Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Zwei Elferparaden reichen nicht

Gladbachs Torhüter Yann Sommer gelingt ein Kunststück - doch sein Klub verliert trotzdem. Die Alte Försterei ist eine Nummer zu groß für Hoffenheim, Stuttgart erlebt einen bitteren Nachmittag. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Tim Brack und Martin Schneider

1. FC Köln - FC Bayern München 0:4 (0:2), Tore: 0:1 Robert Lewandowski (9.), 0:2 Corentin Tolisso (25.), 0:3 Lewandowski (62.), 0:4 Lewandowski (74.)

Der Wissenschaft ist dieser Tage so einiges zuzutrauen, das zeigt sich auch in der Corona-Pandemie. Doch auch die klügsten Forscherköpfe würden wohl zerbrechen auf der Suche nach Spannung im Bundesligatitelkampf. Nach dem Sieg der Dortmunder über Freiburg hatte die große, na gut, die minimalgroße Frage vor dem Spiel des FC Bayern beim 1. FC Köln gelautet: Wird der Münchner Tabellenführer schon nervös, weil der BVB bis auf drei Punkte herangekommen war?

Nervös? Eher nicht. In Köln konnte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann nach zahlreichen Corona-Fällen wieder auf eine besser besetzte Bank blicken. Die Startelf war aber noch keine Stammelf - unter anderem lief Marcel Sabitzer wieder als Linksverteidiger auf. Doch das bremste den Rekordmeister kaum. Schon früh im Spiel traf Robert Lewandowski nach einem Konter (9.). Nach einer Balleroberung von Corentin Tolisso und einer Vorlage von Thomas Müller war der Ball zum Polen gekommen.

Balljäger Tolisso verwandelte sich wenig später in einen Torjäger. Nach einem Doppelpass mit Müller am Strafraumeck schoss er den Ball in den Winkel (24.). Die Kölner Abwehr hatte immer wieder große Probleme, die Münchner einzufangen. Ein Volleyschuss des sehr mobilen Müllers parierte FC-Torwart Marvin Schwäbe in höchster Not. Und Köln? War weitestgehend harmlos in der Offensive. Einen kleinen Schreck jagten sie den Bayern beim vermeintlichen 1:2 durch Mark Uth ein (31.). Doch der Stürmer stand knapp im Abseits. Immer wieder liefen die Kölner mutig an, doch ihre Bemühungen wurden von Bayerns Abwehr, Abseitspositionen oder der Latte (72.) gestoppt.

Es lief folgerichtig alles auf weitere Münchner Tore hinaus, doch Lewandowski scheiterte erst aus der Distanz (40.) an Schwäbe, dann aus der Nähe (51.), ehe er seine Ehre gegen den FC-Keeper im Eins-gegen-eins wiederherstellte und traf (62.). Das 4:0 ließ sich der Pole dann selbstredend auch nicht nehmen (74.). Der Vorsprung der Münchner auf den BVB beträgt nun wieder sechs Punkte. Kein Fall für die Forschung, aber vielleicht wäre ja mal Lewandowski eine Untersuchung wert.

Borussia Mönchengladbach - Bayer 04 Leverkusen 1:2 (0:0), Tore: Robert Andrich (51.), Patrik Schick (74.), 1:2 Nico Elvedi (81.)

Was hätte Yann Sommer noch mehr tun können? Gut, er hätte einen dritten Elfmeter halten können, aber das tat er nach Berücksichtigung aller Fakten nur deshalb nicht, weil es keinen dritten Elfmeter für Leverkusen gab. Den ersten Strafstoß von Patrik Schick? Pariert im rechten Eck. Den zweiten Strafstoß von Kerem Demirbay? Pariert im linken Eck. Und weil er noch ein paar andere Leverkusener Chancen vereitelte, wurde der Schweizer zum Spieler eines Spiels, das er viel lieber gewonnen hätte.

Zum Verhängnis wurden ihm und der Borussia aus Mönchengladbach wieder zwei Standards. Eine Ecke, die Sommer mit seiner ersten Strafstoß-Parade "verursacht" hatte, landete beim abschlussbereiten Robert Andrich, der nur noch einschieben brauchte. Das Leverkusener 2:0 folgte einer Freistoßflanke, in die Patrik Schick noch ein Haar reinwarf. Nico Elvedis Anschlusstreffer kam zu spät.

Damit sucht die Borussia nach dem Sieg gegen den FC Bayern weiter ihre Form. Ob Matthias Ginter dabei noch eine Rolle spielen wird, ist weiter offen. Gegen Leverkusen saß er überraschend auf der Bank, Zugang Marvin Friedrich startete.

1. FC Union Berlin - TSG Hoffenheim 2:1 (1:1), Tore: 0:1 Timo Baumgartl (16., Eigentor), 1:1 Oliver Baumann (22., Eigentor), 2:1 Grischa Prömel (73.)

