FC Bayern gegen Mönchengladbach:Erstmal weiter mit der Improvisationself

FC Bayern gegen Mönchengladbach: Paul Wanner, hier im Duell mit Luca Netz.

Paul Wanner, hier im Duell mit Luca Netz.

(Foto: kolbert-press/Christian Kolbert/imago images/kolbert-press)

Beim 1:2 der dezimierten Bayern gegen Gladbach debütiert unter anderem der 16-jährige Paul Wanner. Die Nachwuchskräfte könnten noch eine Weile gefragt bleiben - Oliver Kahn hat eine Anregung für die DFL.

Von Sebastian Fischer

Es hat gar nicht mal so viel gefehlt, dann wäre aus dem Spiel des FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach statt einer Niederlage unter widrigen Bedingungen vielleicht eine schöne Familiengeschichte geworden. In der Schlussphase lief der eingewechselte Münchner Stürmer Lucas Copado in den gegnerischen Strafraum. Sein Onkel, der Sportvorstand Hasan Salihamidzic, sprang von der Auswechselbank auf.

Copado, 17, ist eigentlich Stürmer der Regionalliga-Mannschaft des FC Bayern, die noch bis Februar Winterpause hat. Aber am Freitag war er Teil eines wohl einmaligen Kaders des Rekordmeisters, dem wegen positiver Corona-Tests neun Spieler fehlten. Auf der Bank saß kein einziger Profi. Und so wurde eben Copado eingewechselt, um das 1:2 gegen Gladbach noch abzuwenden. Mit ihm kam Paul Wanner, 16 Jahre und 15 Tage alt und damit nun der jüngste Bundesligafußballer in der Klub-Geschichte.

"Die zwei Jungen haben beide einen guten Eindruck hinterlassen", sagte Julian Nagelsmann. Wanner lobte Nagelsmann gar als "unfassbares Talent" und "herausragenden Spieler", der nur im Kopf klar bleiben müsse, "dann stehen ihm Tür und Tor offen". Er war kurzfristig mit dem ebenfalls 16-Jährigen Arijon Ibrahimovic von einem Lehrgang der deutschen U17-Nationalmannschaft in Spanien abgereist, um am Donnerstag noch beim Abschlusstraining dabei zu sein.

Wanner spielte ein paar ansprechende Pässe, seine Ballbehandlung ist auffällig gut. Copado lief im richtigen Moment in die richtige Position. Doch im Strafraum wurde er humorlos abgegrätscht. Der Ball gelangte noch mal zu Robert Lewandowski, der in der 18. Minute schon das Führungstor geschossen, einmal den Pfosten und einmal die Latte getroffen hatte. Aber Lewandowski platzierte seinen Schuss nicht richtig. Und so blieb es bei der dritten Niederlage des immer noch deutlichen Tabellenführers in dieser Saison. Natürlich musste man sie etwas anders bewerten als die vorangegangenen zwei.

"Wir hatten trotzdem noch eine gute Mannschaft", sagte Nagelsmann zwar, und damit hatte er aus Sicht jedes Bundesliga-Konkurrenten natürlich Recht. Der einzige Debütant in der Startelf war der U21-Nationalspieler Malik Tillman. Doch mehrere auf ungewohnten Positionen spielende Profis erwähnte der Trainer trotzdem. Joshua Kimmich musste in seinem ersten Spiel nach zwei Corona-Quarantänen und einer Corona-Infektion als Rechtsverteidiger aushelfen. Und, weitaus auffälliger: Marcel Sabitzer, der Sommerzugang aus Leipzig fürs Mittelfeld, spielte nach längerer Verletzungspause als Linksverteidiger. Dem Österreicher gelang wenig, er spielte Fehlpässe, rutschte aus.

Nagelsmann erwähnte in seiner Analyse auch "Gedanken an den Pokal". Es war das erste Aufeinandertreffen mit den Gladbachern seit dem historischen 0:5 im DFB-Pokal im Oktober. Und es sah wieder recht einfach aus, wie die Gäste ihre Tore erzielten. Der Ausgleich von Florian Neuhaus in der 27. Minute: schwach verteidigt. Das Siegtor von Stefan Lainer vier Minuten später: per Kopf nach einer Ecke. Zweimal sah die ungewohnte Innenverteidigung aus Niklas Süle und Benjamin Pavard nicht glücklich aus. Vor der Halbzeit verhinderte Torwart Sven Ulreich, Vertreter des coronapositiven Manuel Neuer, einen höheren Rückstand.

Oliver Kahn kritisiert die DFL-Spielordnung

Die Bayern hätten die Partie gerne verschoben, das war das Thema unter der Woche gewesen, doch die DFL-Spielordnung ließ das nicht zu. Vorstandschef Oliver Kahn sagte im Interview bei Dazn, er könne nur "anregen, wenn sich alles ein bisschen beruhigt hat, sich die Regularien noch einmal anzuschauen und zu überarbeiten". Für ihn sei es "nicht so richtig verständlich", dass Spieler, "die teilweise auch langfristig verletzt sind, dass die als einsatzfähig gelten".

Stehen einem Klub mehr als 15 Spieler zur Verfügung, ist einem Antrag auf Spielverlegung laut DFL nicht stattzugeben. Wohl damit ein Klub eine Verlegung nicht forcieren kann, gelten verletzte und gesperrte Spieler dabei als "zur Verfügung stehend". Im Fall der Bayern und zu ihrem Ärger gehört in diese Auflistung auch Nationalspieler Leon Goretzka, der seit Wochen wegen hartnäckiger Knieprobleme fehlt und weiter ausfällt.

Vor dem nächsten Spiel in Köln sollen nun immerhin die ersten der positiv getesteten Spieler wieder zurückkommen. Nagelsmann sagte, Kingsley Coman, Corentin Tolisso und Omar Richards würden wieder trainieren können. Manuel Neuer wird von den Malediven nach München zurückreisen, er hatte sich wie viele seiner Kollegen im Urlaub infiziert. Doch er rechne noch nicht "mit vielen Rückkehrern, die für die erste Elf in Frage kommen", sagte der Trainer.

Und ob es nicht wieder neue Corona-Fälle geben wird, ist ja auch nicht klar. Nagelsmann berichtete, dass auch mehrere Reservespieler, die für einen Kaderplatz in Frage gekommen wären, unter der Woche positiv getestet wurden. Die Nachwuchsspieler braucht er also wohl noch eine Weile. Kurz vor dem Abpfiff hatte er allen auf der Bank verbliebenen gesagt, für eine Einwechslung bereit zu sein. "Damit sie wissen wie es ist, im Stadion das Trikot zu tragen", sagte er lächelnd.

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