Überhebliche Löwen, erhabener Jancker
Der 4. Mai 1997 war der Tag, an dem sich der glatzköpfige Stürmer Carsten Jancker, mittlerweile beim SV Mattersburg in Österreich tätig, in die Münchner Derbygeschichte eintrug. Das, was man rückblickend ein Wunder nannte, ereignete sich in der 88. Minute. Jörg Böhme hatte zuvor für 1860 von links mit dem linken Außenrist ins Tor getroffen, "sowas habe ich überhaupt noch nie gesehen", sagte Bayern-Torwart Oliver Kahn, "das geht normal gar nicht." Elf Löwen führten also 3:2 gegen neun Bayern, Lothar Matthäus und Christian Ziege hatten gelb-rote Karten erhalten. Dann kam Jancker. Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni hatte ihn eingewechselt und Jürgen Klinsmann zum Duschen geschickt, ohne Rücksicht darauf, dass der sich wieder einmal gedemütigt fühlte. Jancker kam, setzte sich gegen drei Sechziger durch und traf. 3:3. Nach dem Schlusspfiff baute er sich am Mittelkreis auf und ging in Pose für einen Fan, der diesen Moment für die Fotosammlung bewahren wollte: die Hände in die Seite gepresst, Kinn gen Himmel, Blick erhaben ins Irgendwo. "Ich glaube nicht, dass das nur Dummheit war, dass wir nicht gewonnen haben", zeterte währenddessen Sechzig-Präsident Karl-Heinz Wildmoser mit rotem Kopf, "da war Überheblichkeit dabei." Überheblichkeit - bei 1860 gegen Bayern? Lang ist's her.
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