Trainingslager:Mit Katar wählt Bayern mal wieder Geld statt Moral

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Schon im vergangenen Jahr trainierte der FC Bayern in Doha. (Foto: A. Grimm/Getty Images)

Die Münchner reisen ins Emirat und werben dort für einen umstrittenen Staat. Das kann man als Unternehmen machen - aber dann sollte man sich an anderer Stelle nicht aufs Grundgesetz berufen.

Kommentar von Martin Schneider

Zunächst zum Wetter: In Doha, Katar, soll es die kommenden Tage 24 bis 26 Grad Celsius warm sein, einzelne Wolken nicht ausgeschlossen. In Marbella, Südspanien, sind dagegen nur 17 Grad vorhergesagt, dafür allerdings keine Wolken. Regen wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an beiden Orten nicht fallen.

Die Wettervorhersage dieser beiden Städte ist gerade ziemlich wichtig, weil der FC Bayern unter anderem mit den Temperaturen begründet, warum er unbedingt sechs Tage in Katar trainieren muss. Offiziell nennen die Münchner das "hervorragende Trainingsbedingungen" (Uli Hoeneß) und was neben Rasenqualität und Außentemperatur soll das schon bedeuten? Borussia Dortmund - aktuell übrigens sportlich besser als der FC Bayern - trainiert in Europa. Nachdem der BVB zwischenzeitlich auch mal am Golf war (Dubai), findet der Tabellenführer der Bundesliga die Trainingsbedingungen in Marbella offenbar ausreichend. Der FC Bayern nicht.

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Und damit zu Politik, Geld und Moral: Natürlich geht es bei diesem Trainingslager des FC Bayern um Geld. Auf dem Trikotärmel tragen die Münchner den Schriftzug "Qatar Airways" durch die Stadien der Bundesliga - Qatar Airways ist die nationale Fluggesellschaft von Katar, ein Staatsunternehmen. Und der Staat Katar hat immer noch weitreichende Defizite im Bereich Menschenrechte, sagt die Organisation Amnesty International. Wenn der FC Bayern also freiwillig nach Katar fliegt, dann wirbt er mit seinem Namen für diesen Staat. Er tauscht Moral gegen Geld. Das ist falsch und das bleibt falsch.

Der FC Bayern gewinnt Geld, er verliert moralische Legitimation

Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge argumentiert, dass der FC Bayern ein normales Wirtschaftsunternehmen sei und andere Wirtschaftsunternehmen schließlich auch mit Katar Geschäfte machen. Das stimmt nicht. Der FC Bayern ist zwar ein Unternehmen, aber kein normales. Er steht in der Öffentlichkeit, er steht für Werte und er fordert Werte ein - Rummenigge zitiert ja zuweilen das Grundgesetz. In Katar gelten die Werte von Artikel 5 des Grundgesetzes (Presse- und Meinungsfreiheit) und Artikel 8 (Versammlungsfreiheit) wenn überhaupt nur sehr eingeschränkt.

Der FC Bayern kann das schon so begründen - aber dann muss er alle Konsequenzen tragen. Er gewinnt Geld, er verliert moralische Legitimation. Wenn Uli Hoeneß zuweilen beklagt, er müsse im internationalen Fußball gegen von Katar oder Dubai alimentierte Klubs antreten und dann ebenfalls deren Geld nimmt - dann darf er sich nicht wundern, wenn er auf der Jahreshauptversammlung genau das von einem Mitglied vorgehalten bekommt. So ist es in diesem Jahr ja auch passiert.

Man kann Rummenigge und Hoeneß zu Gute halten, dass sie dazugelernt haben. Zunächst äußerten sie sich gar nicht politisch zu ihrem Trainingslager, nun nehmen sie ihre Frauenmannschaft mit und sagen, das sei ein politisches Zeichen für Gleichberechtigung. Und sie verweisen auf einen Dialog zum Thema Arbeitsrechte. Tatsächlich haben sich die Bedingungen für Arbeiter auf WM-Baustellen verbessert - aber ob das nun am FC Bayern liegt oder ob die Welt nicht doch eine Weltmeisterschaft in Stadien großflächig abgelehnt hätte, für die immer mehr Menschen gestorben wären - das sei mal dahingestellt.

Aber das sind kleine Korrekturen einer im Grundsatz falschen Entscheidung. Wenn der FC Bayern gern ein anderer Klub sein möchte als die Manchester Citys und Paris Saint-Germains dieser Welt, dann darf er sich nicht auf deren Weg begeben. Auch nicht mit nur einem Schritt.

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