Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Zwei Transfers, die Salihamidzic stolz machen

Hasan Salihamidzic sorgt bei seinem Übertritt in den Vorstand des FC Bayern gleich für Aufmerksamkeit. Einen Top-Star und ein Top-Talent hatte er angekündigt - nun sind sie da.

Von Benedikt Warmbrunn

Mit einem feinen Lächeln schaut Hasan Salihamidzic auf den jungen Mann, der in schwarzem Anzug und weißem Hemd neben ihm sitzt. Monatelang, wird Salihamidzic später sagen, habe er darauf hingearbeitet, diesen Spieler in München beim FC Bayern begrüßen zu können, und natürlich will er diesen Moment auskosten. Das Lächeln wird breiter.

Salihamidzics Freude wird jäh unterbrochen, durch die Tür kommt Hansi Flick in das Pressestüberl hinein. Der junge Neue steht auf, ein Faustschlag mit seinem zukünftigen Trainer, dann geht Flick schon wieder. "Danke dir, Hansi!", ruft Salihamidzic ihm hinterher. Dann schaut er wieder lächelnd zu seinem Zugang rüber.

Salihamidzic ist mächtig stolz an diesem Mittwochmittag; das liegt schon auch daran, dass er den Franzosen Tanguy Nianzou Kouassi, 18, auf einer Videopressekonferenz vorstellen darf.

Aber nicht nur. Der Mittwoch ist der erste Tag von Salihamidzic als Sportvorstand des FC Bayern, nach drei Jahren mit dem in der Branche weniger angesehenen Anhängsel "-direktor". Wie bei kaum einem anderen sportlich Verantwortlichen in der Bundesliga ist die Arbeit von Salihamidzic konsequent skeptisch begleitet worden, teilweise sogar von Menschen aus dem Verein oder dessen unmittelbaren Umfeld. Doch bei seinem Übertritt in den Vorstand gelingt es Salihamidzic, gleich für ordentlich Aufmerksamkeit zu sorgen.

Der 24 Jahre alte Sané erhält in München einen Fünfjahresvertrag

Am Mittwochvormittag um 10 Uhr verschickt der Verein eine Mitteilung, darin verkündet er die Verpflichtung von Tanguy Nianzou, wie dieser selbst sich nennt. Später am Mittag bezeichnet Salihamidzic diesen Zugang als "einen der besten Spieler Europas in seinem Jahrgang", er schwärmt von seiner Spieleröffnung, von seiner "sehr guten" Technik, von seiner Kopfballstärke, und natürlich bringt Nianzou auch eine Eigenschaft mit, die dem Kaderbauer Salihamidzic wichtig ist: Er kann auf mehreren Positionen spielen. Er sei gelernter Innenverteidiger, sagt Nianzou, auf dieser Position sei er bei seinem bisherigen Verein, Paris Saint-Germain (von dem er ablösefrei kommt), ausgebildet worden, er könne aber auch auf der sogenannten Sechs spielen, also "ein wenig vor der Verteidigung", so wie in der aktuellen Saison sechsmal für die Profis von PSG.

Nianzou, der 41 Mal für französische Juniorennationalmannschaften aufgelaufen ist, ist ein Spieler für die Zukunft. Und so wird er es auch verkraften können, dass kurz vor 10 Uhr am Mittwochmorgen und auch noch danach das Interesse einem Spieler gilt, der schon in der Gegenwart das Spiel des FC Bayern prägen soll.

Auch nach SZ-Informationen wird Leroy Sané zur neuen Saison nach München wechseln; die Bild und der Guardian hatten dies bereits am Dienstagabend vermeldet. So sollen sich sowohl die Bayern mit Sané als auch die beiden Vereine einig sein. Unterschrieben sind die Verträge am Mittwoch allerdings noch nicht; Sané wurde im Laufe des Tages in München erwartet, um dann an diesem Donnerstag den obligatorischen Medizincheck zu absolvieren. Sollte dieser keine Unklarheiten aufwerfen, wird Sané dem Vernehmen nach einen Fünfjahresvertrag unterschreiben. "Ich kann bestätigen", sagt Salihamidzic am Mittag mit bereits viel Sportvorstandsroutine, "dass wir uns in sehr guten Gesprächen mit dem Management von Leroy Sané befinden", und "selbstverständlich" auch mit Manchester City. Da war es dann schon wieder, sein feines Lächeln.

Sollte der Vertrag mit dem deutschen Nationalspieler fixiert werden, wäre auch das eine Unterschrift, auf die Salihamidzic wie bei Nianzou monatelang hingearbeitet hat. Bei Sané waren es sogar ein paar Monate mehr.

"Wir beschäftigen uns mit der Personalie", das hatte der damalige Präsident Uli Hoeneß kurz vor dem Pokalfinale 2019 gesagt. Sie beschäftigten sich dann knapp zweieinhalb Monate lang mal mehr, mal weniger intensiv mit Sané; auch der Spieler soll erst einmal gezögert haben. Der große Streitpunkt, so deutete es sich im vergangenen Sommer früh an, dürfte die Ablösesumme werden. Ende Juli soll City intern eine Schmerzgrenze von 150 Millionen Euro aufgerufen haben.

Die Bayern gaben sich in diesen Wochen jedoch verhalten; nachdem der damalige Trainer Niko Kovac sich im Juli "sehr zuversichtlich" gezeigt hatte, dass Sané kommen werde, wurde er öffentlich gerüffelt von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ("Die Aussage hat mir nicht gefallen."). Kovac entschuldigte sich bei City-Trainer Pep Guardiola; als Münchner Coach hatte er nun endgültig kaum noch internes Ansehen. Denn es war ja allen im Verein klar, dass Sané kommen sollte, und alle waren sehr zuversichtlich. Dann aber riss sich der Angreifer Anfang August im englischen Supercup das Kreuzband.

Die Bayern hielten auf den bekannten informellen Kanälen weiter Kontakt zu ihrem Wunschspieler, öffentlich aber schwiegen sie. Angesprochen auf Sané, sagte Salihamidzic immer wieder, dass er nichts sagen werde zu Spielern, die bei einem anderen Klub unter Vertrag stehen. Dass er nun knapp ein Jahr später, an seinem ersten Tag als Sportvorstand, bereits von Gesprächen mit dem Management erzählt, das ist daher auch so etwas wie eine Bestätigung des Transfers zwischen den Zeilen.

Ein Top-Talent und einen internationalen Top-Star, diese Transfers hatte Salihamidzic vor wenigen Wochen angekündigt. Voraussichtlich wird er sie bereits in seinen ersten drei Tagen als Sportvorstand finalisiert haben. Und die Leihspieler Philippe Coutinho (Barcelona), Ivan Perisic (Inter Mailand) und Álvaro Odriozola (Real Madrid) dürfen zwei weitere Monate bleiben, bis nach dem Champions-League-Turnier. Ob es das dann war mit den Münchner Transferaktivitäten in diesem Sommer? Beim FC Bayern müsse man "immer die Augen offen halten", sagt Salihamidzic, und zwar für "alle Positionen". Es gehe schließlich darum, "die Mannschaft in der Breite oder sogar in der Qualität zu verstärken". Die finanziellen Möglichkeiten seien in diesen Zeiten "nicht unendlich", er müsse "sehr kreativ" sein. So staatsmännisch, wie Salihamidzic das sagt, hat er schon richtig viel Freude an seinem neuen Job.

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Quelle:
SZ vom 02.07.2020
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