Bayern gegen Dortmund:Wer hat die größeren Baustellen?

Bayern München - Borussia Dortmund

Bleibt Franck Ribéry beim FC Bayern? Auch diese Fragen müssen die Münchner bald beantworten.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern und der BVB haben sich sportlich weit voneinander entfernt - doch zur Zeit treiben beide Klubs ähnliche Probleme um. Ein Vergleich.

Von Christopher Gerards und Benedikt Warmbrunn

Wenn der FC Bayern an diesem Samstagabend (18.30 Uhr) auf den BVB trifft, dann wird dieses Spiel schon noch als sogenanntes Spitzenspiel durchgehen. Bayern gegen Dortmund - das ist noch immer das Duell des Ersten der Bundesliga gegen den Dritten, wenngleich 18 Punkte zwischen beiden Klubs liegen. Die Vereine haben eine ziemlich unterschiedliche Entwicklung genommen in den vergangenen Jahren, der FC Bayern ist noch dominanter geworden als zuvor ohnehin, die Dortmunder müssen inzwischen hoffen, endlich mal Eintracht Frankfurt abzuschütteln. Aber erstaunlich parallel treiben gerade mehrere Probleme und Problemchen die Klubs um, und bis zum Sommer könnten diese Probleme und Problemchen noch ein bisschen größer werden - und sich sogar gegenseitig beeinflussen. Ein Vergleich der Baustellen in München und Dortmund.

Die Trainer

Favre und Hasenhüttl als Kandidaten: Der BVB hat mit Peter Stöger einen Trainer, der einen Vertrag bis zum Sommer hat. Er kann von sich behaupten, in der Bundesliga 2018 noch kein Spiel verloren zu haben (anders als im Jahr 2017 mit dem 1. FC Köln). Allerdings kann er nicht von sich behaupten, weiterhin um einen Titel zu spielen. Unter Stöger ist der BVB Dritter in der Bundesliga. Gleichzeitig ist der BVB unter Stöger aber sowohl im Pokal (gegen den FC Bayern), als auch in der Europa League (nicht gegen den FC Bayern) ausgeschieden; zudem spielt die Mannschaft nicht so, dass Europas Klubs ehrfürchtig nach Dortmund schauen. Weshalb der Favorit auf die Nachfolge von Peter Stöger nicht Peter Stöger heißt.

Es kursieren viele Namen: der von Lucien Favre, den sie schon im Sommer hatten holen wollen und der in Nizza eine Ausstiegsklausel besitzen soll; der von Julian Nagelsmann, der aber wohl im Hoffenheim bleibt; und der von Ralph Hasenhüttl, der aber noch eine Saison in Leipzig bleiben dürfte. Und so steht der BVB vor einer komplizierten Aufgabe, die noch ein bisschen komplizierter dadurch wird, dass gerade zufällig auch ein weiterer größerer deutscher Klub einen Coach sucht.

Favre und Hasenhüttl als Kandidaten: Der FC Bayern hat einen Trainer, den Uli Hoeneß so toll findet, dass er sich vor ihm ausziehen würde, um ihn zum Weitermachen zu überreden. Hat der Präsident selbst so gesagt. Für Hoeneß war der Favorit auf die Nachfolge von Jupp Heynckes immer Jupp Heynckes. Ob es zu einem Striptease kam, ist nicht überliefert, dafür aber, dass Heynckes nicht sein eigener Nachfolger wird. Auch Klubboss Karl-Heinz Rummenigge hatte einen Trainer, den er toll findet, Thomas Tuchel, der aber wollte nicht warten, bis Hoeneß endlich akzeptiert, dass Heynckes nicht bleibt. Und so hat der FC Bayern auf einmal keinen Trainer für die nächste Saison. Es gibt zwar einige Kandidaten, aber keinen Favoriten.

