Süddeutsche Zeitung

Bayern München gewinnt die Champions League:Robben ballert Bayern auf den Fußballthron

Ein packendes Finale, ein glücklicher Sieger: Der FC Bayern schlägt Borussia Dortmund in einer aufregenden Partie mit 2:1 und holt sich den Titel in der Champions League. Nach einem verschlafenen Beginn finden die Münchner zurück ins Spiel - und am Ende mit Arjen Robben einen denkwürdigen Matchwinner.

Von Carsten Eberts, London

Rot-Weiß, das Stadion leuchtete Rot-Weiß. Um exakt 21.55 Uhr britischer Zeit war endgültig besiegelt, welche deutsche Mannschaft neuer Champions-League-Sieger ist. Da reckte Philipp Lahm den silbernen Pokal, liebevoll Henkelpott genannt, in die Höhe, strahlte dabei wie ein Schulbub, noch ein wenig mehr als sonst. Um den Bayern-Kapitän herum flitterte, blitze und tönte es. Die Boxen im Londoner Wembley-Stadion gaben alles, was sie konnten.

Nur ein paar Meter weiter standen die Dortmunder. Hätten sie gewonnen, hätte es gelb-schwarzes Lametta geregnet. Doch nun harrten sie aus, bedröppelt und bis aufs Letzte enttäuscht, bis sie endlich in die Kabine entschwinden konnten. Die Bayern haben das historisch erste deutsch-deutsche Champions-League-Finale gewonnen, durch einen späten Treffer von Arjen Robben in der 89. Minute. Zuvor hatten Mario Mandzukic (60.) für die Bayern und Ilkay Gündogan (66.) für Dortmund getroffen.

"Das bedeutet mir sehr viel", sagte Arjen Robben, der Held von Wembley: "Ich kann es eigentlich noch gar nicht fassen. Da sind so viele Emotionen, das ist unglaublich." Doch die Bayern zollten der Leistung des BVB Respekt. Franz Beckenbauer, Ehrenpräsident der Münchner, erklärte: "Die Dortmunder haben das Spiel der Bayern nicht zugelassen. Da waren die Bayern ratlos. Dass sie trotzdem das Spiel gewonnen haben, spricht für ihre Klasse."

Dennoch waren die Dortmunder am Boden zerstört. Der sichtlich niedergeschlagene BVB-Torwart Roman Weidenfeller befand: "Das ist für uns sehr traurig, weil wir bis hierher - auch im Spiel heute - eine klasse Champions-League-Saison gespielt haben." Mittelfeldspieler Sebastian Kehl, mit 33 Jahren im fortgeschrittenen Stadium seiner Fußballer-Karriere, erklärte trotzig: "Natürlich greifen wir nächstes Jahr nochmal an."

Schon vor dem Anpfiff galt als sicher, dass es in diesem Finale um Nuancen gehen würde, so gut kannten sich die Bayern und der BVB aus vielen Duellen. Im Weltfußball vielleicht nur noch vergleichbar mit Barcelona und Real Madrid, den Platzhirschen aus Spanien. Es würde auf die kleinen Dinge ankommen, auf die überraschenden Heldentaten, auf kleine taktische Kniffe, auf die besseren Nerven.

Erster Schreck beim Aufwärmen

Für die Bayern war die Fallhöhe natürlich größer. Zweimal in den vergangenen drei Jahren haben sie das große Finale bereits verloren, einmal davon besonders schmerzlich, "dahoam" im eigenen Stadion. Das sollte sich nicht abermals wiederholen. Doch der erste Schreck ereignete sich für die Bayern bereits beim Aufwärmen. Bastian Schweinsteiger knickte um, fasste sich an den Knöchel. Kurz darauf war aber sichergestellt, dass er würde auflaufen können.

