FC Bayern:Mit Zauberlupferpässchen zur Meisterschaft

Werder Bremen - FC Bayern München

Die Bayern feiern die Meisterschaft im leeren Bremer Stadion.

(Foto: dpa)

Dem FC Bayern reicht ein 1:0 gegen Werder Bremen, um den achten Liga-Titel in Serie zu holen. Die Kulisse ist kühl, der Schiedsrichter hilft mit.

Von Ralf Wiegand, Bremen

Als es vollbracht war, wurden die Bayern nicht einmal ausgepfiffen. Auch jubelte niemand, der nicht sein Geld beim FC Bayern verdienen würde. Sonst freuen sich sogar in Bremen viele Menschen über Bayern-Siege, denn der Münchner Fußball hat auch im norddeutschen Flachland zahlreiche Anhänger. Statistiker haben herausgefunden, dass nie zuvor in der 57-jährigen Bundesliga-Geschichte eine Mannschaft im Weserstadion zum Meister gemacht worden war, auch Werder selbst nicht. Das ist das kleine Kuriosum dieses nun nicht mehr revidierbaren achten Liga-Titels in Serie, für den ein 1:0 der Münchner reichte. Das große Kuriosum bleiben die Umstände, unter denen nun die Triumphe und Tragödien des Fußballs vollendet werden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. So ein Erfolg vor keinem Publikum ist wie ein Gedicht, das niemand vorträgt. Irgendwie doch sehr, sehr traurig.

Um kurz nach sieben am Abend waren die Bayern in zwei Bussen und einer schwarzen Limousine, begleitet von Polizeieskorte, aus der Innenstadt die paar Kilometer an die Weser gefahren worden. Der Besuch des amtierenden, alten, ganz alten, uralten, steinalten und nun auch künftigen deutschen Meisters hatte diesmal ein paar mehr Schaulustige angelockt als sonst, sie sahen aber natürlich nichts außer eben Bussen. Auch geparkt wird so, dass Menschenkontakt vermieden wird, im Fußball hat sich zusätzlich offenbar die Sorge eingeschlichen, dass Corona auch durch Blicke übertragen werden könnte.

Es ist müßig, daran zu erinnern, was sonst zu diesem Anlass am und im Weserstadion los ist. Wenn die Bayern in der Stadt sind, vibriert Bremen, in jedem Jahr aufs Neue werden in den überfüllten Kneipen im Viertel genannten Kiez beim Verzehr der letzten Bratwurst und beim Hinunterstürzen des letzten Biers die Chancen ausgelotet: Diesmal aber vielleicht doch, gerade weil niemand damit . . . und dann kommt es zuverlässig anders, aber es war trotzdem ein super Abend. Und um auf die Bayern zu schimpfen, dazu muss man sie nicht zwingend besiegen. Das geht in Bremen immer - und auch dieses Spiel würde wiederum Gelegenheit genug bieten.

Bremen spielt gegen den Abstieg, agiert aber mutig

Diesmal war alles andere nicht, die Bratwurst, das Bier, die letzten 300 Meter im grün-weißen Gewimmel vom Tresen ins Stadion - alles wegdesinfiziert für den Sonderspielbetrieb. Das Weserstadion war die kühle Kulisse für den letzten Schritt der Bayern zum 30. Titel, zum achten hintereinander. Und als hätte sich die Natur extra was Neues ausgedacht gegen die Langeweile, als Veredelung dieses Erfolgs, ist der FC Bayern München nun also auch erster Pandemiemeister der Geschichte.

Wonach es, das soll nicht vergessen werden, gar nicht zwingend ausgesehen hat. Die Bremer spielten trotz der Last des eigenen Stadionbetons auf den Schultern mutig mit. Von bis Dienstag 15 Heimspielen hatten sie nur eines gewonnen, am 1. September 2019 gegen Augsburg. Damals war die Welt noch in Ordnung, die von Werder und der Rest auch, aber dann legte sich ein Fluch übers Weserstadion. Aber gegen die Bayern hatte Trainer Florian Kohfeldt die Bremer kompakt aufgestellt, mit einer Fünferkette und einem dichten Mittelfeld, unter Verzicht auf alle vier zur Verfügung stehenden Stoßstürmer. Entsprechend intensiv entwickelte sich das Spiel, mit disziplinierten, zweikampfstarken Bremern.

Die Bayern, maximal offensiv aufgestellt mit Gnabry, Lewandowski, Müller und Coman, kamen fast eine ganze Halbzeit lang kaum zum Zug. Dann, in der Anschlussszene an einen Freistoß, über den sich Werder-Trainer Kohfeldt bis zum Halbzeitpfiff nicht mehr einkriegte, spielte Boateng ein Zauberlupferpässchen auf Robert Lewandowski in den Strafraum, geliefert wie bestellt für Europas besten Torjäger der Gegenwart. 43. Minute, 1:0 für die Bayern, nun zeichnete sich der 19. Sieg gegen Werder hintereinander ab, auch das eine europaweit unerreichte Serie.

Weshalb Bremen mit dem Schiedsrichter haderte

Zu diesem Zeitpunkt waren die Bremer freilich eh schon durch mit Schiedsrichter Harm Osmers, der in Bremen geboren ist. In der 19. Minute hatte er freie Sicht auf einen Zweikampf zwischen Alphonso Davies und Leonardo Bittencourt. Der Bayern-Verteidiger zog, als der Ball schon nicht mehr zur Szene gehörte, einmal von hinten durch. Osmers zeigte Davies Gelb, und während sich die auf der Haupttribüne verteilten Bremer und Münchner noch über leere Plastiksitze hinweg zünftig anschnauzten, lief das Spiel weiter.

Der im Falle von fälschlicherweise nicht ausgesprochenen Platzverweisen zum Eingreifen verpflichtete Videoschiedsrichter beließ es bei Osmers Fehlentscheidung. Die Bremer hätten 70 Minuten in Überzahl gespielt - so wurden es nur zwölf, weil Osmers sich wenigstens das Nummernschild von Davies aufgeschrieben hatte. Mit Gelb-rot ging der nach 78. Minuten duschen.

Wäre es ein anderes Spiel geworden? Werder betrieb gegen überwiegend elf Münchner viel Aufwand, sie waren ja nicht zum Meistermachen ins Stadion gekommen, sondern um gegen den Abstieg zu punkten, als Siebzehnter. Gebre Selassie traf nach neun Minuten das Außennetz, Maximilian Eggestein schoss in der 15. Minute knapp am Tor vorbei, das waren die Nadelstiche, die Kohfeldt versprochen hatte. Ansonsten spulten die Bayern routiniert, aber keinesfalls blutrünstig wie sonst ihr Pensum herunter.

Nach der Pause brüllte sogar jemand "spielt doch Fußball!" vom Oberrang, dort müssten Bayern Bosse gesessen haben, denn die Leidenschaft der Bremer zerstörte ihr Spiel immer gründlicher, je länger es dauerte. Werder sendete der Konkurrenz immerhin das Zeichen, dass so kein Absteiger spielt - Osako hätte in der 90. Minute fast noch ausgeglichen. Zwei Endspiele bleiben den Bremern noch. Die Bayern aber haben fertig, zur Belohnung gab es Meister-T-Shirts.

Zur SZ-Startseite

Bundesliga
:Paderborn muss zurück in die zweite Liga

Der SC Paderborn steigt ab, Union Berlin hält dagegen die Klasse. Freiburg besiegt Hertha, auch Gladbach überzeugt. Die Spiele im Überblick.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: