Süddeutsche Zeitung

Sieg gegen Kiew in der Champions League:Bayern gelingt mehr als nur das Übliche

Zweites Gruppenspiel, zweiter hoher Sieg: Der FC Bayern hat einen Lauf und erzielt gegen Dynamo Kiew im ersten Münchner Champions-League-Heimspiel von Trainer Nagelsmann fünf Tore. Leroy Sané wird vom Publikum gefeiert.

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer

Viele erste Male sind schon nicht mehr übrig in der Trainerlaufbahn von Julian Nagelsmann beim FC Bayern, auch wenn sie gerade erst begonnen hat. Er hat bereits seinen ersten kleinen Pokal gewonnen (den Supercup), und er hat auf großen bis mittelgroßen Bühnen des Fußballs (Barcelona, Leipzig) den Beweis erbracht, dass seine Arbeit beim deutschen Rekordmeister erfolgreich beginnt. Am Mittwoch gab es nach drei Monaten in München allerdings noch eine Premiere: Nagelsmann, 34, stand erstmals bei einem Champions-League-Spiel im eigenen Stadion an der Seitenlinie. Er weiß nun also auch, wie es sich anfühlt, vor immerhin 25 000 erlaubten Zuschauern 5:0 (2:0) gegen Dynamo Kiew zu gewinnen, das zweite von zwei Gruppenspielen in der sogenannten Königsklasse.

"Wir sind diejenigen, die immer wieder feiern", sangen einige Fans in der zweiten Halbzeit, nachdem zweimal Robert Lewandowski und einmal Serge Gnabry getroffen hatten, da rief Nagelsmann noch Anweisungen durchs Stadion. Als mit einem als Flanke getarnten Torschuss Leroy Sané zum 4:0 traf, schaute der Trainer aber auch lieber auf die Videoleinwand, um sich die Wiederholung anzuschauen. Und als schließlich der eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting mit einem Kopfball den Schlusspunkt setzte, ballte Nagelsmann schon nur noch mit großer Routine die Faust. Ganz so, als wären solche Erfolge beim Rekordmeister nun eben auch für ihn alltäglich.

Es war nur Kiew, könnte man nun einwenden, doch dann hätte man nicht aufgepasst. Nagelsmann hatte vor dem Spiel in einem Kurzvortrag in der Pressekonferenz einige Stärken des ukrainischen Meisters aufgezählt: Der Gegner werde tief stehen, hatte er angekündigt, der beste Spieler heiße Viktor Tsygankov. Und wenn man nur die ersten zehn Minuten zum Maßstab nahm, dann war das auch alles zu sehen, es sah nicht unkompliziert aus für die Münchner. Die Ukrainer stellten sich dicht gedrängt vors eigene Tor, auf der anderen Seite schoss Tsygankov nach neun Minuten vorbei. Nach zehn Minuten hatte allerdings Lewandowski seine erste Torchance, nach zwölf hatte er per Handelfmeter zum ersten Mal getroffen - und nach 27 Minuten hatte er schon sein zweites Tor des Abends zum 2:0 beigetragen.

Bayern-Trainer Nagelsmann feuert immer wieder Alphonso Davies an

Acht Pflichtspiele nacheinander hatten die Bayern vorher gewonnen, Verletzungsprobleme gibt es auch kaum. Kingsley Coman fehlte nach seiner Herz-OP, dazu Corentin Tolisso und Ersatztorwart Sven Ulreich - aber sonst sind alle fit. Im Vergleich zum 3:1 gegen Greuther Fürth am vergangenen Freitag änderte Nagelsmann die Startelf nur auf einer Position, anstelle von Rechtsverteidiger Benjamin Pavard, der in der Bundesliga nach einer roten Karte nun für zwei Spiele gesperrt ist, begann der offensivere Gnabry.

Nagelsmanns Aufstellungen in diesen Tagen sind stets auch ein Hinweis darauf, wie viel er schon ändert am Erfolgssystem seines Vorgängers Hansi Flick, der am Mittwoch auf der Tribüne zusah; er saß gleich hinter Vorstandschef Oliver Kahn. Eine Abwehrreihe wie die gegen Kiew hat Flick so ähnlich aber auch schon aufgestellt, anders als gegen Fürth liefen die Bayern nicht mit einer Dreierkette auf, sondern mit vier Verteidigern. Anders als Niklas Süle auf der rechten Seite griff Alphonso Davies auf der linken den Gegner schon in Flügelstürmerposition an, immer wieder von Nagelsmann dazu angefeuert.

Mit der Führung im Rücken - dem Strafstoß ging ein klares Handspiel von Serhiy Sydorchuk voraus - sah der Fußball der Bayern spätestens Mitte der zweiten Halbzeit nach jenem erfolgreichen der vergangenen Wochen aus. Es gelangen einige der von Nagelsmann geforderten Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte. Vor dem 2:0 war es Süle, der einen Pass abfing und den Gegenangriff einleitete, beides mit einer einzigen Berührung mit dem rechten Außenrist. Thomas Müller leitete den Ball auf Lewandowski weiter, der auch schon beim 3:0 im ersten Gruppenspiel beim FC Barcelona zweimal getroffen hatte.

Den Bayern gelang allerdings mehr als nur das Übliche. Leroy Sané zum Beispiel, dessen schwache Leistung noch vor ein paar Wochen an selber Stelle von ein paar Fans mit Pfiffen bedacht worden war, bekam diesmal "Leroy"-Sprechchöre gewidmet, als er sich mit ein, zwei starken Balleroberungen in die Partie hineinkämpfte; in der 35. Minute traf er den Innenpfosten, kurz darauf provozierte er beim Gegner eine gelbe Karte, weil er seinem Gegenspieler Oleksandr Tymchik davongedribbelt war. In der zweiten Halbzeit bereitete er in der 68. Minute das 3:0 durch Gnabry vor, dem er den Ball in den Lauf passte. Und schließlich hatte er in der 74. Minute etwas Glück: Seine angedachte Flanke vom linken Flügel flog ins Tor von Kiews Schlussmann Heorhiy Bushchan.

Zwischenzeitlich, kurz vor und kurz nach der Halbzeit, hatte zwar auch Torwart Manuel Neuer zweimal parieren müssen, um die Gäste nicht doch noch ins Spiel zurückfinden zu lassen. Doch überragende Paraden des Welttorwarts, die gehören ja irgendwie auch dazu.

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