Bayern München:Ganz gut getroffen

Kostengünstiger Aufsteiger im sündhaft teuren Kader: Statt Klose oder Toni glänzt Thomas Müller in der Offensive des FC Bayern München.

Andreas Burkert

Uli Hoeneß muss doch sehr angetan gewesen sein von dem, was er von seinem Tribünenplatz gesehen hatte. Denn Hoeneß war ziemlich bedient nach dem Spiel; das genussvolle Lächeln, mit dem er zuvor im Oberrang des Westfalenstadions an der Seite des Vorstandskollegen Karl-Heinz Rummenigge dem dann doch recht deutlichen 5:1 seiner Bayern bei der Borussia zugeschaut hatte - dies ersetzte er anschließend durch einen angestrengten Blick und Tiraden gegen Gott und die Welt (siehe Bericht Nie mehr Swasiland). Und niemand konnte ihn abbringen von seiner Eigenart, nach wertvollen Erfolgen ganz bewusst die Schattenseiten des Geschäfts und des Lebens an sich anzuprangern. Nicht mal mit einer Frage zu Thomas Müller, dem sicher recht kostengünstigen Aufsteiger aus seinem sündhaft teuren Kader, war seine Laune aufzuhellen. "Hört's auf mit dem Schmarrn", entgegnete er und geißelte die vermutlich sogar an der Wirtschaftskrise schuldige "Tendenz in Deutschland, jemanden hochzujubeln, wenn er mal ein, zwei Tore geschossen hat". Von wegen alles Müller: "In dem Alter habe ich auch so gut gespielt und war schon Nationalspieler!"

Thomas Müller, seit Sonntag 20, darf sich schwer etwas einbilden auf dieses sehr versteckte Lob, es hätte ja schlimmer kommen können. Als zum Beispiel Bastian Schweinsteiger, 25, noch ein Teenager war und beim ersten Torjubel ein Armbändchen küsste, hat Hoeneß ihn am Spielfeldrand ganz fürchterlich zusammengestaucht. Bei Thomas Müller ist das aber angeblich nicht nötig, der junge Mann, seit dieser Saison Profi und seit Dortmund Torschütze für den Rekordmeister, besitzt keine Armbändchen. Dafür aber eine erstaunliche Technik und ein bayerisch-gerolltes R im persönlichen ABC; vom nahen Ammersee stammt der vielseitig verwendbare Offensivspieler, vom TSV Pähl wechselte er in die D-Jugend der Bayern. Und man darf das Hoeneß zwar nicht sagen, aber Müller fiel schon bei seinen bisherigen Kurzeinsätzen mit seinen Dribblings und Drehungen ungemein positiv auf.

In Dortmund kam Müller bereits zur Halbzeit für einen gewissen Mario Gomez, der nach einer naiven Startphase der Bayern und der Dortmunder Führung durch Mats Hummels (11.) immerhin das (abseitsverdächtige) 1:1 geköpft hatte. Müller, hinter der Spitze Olic eingeteilt, verlor ein paar Bälle, aber er leitete auch Schweinsteigers 2:1 ein und traf nach Ribérys Kunstschuss selbst zweimal gegen wehrlose Borussen: Das 4:1 per trockenem Flachschuss und zum Endstand mit einem satten Schuss in den Winkel aus dem Lauf, den er übrigens als "ganz gut getroffen" bezeichnete.

Unaufgeregt wirkt der junge Mann auch auf dem Rasen. Schlaksig joggt der bereits verlobte Abiturient bisweilen vorbei, als sei diese Art der Fortbewegung eine Tarnung. Trainerassistent Hermann Gerland, bei dem er vorige Saison im Amateurteam 16 Tore erzielte, will nicht allzu heftig schwärmen über das nächste Ass aus seinem Talentstall. Aber er sagt: "Der Müller, der ist ein Spieler, der macht Tore. Immer. Auch wenn er schlecht spielt." Müller selbst macht auch jetzt keine große Sache daraus, dass er statt der nur trainierenden Nationalspieler Luca Toni und Miroslav Klose Akzente setzt und wohl auch am Dienstag in der Champions League gegen Haifa zum Einsatz kommt. "Das ist auch nur ein Fußballspiel, und das wollen wir gewinnen", sagt er dann und betont, er sei eigentlich nie nervös: "Ich habe mir noch nie einen großen Kopf gemacht, ich hab' einfach Spaß am Spiel." Einfach Spaß am Spiel, das hat er wirklich gesagt und Glück gehabt, dass Hoeneß nicht daneben stand.

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