Bayern-Gegner Olympique Marseille:Gefährliches Mittelmaß

In der französischen Liga verliert Olympique Marseille in Serie und liegt mittlerweile 20 Punkte hinter Paris St. Germain. Der Titelkampf ist für OM längst kein Thema mehr - doch genau das könnte für den FC Bayern im Champions-League-Viertelfinale zum Problem werden.

Peter Hacker, Marseille

Nur vier Tage lagen für Olympique Marseille zwischen Traum und traurigem Alltag, zwischen dem Einzug ins Viertelfinale der Champions League im Mailänder Fußballtempel San Siro - und dem nächsten Dämpfer in der französischen Liga. Gegen das abstiegsbedrohte Team des FCO Dijon verlor Marseille, der Bezwinger von Inter Mailand und der kommende Gegner des FC Bayern, 1:2. Damit steckt die Mannschaft von Trainer Didier Dechamps in der heimischen Meisterschaft weiter im grauen Mittelmaß fest. Doch genau das könnte sie für die Bayern gefährlich machen.

Olympique Marseille's Remy challenges Dijon's  Kakuta during their French Ligue 1 soccer match at the Velodrome stadium in Marseille

Auf diesen Mann sollten die Bayern aufpassen: Loïc Rémy (r.) ist Marseilles bester Schütze. Gegen Dijon reichte es aber nur zu einem Elfmeter-Tor.

(Foto: Reuters)

Als gegen Dijon der Schlusspfiff ertönte, zog Mathieu Valbuena sein Trikot nach oben, dann hielt der 27-Jährige inne, blickte unschlüssig um sich - und stapfte mit gesenktem Kopf in die Kabine. Nein, dies war kein begeisternder Champions-League-Abend wie noch unter der Woche beim Achtelfinal-Duell gegen Inter, das Olympique dank eines späten Auswärtstreffers für sich entschied.

Dies war wieder die Tristesse in der Ligue 1, im Stade Vélodrom, in dem die Gäste aus Dijon lieber ihren unerwarteten Sieg feierten, als mit den Spielern von Marseille die Trikots zu tauschen.

Valbuenas verhinderter Textilhandel war am Samstagabend aber längst nicht die einzige Aktion der Gastgeber, die zu keinem guten Ende fand. Die Partie offenbarte alle Schwächen, die "OM" schon durch die ganze Saison begleiten. Zunächst zeigten die Gastgeber allerdings auch, warum sie in diesem Frühjahr zu den acht stärksten Mannschaften in Europas Meisterliga gehören: Sie übernahmen die Initiative und zeigten immer wieder gefährliche Angriffe über ihre gefürchtete rechte Seite, mit den französischen Nationalspielern Alou Diarra und Morgan Amalfitano.

Das 1:0 (11.) entsprang einem klassischen Olympique-Angriff: Der nur 1,67 Meter große Valbuena - eine Art französischer Mario Götze - schickte Rechtsverteidiger César Azpilicueta steil. Der flankte von rechts in den Strafraum, wo Stürmer Loïc Rémy den Ball einem Dijon-Verteidiger an die Hand köpfte. Den fälligen Strafstoß verwandelte Remy, mit zehn Treffern erfolgreichste Marseiller Schütze, ohne Probleme.

Anschließend bot Marseille seinen Fans jedoch eine Vorstellung, die inzwischen zum Standard-Repertoire des neunmaligen französischen Meisters zu gehören scheint: Die Abwehr, eigentlich ebenso physisch stark wie technisch versiert, leistete sich ein paar amateurhafte Aussetzer. Das Mittelfeld blieb abhängig von den Geistesblitzen Valbuenas - und die Stürmer Rémy und Brandao hatten Probleme, ihre spielerische Überlegenheit in Toren auszudrücken.

Effizienter, zäher Gegner

So kam Dijon nach zwei Unaufmerksamkeiten in Marseilles Hintermannschaft durch die Treffer von Younousse Sankharé (24.) und Gaël Kakuta (79./Foulelfmeter) zu einem glücklichen Sieg.

Didier Deschamps nahm seine Mannschaft nach der Niederlage in Schutz. "Das Ergebnis ist ungerecht", klagte der frühere Welt- und Europameister, den sie in Marseille liebevoll "DD" nennen. Auch die kräftezehrende Partie gegen Inter Mailand wollte der Coach nicht als Argument gelten lassen: "Ich habe kein demotiviertes oder stumpfes Team gesehen." Dennoch war seinen Spielern deutlich eine gewisse körperliche und geistige Müdigkeit anzumerken, die sich vor allem in zahlreichen Fehlpässen und verlorenen Zweikämpfen äußerte.

"OM" hat sich schon längst aus dem Titelrennen verabschiedet, beklagt als Neunter mittlerweile 20 Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Paris St. Germain. Und nach der fünften Niederlage in Serie hat das Team nun wahrscheinlich auch seine Chancen auf einen Champions-League-Qualifikationsplatz verspielt.

Obwohl Spieler und Trainer das Gegenteil beteuern, wird sich das Team nun wohl ganz auf das Finale des Ligapokals und die aktuelle Champions-League-Runde konzentrieren. Wenn die Bayern am 28. März in Marseille zu Gast sind, werden sie sehr wahrscheinlich ein ganz anderes Olympique erleben als die Späher gegen Dijon zu sehen bekamen.

Ein ganz anderes Olympique hatte vor Inter Mailand in der Gruppenphase ja schon Borussia Dortmund besiegt - zweimal. Dabei erwies sich Marseille als effizienter, zäher Gegner. An guten Tagen sind die Franzosen durchaus in der Lage, die Dinge zu einem guten Ende zu bringen - ob vor dem gegnerischen Tor oder beim Trikottausch.

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