Der Chef angeschlagen, vielleicht begannen die Bayern auch deshalb nervös. Die beiden frühen Eckbälle für den BVB waren in der Entstehung vermeidbar, in der zwölften Minute nutzte Robert Lewandowski einen schlimmen Fehlpass von Lahm, um Manuel Neuer erstmals zu prüfen. Zwei Minuten später zwang Jakub Blaszczykowski den Bayern-Keeper aus kurzer Distanz zu einer noch größeren Tat (14.). Der BVB hätte früh führen können, Trainer Jürgen Klopp regte sich an der Seitenlinie angemessen auf.

Das Fehlen von Mario Götze war dem BVB zunächst überhaupt nicht anzumerken. Der Spielgestalter, der sich nach der Saison zum FC Bayern anschließt, hätte diesem Spiel allein mit seiner Wechsel-Geschichte automatisch einen Stempel aufgedrückt. Doch er saß draußen, Basecap auf dem Kopf, ziemlich regungslos. Auf dem Platz erfüllte Marco Reus die Rolle als Götze-Vertreter bestens. Hinter ihm sorgten Sven Bender und Gündogan dafür, dass die Bayern in den ersten 20 Minuten überhaupt nicht ins Spiel fanden.

Etwas überraschend deshalb die Münchner Doppelchance. Erst wischte BVB-Keeper Roman Weidenfeller einen Mandzukic-Kopfball über die Latte (26.), die anschließende Ecke landete auf dem Kopf von Javi Martínez, der den Ball auf das Tornetz beförderte. Die Bayern waren augenblicklich wach. Kurz darauf musste Weidenfeller Robben entgegeneilen und die Münchner Führung verhindern (30.).

Wer einen ereignisarmen, weil taktikgeprägten Kick erwartet hatte, wurde fast minütlich eines Besseren belehrt. Das Spiel wogte nicht zwischen den Mittelfeldreihen, sondern zwischen Strafraum und Strafraum hin und her. Erst rettete Neuer völlig frei gegen Lewandowski (35.), dann tändelte Robben eine Sekunde zu lange gegen Subotic, was den Niederländer Ball und Chance kostete (37.). Kurz darauf rettete Weidenfeller abermals gegen Robben (42.). Es sollte nicht das letzte Duell der beiden werden.

Das Wembley-Stadion pustete kollektiv durch, als Schiedsrichter Nicola Rizzoli zur Pause pfiff. Selten hatte es wohl eine qualitativ hochwertigeres Final-Halbzeit gegeben, mit zwei Teams auf einem Niveau. Dass es nach 45 Minuten torlos stand, war einzig den beiden herausragenden Torstehern geschuldet.

Mit der Torlosigkeit war es vorbei, als Mandzukic nach feiner Vorarbeit von Ribéry in der 60. Minute zur Führung einschob. Doch es hätte nie im Leben zu dieser Partie gepasst, hätte sich das Spiel nun für eine Richtung entschieden. Dante foulte Reus im Strafraum, Rizzoli entschied auf Elfmeter, Gündogan verlud Neuer und setzte seinen Schuss unten rechts ins Netz (66.). Kurz darauf wieder Dortmunder Jubel, jedoch nur, weil Subotic einen Schuss von Müller in allerletzter Sekunde von der Linie kratzte (71.)

Was würde dieses Spiel noch für eine Geschichte schreiben? Die von Arjen Robben natürlich. Noch vor einem Jahr war der Niederländer die tragischste Figur beim FC Bayern, als er beim Finale im eigenen Stadion erst beste Chancen ausließ, dann in der Verlängerung einen Elfmeter verschoss und wie kein anderer die Münchner Finalniederlage auf dem Gewissen hatte. Damals weinte er, brauchte Monate, um sich den Kredit bei den eigenen Fans zurückzuerarbeiten.

Diesmal blieb Robben gänzlich cool. Nahm den durchgesteckten Ball von Ribéry auf, umkurvte Weidenfeller, zögerte noch eine Sekunde, schoss zum 2:1 ein. Nicht irgendwann, sondern zum annähernd besten aller möglichen Zeitpunkte. Kurz vor Schluss, wenn der Gegner kaum mehr reagieren kann. In der 89. Spielminute.

Beide Teams im Vergleich

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