Frankfurts Niko Kovac kennt aus seiner Zeit als Spieler zwar den FCB, hat aber keine internationale Erfahrung als Vereinstrainer. Rummenigges Freund Favre hat diese Erfahrung, gilt jedoch als sensibel; in Mönchengladbach trat er einst überhastet zurück. Hasenhüttl steht auch auf der Liste, aber: siehe Dortmunds Trainersuche. Wer auch immer dann neuer Bayern-Trainer wird, für ihn könnte früh kompliziert werden, dass er weder Jupp Heynckes noch Thomas Tuchel ist.

Die Kader

Ein Ersatz für den Ersatz: Der BVB ist in diesem Frühjahr in einer relativ angenehmen Situation. Nachdem Ousmane Dembélé und Pierre-Emerick Aubameyang den Klub im Sommer und Winter verlassen haben, arbeiten sie in Dortmund in der Gewissheit, dass im kommenden Sommer und Winter weder Ousmane Dembélé noch Pierre-Emerick Aubameyang den Klub verlassen werden. Und, auch das: Marco Reus hat jüngst seinen Vertrag verlängert, weshalb der Sommer 2018 der erste Sommer seit langem werden könnte, in dem der BVB nicht einen seiner wichtigsten Spieler verliert.

Was nicht ganz so angenehm ist für den BVB: dass sie trotzdem sehr viel zu tun haben werden. Im Sturm brauchen sie womöglich einen Ersatz für den vom FC Chelsea ausgeliehenen Aubameyang-Ersatz Michy Batshuayi. Im Mittelfeld hat der BVB viele feine Füße, aber etwas zu wenig Wucht. Und in der Abwehr müssen sie hoffen, dass Winter-Zugang Manuel Akanji die Mannschaft im Spielaufbau verbessert. Einer, der im Sommer kommen könnte, soll laut Kicker Kölns Jonas Hector sein. Er kann links hinten spielen (die Position von Kapitän Marcel Schmelzer), wo er auch in der Nationalelf spielt (anders als Schmelzer) - oder im defensiven Mittelfeld. Allerdings soll auch ein anderer Klub Interesse an Hector haben: der Klub, der gerade zufällig auch einen Trainer sucht.

Fragezeichen hinter Konstanten: Der Kader des FC Bayern hat seit Jahren ein paar zuverlässige Konstanten. Hinten hält Manuel Neuer alle Bälle, vorne schießt Lewandowski zur Not fünf Tore in neun Minuten, und wenn gar nichts mehr läuft, dann dribbelt auf dem linken Flügel Franck Ribéry los oder auf dem rechten Flügel Arjen Robben oder vielleicht auch beide gleichzeitig. In diesem Frühjahr stehen jedoch ausgerechnet hinten diesen Konstanten die dicksten Fragezeichen. Neuer war die vergangenen zwölf Monate fast durchgehend verletzt; seine Rückkehr verzögert und verzögert sich, weil alle fürchten, es zu schnell anzugehen - sollte Neuer sich erneut den Mittelfuß brechen, droht sogar das Karriereende.

Lewandowski schießt zwar weiterhin viele Tore, entkommt aber nicht den Gerüchten um einen Wechsel zu Real Madrid (oder nach England oder nach Paris). Ribéry und Robben haben beide auslaufende Verträge, sie haben beide Lust zu bleiben, sie haben aber auch beide keine Lust, auf der Bank zu sitzen - um den nötigen Umbruch voranzutreiben, ist das eine Mischung mit Konfliktpotenzial. Im April soll entschieden werden, ob ihre Verträge verlängert werden; die Gespräche wären wohl etwas weniger kompliziert, wenn feststehen würde, wer der Nachfolger von Jupp Heynckes wird. (Jupp Heynckes wird es weiterhin nicht.)

