Bayern im Pokal-Halbfinale:Alarm in der Kuscheloase

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Mit Bastian Schweinsteigers Tor zum 1:0 nahm der Abend seinen Lauf (Foto: Bongarts/Getty Images)

Ab nach Berlin - dort wartet Dortmund: Der FC Bayern zieht durch ein ungefährdetes 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern zum 20. Mal ins Finale des DFB-Pokals ein. Doch auch gegen den Zweitligisten offenbaren Pep Guardiolas Männer einige Konzentrationslücken, was Sportchef Sammer gehörig ärgert.

Aus dem Stadion von Claudio Catuogno

Der DFB-Pokal ist noch nicht vorbei. Wie aus gut unterrichteten Quellen zu erfahren ist, findet in diesem Pokal sogar noch ein Finale statt, am 17. Mai in Berlin. Für den FC Bayern war das am Mittwoch schon vor dem Anpfiff eine gute Nachricht. Mit Wettbewerben, die vorbei sind, hat der Verein keine so guten Erfahrungen gemacht in letzter Zeit.

Genau genommen waren die Erfahrungen so lausig, dass der Trainer Pep Guardiola jetzt sogar sagt, es sei ein "großer Fehler" gewesen, über einen Wettbewerb, der nachweislich vorbei ist, zu behaupten, er sei vorbei. Der FC Bayern und die Bundesliga, die er in diesem Jahr so früh gewonnen hat wie nie ein Klub zuvor - das ist nicht erst seit dem 0:3 gegen Dortmund am Samstag eine etwas verworrene Geschichte geworden.

Der FC Bayern und der DFB-Pokal, das ist auch weiterhin eine Erfolgsgeschichte. 5:1 (2:0) gewannen die Münchner am Mittwochabend durch Tore von Schweinsteiger, Kroos, Müller, Mandzukic und Götze (Gegentor: Simon Zoller) das Halbfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern. Die Guardiola-Elf hat damit weiterhin die Chance, am Ende dieser Saison genauso viele Titel in die Vitrinen ihrer "Erlebniswelt" zu stellen, wie dies der Heynckes-Elf im vergangenen Mai gelungen war - drei. Allerdings begegnet den Münchnern in Berlin wieder: Borussia Dortmund.

Und an den BVB haben sie in Verbindung mit Pokalendspielen in etwa so schlechte Erinnerungen wie an den FC Chelsea in Verbindung mit Champions-League-Endspielen. Zuletzt, 2012, triumphierte Dortmund in Berlin 5:2. Doch ehe es soweit ist, steht den Münchnern bekanntlich noch das Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid ins Haus sowie vier Partien in diesem Dings-Wettbewerb. Und weil es zumindest gegen die Spanier vermutlich eine Bayern-Elf in Weltklasse-Form brauchen wird, hängt eben doch wieder alles mit allem zusammen: Liga, Pokal, Champions League.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Robben, Retter der Pffft-Bayern

Arjen Robben wirbelt, während beim Rest der Bayern die Luft entweicht. Lukas Raeder sucht Ostereier im eigenen Strafraum. Und ein ungewohnt schüchterner Philipp Lahm erinnert sich, wie er mit den Bayern einmal gegen den FCK verlor. Die Bayern beim 5:1 gegen den FCK in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Und auch dieser ungefährdet herausgespielte Pokalkick musste Auskunft darüber geben, wie sie denn nun drauf sind, die Guardiola-Bayern. Ob es also wirklich nur die sportliche Irrelevanz der Liga-Partien gegen Hoffenheim (3:3), Augsburg (0:1) und eben Dortmund war, die sie in eine Art Stand-by-Modus hatte schalten lassen, jederzeit wiederzuerwecken durch einen Druck auf die Pep'sche Fernbedienung. Oder ob ihnen doch ein bisschen diese unglaubliche Selbstverständlichkeit verloren gegangen ist, mit denen sie bis Mitte März über ihre Gegner hinwegzufegen pflegten.

Wirklich schlauer ist man in Bezug auf diese Frage jetzt allerdings auch nicht.

Oder doch? Zumindest Sportchef Matthias Sammer scheint alarmiert zu sein. In einer denkwürdigen Brandrede legte er nach dem Schlusspfiff die Finger auf die Wunde. Ein paar seiner Kernthesen: "Wir waren unantastbar, aber das haben wir verloren." Das Team begehe viele Konzentrationsfehler, es gebe nur wenig Gruppendynamik. Sein vorherrschender Eindruck: "Wir brennen nicht." Warum? Man sei zu lieb und zu nett, wie "in einer Kuscheloase". Deshalb wurde er noch deutlicher: "Wenn man sich liebt, muss man sich auch die Wahrheit sagen - und die Wahrheit ist: Das ist im Moment nicht genug." Diese Aussagen könnten über die Feiertage schwerer im Magen liegen als mancher Festbraten.

Wenigstens bestand am Mittwoch für die Münchner nicht die Gefahr, die Partie irrtümlich für ein Bundesliga-Spiel zu halten, der FCK spielt ja eine Etage tiefer und kämpft dort noch ein bisschen um den Aufstieg mit. Und auch wenn die Elf von Costa Runjaic immer wieder durch mutige Vorstöße bewies, dass sie nicht mithilfe irgendwelcher Pfälzer Geister in dieses Halbfinale vorgedrungen war: Pep Guardiola rotierte diesmal erwartungsgemäß keine Nachwuchskräfte in die Stammelf - abgesehen von Torwart Lukas Raeder, der Manuel Neuer ersetzte; die Nummer eins wurde wegen Wadenproblemen geschont.

Und gegen einen Zweitligisten reicht die individuelle Qualität von Männern wie Robben, Kroos und Müller dann halt auch für einen Sieg, ohne dass spielerisch alle Räder ineinander greifen müssen. Insbesondere der Kapitän Philipp Lahm und Europas Fußballer des Jahres Franck Ribéry wirkten - für ihre Verhältnisse - schon die zweite Partie in Serie irgendwie desorientiert.

Bei Lahm stimmte mehrmals das Stellungsspiel nicht. Ribéry setzte seine einzige Torchance in der 54. Minute deutlich über das Tor von Lauterns Tobias Sippel. Beim Gegentor zum 3:1 ließ Ribéry Florian Dick unbedrängt flanken, im Zentrum konnte dann Boateng Zollers Kopfball nicht verhindern (60.).

Andere in der Bayern-Elf wirkten hingegen frisch und zielorientiert. Thomas Müller etwa hatte die erste Gelegenheit: Sein Kopfball prallte abgefälscht gegen die Latte (9.). Arjen Robben wiederum besticht auch weiterhin durch seine individuelle Dynamik, der Niederländer war an den ersten drei Bayern-Toren beteiligt. Bastian Schweinsteigers Kopfball zum 1:0 bereitete Robben mit einer Ecke vor (23.).

Kurz darauf bediente er Toni Kroos, der dann einen jener Distanzschüsse ins Ziel brachte (32.), die ihm immer wieder lukrative Angebote anderer Top-Klubs einbringen (denen er aber vorerst widerstehen will; siehe Meldung rechts). Und nach der Pause holte Robben gegen Chris Löwe jenen Elfmeter raus, den Müller zum 3:0 verwandelte (50.). Beim 4:1 war Robben schon ausgewechselt, zur Schonung, vermutlich dachte Guardiola, das Spiel sei vorbei. Diesmal schickte der eingewechselte Mario Götze Mario Mandzukic, der schoss unbedrängt ein (78.).

Mit dem Schlusspfiff traf Götze dann nach Ribéry-Zuspiel noch selbst. Und selbst wenn sich der Zweitligist eine Menge Lob verdient hat: Alles andere als der Finaleinzug wäre eine Sensation gewesen. Das schien sogar der DFB selbst so zu sehen. Im Online-Presseportal des Verbands wurden die Journalisten schon vor dem Anpfiff eingeladen, sich für das Finale Dortmund vs. Bayern zu akkreditieren.

Nationalspieler des FC Bayern
:Kroos bleibt "mindestens bis 2015"

Der Berater von Toni Kroos bestätigt, dass der Nationalspieler auch in der kommenden Saison beim FC Bayern spielen wird. Ein Angebot aus England läge zudem nicht vor. Sportdirektor Matthias Sammer redet indes Bastian Schweinsteiger stark.

Ein "technischer Fehler", wie der DFB klarstellte, der Text sei auch mit der Paarung Dortmund vs. Kaiserslautern vorbereitet gewesen. Die Bayern-Version sei irrtümlich ins Internet gelangt. Nun ja. Möglich ist alles.

© SZ vom 17.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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