FC Bayern in der Einzelkritik:Ein kränklicher Lewandowski spielt Drachentöter

Der eingewechselte Stürmer reißt den Abend an sich. Franck Ribéry prallt an einem Busch ab. Und Niklas Süle rutscht wie im Spaßbad. Die Einzelkritik des FC Bayern.

Aus dem Stadion von Johannes Kirchmeier

Sven Ulreich

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(Foto: Matthias Schrader/AP)

Ersetzte den verletzten Manuel Neuer und kennt Heidenheim als Schorndorfer seit immer. Spielte zuletzt am 29. Juli 2009 gegen den FCH. Mit relativem Erfolg: 1:1 mit dem VfB II. Die gute Bilanz drohte sich diesmal schnell zu verschlechtern. Kassierte früh das 1:1 von Robert Glatzel. Versuchte das Gegentor wenig später mit einem Heber über den Torschützen gutzumachen. Gab ein paar "Ohhhhs" und "Ahhhhs" dafür von der Tribüne, aber kein Tor. Das schossen dann wieder die Heidenheimer - durch Marc Schnatterer. Hatte dann Glück, dass seine Vorderleute in der zweiten Halbzeit sich endlich auch für "Ohhhhss" und "Ahhhs" zuständig fühlten, bevor er noch zwei weitere Treffer von diesem Glatzel kassierte. Zehn Minuten vor Schluss hatte er doch seinen Neuer-Moment und durfte einen Ball abwehren.

Joshua Kimmich

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(Foto: Matthias Balk/dpa)

Nahm in Sachen Tempodribbling zuletzt wohl Anschauungsunterricht bei Mitspieler Serge Gnabry. Und den brauchte er auch. Denn als Gnabry nach einer halben Halbzeit plötzlich die Seite wechselte, musste Kimmich die gesamte rechte Außenbahn beackern. Wie ein junger Coman tänzelte er sich einmal auf der rechten Seite durch - und schoss dann, auch wie ein junger Coman, den ersten Verteidiger an. Verlor das Freistoßwettschießen klar gegen Heidenheims Marc Schnatterer und grätschte in der zweiten Halbzeit wild, aber meist ohne Erfolg. Ist zu seinem Nachteil deutlich kleiner als Robert Glatzel.

Niklas Süle

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(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Wuchtete sich nach einem Münchner Fehlpass dem Heidenheimer Robert Andrich kurz vor dem Strafraum entgegen wie die Badegäste auf die Rutschen eines Spaßbads. Nur traf dieser Riese Süle dabei weder eine Rutsche noch einen Fußball, sondern Andrich. Freute sich dann über die gelbe Karte in der 14. Minute. Dann schickte ihn Bademeister Guido Winkmann nach Ansicht der Überwachungsbilder doch aus dem Paradies - in der 15. Minute wohlgemerkt. Ohne Schwimmflügel trottete Süle vom Platz und eröffnete gleichzeitig dem Heidenheimer Freistoßwunder Schnatterer die Möglichkeit zum ersten Tor. Doch der schoss an die Latte.

Mats Hummels

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(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Hatte ein fast schon guardiolaeskes Videostudium des FC Heidenheim hinter sich. Denn ein guter Freund des Innenverteidigers ist Heidenheim-Fan, mit ihm darf Hummels den Ostwürttembergern öfters zuschauen. "Ich kenne sogar einige Spieler, sie sind spielerisch gut", sagte er am Samstag. Dazu gehört nicht nur dieser Schnatterer, sondern auch dieser Dovedan und dieser Glatzel. Vor dem Gegentor zum 1:1 flankte dann dieser Schnatterer auf diesen Glatzel, der eine "gewisse Kopfballwucht" einbringe und der - genau - per Kopf traf. Hummels stand ganz woanders, und so durfte Glatzel als ehemaliger TSV-1860-Stürmer zum ersten Mal bei den verhassten Roten in der Arena jubeln. Das durfte er noch zweimal, erst ohne Hummels' Zutun und dann nachdem Hummels diesen Multhaup, den er nicht kannte, elfmeterwürdig am Trikot zog. Glatzel traf aus elf Metern zum 4:4. Pep Guardiola hätte das alles wohl genauso geahnt und Hummels wohl noch etwas mehr vor diesen Ostwürttembergern gewarnt.

Rafinha

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(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

Wer hat Angst vorm Schnatterer? Das war die Frage, die ganz Fußball-Deutschland dem FC Bayern stellte. Die Antwort: fast alle. Nur nicht dieser Rafinha. Der hielt den Rotblonden mit dem Raketenschuss weitgehend aus dem Spiel. Erst mal gab es also kein Geschnatter, nur dann musste der Linksverteidiger innen aushelfen. Schnatterer zog von rechts draußen nach innen und traf nach einem Konter zum 2:1. Rafinhas Lohn? Die Auswechslung zur Halbzeit. Schmeckte wohl auch Spielpartner Schnatterer nicht, der selbst bald raus ging.

Thiago

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(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

So ganz genau weiß man es auch nicht, ob man ihm einen Gefallen tut, wenn man ihn beschreibt als: der bessere Dorsch. Hatte ein paar passsichere Thiago-Momente, ansonsten wirkte sein Tun dieses Mal etwas fad. Hatte auch den Fehlpass gespielt, der Süle in Bedrängnis brachte. Recht viel mehr kann man über den ansonsten quirligen Bälleverteiler dieses Mal nicht sagen. Und das sagt alles.

