. Auf Schalke rückten sie gleichzeitig ein in den Profikader, später habe er erlebt, wie Rafinha heiratete, die beiden Kinder bekam; sogar die Mutter Rafinhas, die der Brasilianer bei seiner Abschiedspressekonferenz in rührenden Worten gewürdigt hatte, sei ihm vorgestellt worden. Hinzu, so Neuer, kam das Sportliche: "Alles, was ich erreicht habe, hab' ich mit Rafinha erreicht."

Es hatte etwas Nobles, dass Neuer ausführlich über Rafinha, 33, sprach, als er zu den anderen beiden Spielern befragt wurde, die im Personaltableau des FC Bayern einen Krater hinterlassen werden: zum Niederländer Arjen Robben, 35, und zum Franzosen Franck Ribéry, 36. Man werde erst noch realisieren müssen, "wie die Kabine in Zukunft aussehen wird, wenn diese Charaktere dort fehlen", folgerte der Torwart.

Im Falle Rafinhas ist das auch eine Frage der Beschallung. Er spielte sogar im Mannschaftskreis Pandeiro und Cavaquinho, unverzichtbare Instrumente der Samba, und er firmierte als "Kabinen-DJ", wie Klubvorstand Karl-Heinz Rummenigge beim Siegerbankett ausführte: "Wir hatten in deiner Zeit hier vier Trainer, alle vier haben gesagt: Rafa ist der wichtigste Mensch in der Kabine." Dann nahmen sie einander in den Arm. Auch, weil Rummenigge wusste: Rafinha hatte in dieser Nacht der Siegestrunkenheit Trost nötig.

Nur zu gern hätte sich auch er - am liebsten nach ultimativen Kampfhandlungen im verschwitzten Rafinha-Trikot - von den Fans verabschiedet. Doch "zu Hause im Wohnzimmer" (Thomas Müller) wie auch im Olympiastadion in Berlin wurde die Ehre eines aktiven Abschieds nur Robben und Ribéry zuteil. Trainer Niko Kovac hatte andere Pläne oder Notwendigkeiten, Rafinha durfte sich jeweils immer nur aufwärmen. In Berlin hörte Rafinha, als er sich dehnte, wie die Bayern-Fans nach dem 2:0 von Kingsley Coman (78.) nach Ribéry riefen, bis der Franzose als dritter Einwechselspieler kam, zwei Minuten, nachdem Doppel-Torschütze Robert Lewandowski (29. und 85.) zum zweiten Mal getroffen hatte. Robben war nicht sehr viel länger als Ribéry auf dem Platz. Gemeinsam, aber auf getrennten Wegen, suchten beide nach einem Abschiedstor, jedoch: Es fiel nicht mehr, ein 4:0 wäre des Guten auch zu viel gewesen. Die Nichtberücksichtigung Rafinhas entwickelte aber zumindest einen statistischen Charme. Die Anzahl der Einsätze von Bayerns scheidendem Triple-R (Rafinha, Ribéry, Robben) während ihrer Betriebszugehörigkeit stoppt exakt bei 1 000.

Eine Fußnote angesichts der Tatsache, dass das Trio in Berlin noch einmal der Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte: dem Trophäenstemmen. "Das ist sehr viel wert, dieser Abschied mit dem Double. Es ist pure Freude, dass es geklappt hat", sagte Robben. Auf der Bayern-Party bekam er noch einmal den Walzer zu hören, der in der Münchner Arena bei seinen Toren eingespielt wurde: "Tulpen aus Amsterdam". Robbens langjähriger Offensivpartner wiederum bekannte vor den Mikrofonen, sehr emotionale Tage hinter sich zu haben: "Das ist das Leben und der Fußball. Was wir gemacht haben, werde ich nicht mehr vergessen", sagte Ribéry und fügte an: "Bayern, das bleibt ein Leben lang."

Dass er beim Bankett die Rede Rummenigges verpasste, weil er den Sohn zu Bett bringen musste, konnte er verschmerzen. Auch so wusste er, dass er, wie Rafinha und Robben, in der Stunde des Abschieds Lobpreisungen erhalten hatte, die alles andere als alltäglich waren. "Sie haben viel für die Mannschaft und den Verein gemacht, da muss man sich bedanken", sagte Robert Lewandowski. "Ich werde alle sehr vermissen", sagte David Alaba. Und Manuel Neuer sekundierte mit den sentimentalsten Worten: "Jeder Spieler, der die Zeit miterleben durfte, ist sehr dankbar für das, was die Jungs für den Verein, aber auch für uns Menschen geleistet haben. Und für das, was ich von ihnen lernen konnte."

Doch wie gesagt, keine Trennung geht dem Torwart so nahe wie jene von Rafinha, zumal er ihm auch als Defensiv-Experte nahe stand. Rafinha kehrt zurück nach Brasilien, wohl zum Traditionsklub Flamengo Rio de Janeiro. "Wir waren wirklich befreundet", sagte Neuer und beteuert, dass das so bleiben werde: "Da spielt es keine Rolle, ob der Atlantik zwischen uns liegt."

Ein wenig klang das so, als paraphrasiere er da in den unwirtlichen Gemäuern des Berliner Olympiastadions die Zeile eines Gedichts von Jorge Luis Borges: "Und das Meer wird ein Bann sein zwischen uns."

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