Die Baustellen Klub-Führung und Saison-Verlauf

Die Klub-Bosse

Der BVB holt sich einen externen Berater: Ein Problem der jüngeren Vergangenheit zeigte sich am Beispiel Thomas Tuchel. Der hat mit dem BVB den DFB-Pokal gewonnen, er hat attraktiven Fußball spielen lassen, er hat Spieler entwickelt. Aber Tuchel war niemand, der sich herausragend gut mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (und wohl dem ein oder anderen Führungsspieler) verstanden hätte, im Gegenteil. Zwischen den beiden entstand ein Konflikt, der zunehmend in die Öffentlichkeit geriet. Irgendwann kursierte das von Watzke ausgesprochene Wort "Dissens". So kam es am Ende dazu, dass der BVB und Tuchel im späten Mai zwar den DFB-Pokal gewannen; noch ein bisschen später im Mai trennten sich der BVB und Tuchel dann jedoch (was nicht daran lag, dass Tuchel Ende Mai mit dem BVB den DFB-Pokal gewann).

Zuletzt glänzte der BVB zudem nicht gerade bei der Kaderplanung. Den gewechselten Dembélé etwa konnten weder Christian Pulisic noch der derzeit verletzte Sommer-Zugang Andrej Jarmolenko ersetzen, und das ist nur ein Beispiel von mehreren (siehe Kader). Allerdings tut sich etwas auf der Baustelle: Der BVB hat den früheren Spieler, Trainer und Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer als externen Berater verpflichtet.

Der FC Bayern sucht Einigkeit: Als der Trainer, den Hoeneß so toll findet, im Herbst in München vorgestellt wurde, da sprach der Präsident auch über sein Verhältnis zu Klubboss Rummenigge. Ja, gestand er damals, es habe zwischen den beiden zuletzt "Unebenheiten" gegeben, doch durch Heynckes' Rückkehr beginne in der Zusammenarbeit der beiden Alphatiere "ein neues Kapitel". Dann gab Hoeneß gleich noch ein Versprechen ab, und zwar dass das, "was dem FC Bayern in den nächsten Wochen und Monaten passieren wird, dem FC Bayern gut zu Gesicht stehen" werde. Der Klubboss und der Präsident widersprechen sich nun tatsächlich öffentlich nicht mehr andauernd; Rummenigge stimmte irgendwann sogar ein in diese uneinsichtige Charme-Offensive, die Heynckes umstimmen sollte.

Doch das, was in den vergangenen Monaten passiert ist, steht dem FC Bayern folgendermaßen zu Gesicht: Der Verein hat ein halbes Jahr vergeudet, ohne einen neuen Trainer zu finden, und damit auch ein halbes Jahr, um den Kader zu planen. Und zumindest Rummenigge fand ja auch noch einen anderen Trainer toll, Thomas Tuchel, der aber dennoch nicht kommen wird. Der Vorstand agiert also weiterhin so, wie er schon seit Jahren agiert (mit der kurzen Unterbrechung, als Hoeneß eine Haftstrafe absaß): Beide Alphatiere habe viele und gute Ideen. Doch umgesetzt werden sie nur, wenn auch Hoeneß von den Ideen überzeugt ist. Mal sehen also, wie lange das aktuelle Kapitel noch dauert.

Der Saison-Verlauf

Frankfurt als Konkurrent: Es ist nicht so, dass der BVB in die Champions League muss. Es ist aber so, dass der BVB in die Champions sollte. Die Saison bislang verlief ja eher semi-erfolgreich, Pokalaus, Champions-League-Aus, Europa-League-Aus. In der Bundesliga beträgt der Vorsprung auf den Fünften Leverkusen - also auf einen Nicht-Champions-League-Platz - vier Punkte. Wobei Leverkusen an diesem Samstag nicht gegen den FC Bayern spielt, sondern gegen den FC Augsburg, was nach allgemeiner Experteneinschätzung die etwas leichtere Aufgabe sein dürfte. Würde der BVB sich für die Champions League qualifizieren, hätte das Auswirkungen auf mehrere andere Baustellen: auf die Verhandlungen mit einem Trainer wie auf die Verhandlungen mit Spielern.

Niemand als Konkurrent: Der FC Bayern könnte am Samstag deutscher Meister werden. Der FC Bayern steht im Viertelfinale der Champions League. Der FC Bayern steht im Halbfinale des DFB-Pokals. Sportlich hat der FC Bayern derzeit keine Baustellen.

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