Wie ein Mahnmal steht die Betonschüssel am Rand des Stadtzentrums von Valencia. Grau, mächtig, in seiner jetzigen Form dem Kolosseum nicht unähnlich, aber nur halb fertig. Seit einigen Jahren schon ruhen die Bauarbeiten am Nuevo Mestalla. So heißt das hoffnungsfroh geplante, mit Trommelwirbel beworbene neue Zuhause des Valencia C.F., Club de Fútbol, gegründet 1919, ein Verein mit stattlichem Stolz und durchzogener Glorie, der zum Champions-League-Start beim FC Bayern gastiert. Es ist ein provisorischer Name. Wie so vieles an diesem Klub provisorisch ist, auch das wirtschaftliche Überleben. Vor jeder Saison bedarf es dafür eines kleinen Wunders.
Roberto Soldado vom FC Valencia jubelt. Er ist die Identifikationsfigur und der Torjäger der Spanier. Noch kann der Verein den Stürmer halten.
(Foto: dapd)Die Arena sollte mal die Ambitionen der Valencianos spiegeln: mit 75 000 Sitzplätzen, von einer gigantischen Stahlkonstruktion umfasst. In der drittgrößten, drittwichtigsten, drittstärksten Stadt Spaniens träumte man immer schon davon, sich mit Madrid und Barcelona messen zu können. Nicht mehr nur Nummer drei zu sein. Auch fußballerisch. Das alte Mestalla war auf dem Papier bereits verkauft. Und da die zentraler gelegene Parzelle vor fünf Jahren hoch gehandelt wurde, zeichnete sich ein schönes Geschäft ab.
Dann platzte in Spanien die Immobilienblase. Eine Reihe von Bauunternehmern aus Valencia ging unter, und mit ihnen die Ambition, die man mit diesem Stadion verband. 150 Millionen Euro sind schon verbaut, noch einmal 150 Millionen wären nötig, um es fertigzustellen. Als Hausbank hat man jedoch Bankia, jenes arg lädierte Geldinstitut, das kürzlich vom Staat gerettet werden musste. Und so ist die Betonschüssel nicht nur ein Symbol für den Größenwahn Valencias, sondern auch eines für Spaniens Krise.
Sportlich dagegen läuft es recht gut, trotz aller Widrigkeiten. Diesmal kam auch noch ein komplizierter Kalender hinzu. Nach vier Meisterschaftsspielen weist Valencia einen Sieg, zwei Unentschieden und eine Niederlage aus. Fünf Punkte also, Platz zehn. Das hört sich bescheiden an. Doch immerhin spielte man schon auswärts gegen Barça und gegen Real und machte dabei einen fähigen Eindruck. In den vergangenen drei Saisons musste sich der FC Valencia jeweils nur diesen beiden Übergegnern beugen. Das Verdienst wurde einem Mann zugeschrieben, dem baskischen Trainer Unai Emery, der sein Team nach jedem Aderlass neu motivieren und etwas revolutionieren konnte.
Das war auch nötig. Um nicht pleite zu gehen, mussten "Los Ches", wie man den Klub nennt, jedes Jahr ihre besten spanischen Profis verkaufen und investierten jeweils einen Teil des Erlöses in billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland: David Villa, Raúl Albiol, David Silva, Juan Mata, Jordi Alba - alles Nationalspieler, alles Stars, alle weg.