3000 Zuschauer, so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland, sahen unter 2GPlus-Regelung und mit FFP2-Maskenpflicht an der Alten Försterei zunächst zwei unglückliche Eigentore. Erst eines ihres FC Union, Ihlas Bebou brach auf der rechten Seite durch, Timo Baumgartl beförderte die Flanke auf den kurzen Pfosten beim Klärungsversuch ins eigene Netz. TSG-Torhüter Oliver Baumann zog kurz darauf nach, ein Vogelsammer-Kopfball sprang von der Latte an seine Schulter ins eigene Tor - sah unglücklich aus, allerdings war keine besondere Schuld des Torwarts an dem Missgeschick zu erkennen.

Es folgte ein Spiel auf gutem und ausgeglichenem Niveau, das schließlich Richtung Berlin kippte, als Grischa Prömel sein neu aktiviertes Torjäger-Gen (er traf vergangene Woche schon doppelt gegen Leverkusen) wieder entdeckte und nach einem Kruse-Schuss an die Latte den Ball zum 2:1 über die Linie drückte. Hoffenheim mag die Mannschaft der Stunde sein, doch an der Försterei zu bestehen, schaffte bisher nur der FC Bayern.

VfL Wolfsburg - Hertha BSC 0:0 (0:0)

Das Ergebnis, sagte Wolfsburgs Trainer Florian Kohfeldt vor dem Spiel, stünde über allem. Egal ob "dreckig, wunderschön oder mit Pauken und Trompeten." Dem folgend muss man sagen: Es war ein 0:0 wie eine traurige Posaune, das Berlin trotzdem mehr hilft als dem VfL, der nun seit abenteuerlichen zehn Spielen auf einen Sieg wartet.

Die erste Halbzeit war geprägt durch zwei umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen. Nachdem Wolfsburg die aktivere Mannschaft mit den besseren Torchancen war, kam Renato Steffen im Strafraum nach einem resoluten Einsatz von Jordan Torunarigha zu Fall - hätte man pfeifen können. Kurz darauf hatte wieder der VfL Glück: Niklas Starks Kopfballtor wurde wegen eines ganz leichten Schubsers von Jurgen Ekkelenkamp kurz zuvor annulliert. Auch das hätte Schiedsrichter Robert Hartmann gut anders entscheiden können. In der zweiten Halbzeit passierte - wenig. Wolfsburg versuchte zu agieren, Hertha verstand, dies zu verhindern.

VfB Stuttgart - RB Leipzig 0:2 (0:1), Tore: 0:1 André Silva (11., Handelfmeter), 0:2 Christopher Nkunku (70.)

Die Frage ist ja, ab wann man beim VfB Stuttgart mahnen muss. 18 Zähler nach 19 Spielen sind so langsam signifikant zu wenig, auch wenn die Schwaben in der Hinrunde eine massive Verletzungs- und Krankheitsserie überstehen mussten und auch diese Niederlage gegen Leipzig absolut nicht den Spielverlauf spiegelte. Aber: Sie passierte.

Konstantinos Mavropanos bekam einen Nkunku-Schuss an den ausgestreckten Arm, den folgenden Handelfmeter verwandelte André Silva so sicher, wie er auch schon den frühen Handelfmeter vor einer Woche gegen Mainz verwandelte. Was folgte war ein eher ernüchternder Auftritt von Domenico Tedescos Leipzigern und vor allem nach der Pause ein paar aus VfB-Sicht fast schon tragische Szenen. Mehrmals rettete Leipzigs Torwart Peter Gulacsi, einmal mit einem beeindruckenden Reflex gegen Sasa Kalajdzic, dann hätte Stuttgart nach einem Schubser von Willi Orban eigentlich Elfmeter bekommen müssen. Doch der VAR blieb stumm. Dass Leipzig dann nach einem Konter und einer schönen Einzelleistung von Christopher Nkunku den Deckel drauf machte, passte zum unglücklichen VfB-Nachmittag.

1. FSV Mainz 05 - VfL Bochum 1:0 (0:0), Tor: 1:0 Jerry St. Juste (48.)

Es gibt Gegner, gegen die tritt man gerne an. Das gilt in der Kreisliga genauso wie in der Bundesliga. Für Mainz 05 ist der VfL Bochum so ein Gegner. Gegen keinen Bundesligisten holten die Mainzer im Schnitt mehr als die 2,29 Punkte, die sie gegen Bochum einsammelten. Entsprechend dominant trat Mainz dann auch auf, mit teilweise 70 Prozent Ballbesitz. Doch die größte Chance zu Führung hatte der VfL, durch einen Strafstoß nach einem Foul von Stefan Bell an Sebastian Polter. Es passte ins Bild des Lieblingsgegners, dass Polter den Ball nicht im Tor unterbrachte. Stattdessen traf der nach einer Schulterverletzung zurückgekehrte Jeremiah St. Juste per Kopf für Mainz. In einem zerfahrenen Spiel, in dem die Mainzer mehr investierten, blieb es der einzige Treffer. Durch den Sieg distanzierten sich die Mainzer (27 Punkte) von Bochum (23).

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