Bayern München:Später Schock durch Nedved

Der FC Bayern spielte diszipliniert, aber fantasielos und verliert am Ende durch ein Tor des tschechischen Nationalspielers 0:1 bei Juventus Turin.

Bei der Bekanntgabe der Beteiligten des Champions-League-Spiels zwischen Juventus Turin und Bayern München regte sich herzlich wenig im wie immer höchstens halbvoll gefüllten Stadio delle Alpi. Temperamentsbekundungen wie in Mailand, Florenz oder Rom sind kein typisches Kennzeichen der Anhänger des piemontesischen Traditionsklubs, und außerdem gibt es wenig Verbindendes zwischen den beiden alten Großmächten des europäischen Klubfußballs.

Niemals sind sich die Vereine in ihren 296 (FC Bayern) respektive 336 (Juventus) Europacuppartien bisher begegnet. Eine kleine Reaktion von den Rängen gab's dann aber doch: Pfiffe für den Bayern-Trainer Felix Magath, und das zeugte, wenn nicht von Leidenschaft, so doch von historischem Bewusstsein, denn der junge Herr Magath schoss bekanntlich vor 21 Jahren das entscheidende Tor für den HSV im Landesmeisterpokalfinale gegen Juventus.

Emotionen muss man zwar pflegen im Fußball, aber der ältere Herr Magath hatte diesmal keine Gelegenheit, sich als Juve-Schreck in den Annalen zu verewigen. Seine Bayern verloren nach einer disziplinierten, aber fantasielosen Vorstellung durch ein spätes Tor von Pavel Nedved (76.) die Partie mit 0:1. Die Italiener komplettierten damit eine für diesen Verein typische Bilanz. Juventus feierte das dritte 1:0 hintereinander in der Euro-Liga, der Qualifikation für Runde zwei steht nichts mehr im Wege.

Wenigstens gut gestanden

Wer mit Blick auf die prominenten Besetzungen auf beiden Seiten ein Fußballspiel auf höchstem Niveau erwartet hatte, wurde gleich von Anfang bestätigt - zumindest diejenigen, die den A-Schein der Trainerakademie erworben haben.

Für gewöhnliche Betrachter war die Partie während der ersten Hälfte eine Enttäuschung und ein typischer Fall von Spitzenspiel: Die Widersacher, die vor allem darauf bedacht waren, ihren guten Ruf und ihre großen Ambition zu verteidigen, verschanzten sich weitgehend in ihren stabilen Stellungen. Trainer lieben es, wenn sie sagen können, dass ihre Mannschaften "gut gestanden haben". Zuschauer betrachten es als Zumutung.

Den Münchnern, die lediglich Roy Makaay als Stürmer aufboten, war deswegen kein Vorwurf zu machen. Sie bestritten, selbst wenn es in dieser tristen Arena kaum zu spüren ist, eine Auswärtspartie und mussten sich nicht verpflichtet fühlen, ein attraktives Angriffsspiel aufzuführen. Dafür wäre eigentlich Juventus zuständig gewesen, und angesichts einer glänzend besetzten Offensivreihe - Nedved und Emerson im Mittelfeld, Ibrahimovic und Del Piero im Angriff - müssten sie dazu auch imstande sein.

Doch beschränkten sich die Gastgeber weitgehend auf eine passive Rolle. Knapp anderthalb Torchancen brachten die Turiner in den ersten 45 Minuten zustande: Einen Kopfball setzte Ibrahimovic, überrascht von der Gelegenheit, zwei Meter über die Latte. Und Del Piero versuchte einen Schuss aus der Drehung, der jedoch kaum mehr als zehn Stundenkilometer Fahrt aufnahm und demzufolge sanft in Oliver Kahns Arme trudelte.

Mit mehr Schwung machten die Bayern ihre Arbeit. Salihamidzic, Zé Roberto und der ständig aufrückende Sagnol - in seinem ersten Saisoneinsatz von Beginn an - bemühten sich aus dem Mittelfeld um Tempo, doch endeten ihre Aktivitäten zumeist am Strafraum. Lediglich einmal geriet Buffon im Tor der Turiner ernsthaft in Gefahr. Der französische Abwehrroutinier Thuram hatte einen hohen Diagonalpass unterlaufen, was Makaay zu plötzlicher Freiheit verhalf. Außenverteidiger Zebina rettete die Situation.

Für die zweite Halbzeit schienen sich die trägen Helden etwas mehr vorgenommen zu haben. Ein paar Minuten vergaß man die taktischen Zwänge, und Oliver Kahn geriet unvermittelt in den Blickpunkt, musste dabei allerdings hoffen, dass Jürgen Klinsmann in Kalifornien den Fernseher nicht eingeschaltet hatte, denn es sah gar nicht gut aus, wie er eine auf sein Tor zuflatternde Kerze aus den Händen springen ließ.

15 Minuten Hektik

Del Piero war zwar blitzschnell zur Stelle, vergab jedoch überhastet. Offenbar wurde diese Aufregung von den Beteiligten jedoch als Schock empfunden, prompt zogen sie sich wieder in die sture Ordnung zurück, und die Spielzeit verging wieder mit Mittelfeldscharmützeln und defensivem Störwerk. 15 Minuten vor Schluss schien der Pakt über ein schiedliches Remis besiegelt, dann passierte es auf einmal.

Eine lange Flanke unter vielen erreicht Ibrahimovic, dessen Kopfballvorlage von Gegenspieler Kuffour ehrfürchtig bestaunt wird, Nedved in Position bringt, und gegen dessen elegante Drehung mit Ball sind sowohl Linke wie Kahn ohnmächtig. Schon liegt die Kugel zum 1:0 im Netz.

Große Hektik brach nun aus. Die Bayern stürmten ohne Rücksicht auf Verluste drauflos. Schweinsteiger, der eingewechselte Hashemian und Lúcio versuchten verzweifelt ihre Gelegenheiten zu nutzen. Aber der späte Eifer wurde nicht mehr belohnt.

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