Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Der FC Bayern versandet gegen Freiburg

Von Tim Brack

Der Bayern-Spieler Thiago ist nur zwei Zentimeter kleiner als sein Mannschaftskamerad Joshua Kimmich. Auch in ihrer Statur ähneln sich die beiden sehr. Beim 1:1 (0:0) gegen den SC Freiburg musste Kimmich aber erfahren, dass seine Schultern nicht ganz so breit sind wie die des Spaniers. Thiago hatte bis zu seiner Verletzung im DFB-Pokal die offensiven und defensiven Arbeiten der spielkriselnden Münchner mit großer Souveränität geschultert.

Als Thiagos Ersatz ließ Bayern-Trainer Niko Kovac also Kimmich, der seit dem Abschied von Philipp Lahm auf der rechten Abwehrseite beheimatet ist, an diesem Samstag in der bayerischen Schaltzentrale walten. Und seine Einsätze dort sind fast so selten wie Punktgewinne der Freiburger in München. Der SC fuhr fast immer vergebens in die bayerische Landeshauptstadt, zwei Zähler gab es zuvor in den vergangenen 25 Jahren.

Aber gerade ist beim FC Bayern ja wenig wie immer.

Lucas Höler glich jedenfalls in der 89. Minute die Führung durch Serge Gnabry aus (80.). Bayern schafft es derzeit nicht, eine Führung gegen den SC Freiburg über die Zeit zu bringen und weil Dortmund in Wolfsburg gewann, beträgt der Abstand zur Tabellenspitze nun wieder vier Punkte.

Zwar begann die Mannschaft von Kovac mit viel Dominanz, die Freiburger kamen in ihrer 4-4-2-Formation eher selten an den Ball. Es ließ sich in den ersten zehn Minuten sogar eine Art Esprit im Angriffsspiel der Münchner erkennen. Meist liefen die Versuche über die rechte Seite von Arjen Robben. Das lag weniger daran, dass der Routinier seine Spritzigkeit wiederentdeckt hätte, sondern am mobilen Serge Gnabry. Der Flügelspieler blieb nicht auf der linken Seit kleben, sondern suchte immer wieder den Weg zu Robben. So entstanden ein paar ansehnliche Doppelpässe bei den Bayern, die in diesen Zonen in letzter Zeit selten geworden waren.

Bayern wie auf Treibsand

Doch die Bayern spielten gegen Freiburg wie auf Treibsand, am Anfang strampelten sie viel, dann wurden die Bewegungen immer verhaltener. Trotzdem kam Robert Lewandowski zu einer großen Chance. Nach einem Umschaltmoment lief der Stürmer alleine auf Freiburgs Torhüter Alexander Schwolow zu. Lewandowski trieb aber etwas zu weit nach außen, zögerte mit seinem Schuss ins kurze Eck zu lang und ermöglichte dem Schlussmann eine gute Parade.

Arjen Robben zwang Schwolow dann sieben Minuten später mit einem Seitfallzieher zu einer Parade. Die Aktion des Niederländers war zwar ansehnlich, aber ohne die nötige Durchschlagskraft, ganz wie das Bayern-Spiel gegen Ende der ersten Halbzeit. Bevor Schiedsrichter Felix Zwayer zur Pause Pfiff waren die Münchner wieder in ihre alten Muster verfallen. Und das sah so aus: David Alaba bekam auf links den Ball, deutete seinen Mitspielern an, in den Strafraum zu strömen und schlug dann eine Flanke die ins Aus trudelte.

Für die ersten Auffälligkeiten im zweiten Durchgang sorgte James Rodriguez. Der Kolumbianer, der sich stets um einen Funken Inspiration bemühte, traf den Ball aber nicht richtig. Die ersatzgeschwächten Freiburger zeigten sich davon unbeeindruckt. Ihr Trainer Christian Streich hatte ihnen in der Pause offenbar mitgegeben, ruhig etwas mutiger nach vorne zu spielen. Vor dem Spiel hatte er sich ja noch gewünscht "in München nicht zu verlieren oder sogar zu gewinnen, solange ich noch lebe." In der 54. Minute schien es kurz so, als würde seine Mannschaft sogar in Führung gehen. Doch Tim Kleindienst stand bei seinem Kopfballtor im Abseits.

Die Bayern atmeten einmal durch und kamen nach einem Pass von Alaba und einer misslungene Ballannahme von Lewandowski zu ihrer größten Chance. Der Ball landete bei James, der traf aber nur das Außennetz (57.). Schiedsrichter Zwayer schaute sich die Szene noch einmal auf dem Bildschirm an, weil der Freiburger Manuel Gulde mit der Hand den Ball berührte. Er entschied richtigerweise, dass die Szene nicht elfmeterwürdig ist.

Danach mühte sich die Mannschaft von Kovac weiter, ohne vor Ideen zu strotzen. Es war eine Einzelaktion, die dem Spiel eine Wendung gab. Serge Gnabry schnappte sich in der 81. Minute den Ball und dribbelte los. Die Freiburger Abwehr öffnete sich vor ihm, als hätte er magische Worte gesprochen. Er lief einfach durch. Sein flacher Schuss schlug aus kurzer Distanz im rechten Eck ein. Es war in der Bundesliga sein erstes Tor im Bayern-Trikot.

Doch Freiburg konterte acht Minuten später. Lucas Höler schob eine Flanke von Christian Günter aus sechs Metern über die Linie. Für die Münchner bleibt nach dem enttäuschenden Unentschieden Ernüchterung und die Erkenntnis, dass eine Woche vor dem Treffen mit Tabellenführer Borussia Dortmund viel zur Bestform fehlt.

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SZ.de/schm
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