James Rodríguez

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(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Träumte sich in der 27. Minute wohl ins Rutschenparadies. Anders ist sein Ballverlust vor dem ersten Gegentor nicht zu erklären. Ansonsten: kein Dribbling, kein gefährlicher Linksschuss, keine Vorlagen. Zur Halbzeit schickte ihn Trainer Niko Kovac folgerichtig zum Rutschen.

Leon Goretzka

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(Foto: Matthias Schrader/AP)

Wie ein Handballspieler wuchtete er sich in den gefährlichen Raum vor FCH-Torwart Kevin Müller. Dann nahm er jedoch statt der Hand seinen Kopf und hinterließ mit seinem Aufsetzer wohl ein Löchlein im Boden Fröttmanings. Aus dem kleinen Krater sprang der Ball dann durch die Beine des Heidenheimer Torwarts Kevin Müller ins Tor. Goretzkas beste Szene war das freilich nicht: Das war sein Querpass wenig später. Da visierte er das DHL-Werbeschild als seinen Mitspieler an. Lag wohl am Wurm nach seiner Drehung zuvor.

Franck Ribéry

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(Foto: Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Prallte bereits in der ersten Minute an einem Busch ab. Marnon mit Vornamen, der die Arena als Sechzig-Spieler kennt, stoppte dann auch alle weiteren Dribbling-Versuche des Franzosen. Der kennt die Spezies Zweitligaspieler nicht allzu gut, vielleicht war das ja der Grund, warum er nicht an ihr vorbeikam. "Merci, Franck", hieß es dann nach 23 Minuten. Was dem Franzosen ähnlich schmeckte wie dieser Busch in Fröttmaning, der ihm davor dauernd im Weg gestanden hatte.

Serge Gnabry

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(Foto: Christof Stache/AFP)

Durfte nach einer halben Halbzeit die Seite wechseln. Den Weg hätte er sich auch sparen können. Mit etwas mehr Offensiv-Power in der zweiten Halbzeit wurde aber auch er stärker. Der Lohn war das 4:2, als er sich nach einer Ecke richtig postierte. Musste auf seinen Torjubel warten wegen des Videoschiedsrichters, wohl genervt von der Warterei traf er dann bei den nächsten beiden Abschlüssen lieber an die Latte als ins Tor. Nur ruhiger wurde der Abend so nicht.

Thomas Müller

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(Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Kommt einem Müller auf dem Fußballplatz sonst nur so nahe, wenn er gegen Mainz spielt - dort heißt bekanntlich der Torwart so. War von der Müllerschen Begegnung mit dem Heidenheimer Tormann Kevin, der auch Müller heißt, scheinbar paralysiert. Es wirkte so, als ob der Name Müller eine Halbzeit lang gar nicht mitspielte, obwohl er zweimal auf dem Feld war. Kovac kurierte ihn in der Halbzeit davon: Müller traf erst aus der Drehung gewissermaßen gegen sich selbst zum 2:2, dann legte er das 3:2 vor.

Jérôme Boateng

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(Foto: Christof Stache/AFP)

Kam schon nach einer halben Halbzeit für Monsieur Franck. Und während die Fußballwelt nun spekulierte, wo er in der kommenden Saison seine Schienbeinschoner anlegt, gewann er sein erstes Sprintduell. Das erste blieb lange auch das letzte siegreiche. Die anderen verlor er jedoch. Daher wirkte er wie ein schlechter Türsteher, der kurz den Boss markiert - und dann doch alle reinlässt. Hatte den in der 83. Minute auch als Einwechselspieler schon seinen ersten Krampf. Träumte sich insgeheim also vielleicht doch schon nach Turin am sicher einmal legendären kargen Vier-Gegentore-Heidenheim-Abend.

Robert Lewandowski

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(Foto: Andreas Gebert/Reuters)

War kränklich und daher setzte sich der Pole ganz im Sinne der Mediziner auf die Bank. Erst einmal also nur ein Don Quijote, der Ritter von der traurigen Gestalt. Aber er kennt das ja als Einwechselspieler. Wenn es nicht läuft, muss er doch ran: Fünfmal traf er vor ein paar Jahren mal in 8:59 Minuten gegen Wolfsburg. Da sollte dieses Dings, äh, Heidenheim doch auch als Einwechselspieler zu knacken sein. Es dauerte zehn Minuten, dann stand er zum ersten Mal auf der Anzeigetafel - als Torschütze. Keine Spur mehr von traurigem Ritter. Dann erzielte er, ganz der alte und gesunde Lewandowski mit einem stolzen Grinsen das 5:4 per Elfmeter. Wie ein Drachentöter - nur halt eben mitten ins Heidenheimer Herz.

Kingsley Coman

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(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Gab in der zweiten Halbzeit den Ribéry. Kennt er ja als Franzose eh seit immer. Bisschen Hackentricks, bisschen Übersteiger und fertig waren die Läufe in den Strafraum. Nur ein Heidenheimer Strafraum ist kein Bälleparadies, in das man sich reinfallen kann. Eher eine Sprossenwand, durch die 22-Jährige ohne große Verrenkungen nicht durchkommen. Vielleicht sollte er beim nächsten Mal wieder etwas mehr an eben jenen Verrenkungen arbeiten.

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